Rosengarten. Die Kartoffel des Jahres muss mindestens 30 Jahre alt sein und damit lizenzfrei angebaut werden dürfen. Für 2023 ist der „Angeliter Tannenzapfen“ ausgewählt worden. Die Raritäten sollen auf die Vielfalt der Sorten aufmerksam machen.
Hörnchenartige Form, festkochend und mit hellem Fruchtfleisch - die Kartoffel des Jahres ist der „Angeliter Tannenzapfen“. Dies gab der Arbeitskreis Kartoffel des Jahres am Dienstag bei der Pflanzung im Freilichtmuseum am Kiekeberg bekannt. Die Sorte ist eine alte regionale Spezialität aus Schleswig-Holstein. Die ehemalige niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn lüftete das Geheimnis.
„„Angeliter Tannenzapfen“ sind eine Kartoffelrarität. Sie haben einen Ehrenplatz bei Kartoffel-Liebhabern“, sagte Wilfried Stegmann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. Die Sorte ist festkochend, hat längliche, fingerförmige Knollen und helles Fruchtfleisch. Der Name leitet sich ab aus ihrer Herkunftsregion Angeln in Schleswig-Holstein und ihrer hörnchenartigen Form mit Kerben. Die Rarität zählt zu den gefährdeten Kulturpflanzen, die im Handel nur noch selten angeboten werden.
„Die Kartoffel ist grundsätzlich tendenziell leicht rückläufig, das ist mit ein Grund, warum wir auf die Vielfalt aufmerksam machen wollen“, sagte Stegmann. 45 Prozent aller Kartoffelflächen in Deutschland befinden sich in Niedersachsen.
Der Verein SlowFood fand heraus, dass diese Kartoffel in der Region zwischen Schlei und Flensburger Bucht schon Anfang des 19. Jahrhunderts als „Tannenzapfel-Kartoffel“ erwähnt wurde und später auch „weiße Spargelkartoffel“ genannt worden ist. Obwohl ihr Anbau zu Beginn des Zweiten Weltkrieges untersagt wurde, hätten sie Bauern für den eigenen Genuss im Geheimen weiter angebaut.
„Wir suchen Sorten aus, die mindestens 30 Jahre alt sind und damit lizenzfrei angebaut werden dürfen“, sagte Stegmann vom Arbeitskreis Kartoffel des Jahres. Dem Arbeitskreis gehören zwölf Organisationen, Vereine und Unternehmen an, die sich für den Erhalt der Sortenvielfalt engagieren. Verbraucher kennen aus dem Handel oft nur ein schmales Sortiment von höchstens zehn Sorten, dabei gibt es rund 150 in Deutschland zugelassene Speisekartoffelsorten und etwa 150 Sorten, die in einem anderen EU-Land eingetragen sind und auch in Deutschland angebaut werden. Weltweit gibt es über 2000 zugelassene Kartoffelsorten, hieß es beim Arbeitskreis.
Saison haben Frühkartoffeln von Juni bis August, Speisekartoffeln kommen bis Oktober vom Feld. Sie bevorzugen einen lockeren Boden. Im 16. Jahrhundert kam die Knolle mit spanischen Kolonialherren nach Europa. Zunächst pflanzten königliche Gärtner sie wegen ihrer hübschen Blüten als Zierde. Bereits 1720 begannen Winsener Bauern mit dem Anbau von Saatkartoffeln, fand das Kiekeberg-Museum heraus.
Als Nahrungsmittel setzte sich das Gemüse erst unter König Friedrich II. von Preußen (regierte 1740 bis 1786) durch. „Die Menschen waren skeptisch, aber er ließ die Anbauflächen von Soldaten bewachen und hat so ihr Interesse geweckt“, erzählte Museumsdirektor Stefan Zimmermann in Rosengarten im Landkreis Harburg.