Kiel (dpa/lno). Enttäuschung nach der A20-Entscheidung im Bund: Für Ministerpräsident Günther richtet sich diese gegen norddeutsche Interessen. Verkehrsminister Madsen fürchtet, dass sich der Weiterbau nun verzögern könnte.
Der Kompromiss der Ampel-Koalition zum schnelleren Bau von Verkehrsprojekten hat in Schleswig-Holstein wegen der Nicht-Berücksichtigung der Autobahn 20 Enttäuschung ausgelöst. „Die Entscheidung, dass die A20 nicht wirklich eine herausragende Bedeutung hat, ist für uns überhaupt nicht nachzuvollziehen“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch in Kiel. Offenkundig sei der Blick ausschließlich Richtung Westen und Süden gegangen.
Günther sprach von einem „absoluten Rückschlag“ und einer „katastrophalen Meldung“. Der Weiterbau der seit Jahren östlich von Bad Segeberg endenden Autobahn war von der Ampel-Koalition nicht in die Liste von 144 sehr schnell umzusetzenden Verkehrsprojekte aufgenommen worden.
Die Entscheidung der Koalition decke sich mit keinem Gespräch, das er geführt habe, beispielsweise mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), sagte Günther. „Dass diesen Worten keine Taten folgen, ist wirklich ein ganz, ganz herber Schlag für uns. Damit können wir uns nicht zufriedengeben.“
Günther will die Entscheidung zum Thema unter den norddeutschen Ländern machen. „Dieses wichtige Projekt kann jetzt nicht auf die lange Bank geschoben werden.“ Für die wirtschaftliche Entwicklung an der Westküste und für den Weg zur Klimaneutralität sei eine gut ausgebaute Infrastruktur notwendig. Er sprach von einer „wirklich unsinnigen Entscheidung, die sich klar gegen norddeutsche Interessen richtet“.
Auch Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) kritisierte die Entscheidung. „Abgesehen davon, dass nicht einmal der Nord-Ostsee-Kanal und auch keine andere Wasserstraße auf der Liste beschleunigter Projekte auftaucht, bremst das Ergebnis vor allem den Weiterbau der A20 massiv aus.“
Madsen sprach von einem „Schlag ins Gesicht für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Westküste“ und für Tausende Menschen, die seit zwei Jahrzehnten unter Dauer-Stau in Bad Segeberg litten. Wissing warf er vor, das bittere Ergebnis mit Verweis auf Beschleunigungen im Naturschutzrecht, schnelleren Raumverträglichkeitsprüfungen sowie Vereinfachungen bei Verwaltungsgerichtsverfahren kaschieren zu wollen. „Das könnte im besten Fall nur noch geringe Wirkungen auf den niedersächsischen Teil der A20 haben.“
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) widersprach Madsen. „Wir bedauern sehr, dass Verkehrsminister Madsen offensichtlich keine Ahnung hat, was im Koalitionsausschuss beschlossen wurde.“ Die A20 sei im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans und werde entsprechend gebaut. „Alles andere sind Fake News.“
Nach Angaben des Verkehrsministeriums stehen in eben jenem vordringlichen Bedarf beispielsweise die A23 und A21. Mehr Tempo bedeute das aber nicht. „Leider wirft Herr Kubicki da eine durchschaubare Nebelkerze, um vom Versagen seines Verkehrsministers abzulenken“, sagte Madsen. Der Bund lege dem Weiterbau „Bremsklötze in den Weg“. Madsen fürchtet, dass der Weiterbau der A20 sich durch zu erwartende Klagen weiter verzögert, weil das Bundesverwaltungsgericht die von der Bundesregierung beschleunigten Vorhaben vorrangig behandeln wird.
Kritik an der Berliner Entscheidung kam auch von SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. „Schade, dass die Planungsbeschleunigung für die A20 nun offenbar vom Tisch ist“, sagte Losse-Müller. „Wir hätten alles begrüßt, was hilft, den Gordischen Knoten nach den vielen langen Jahren zu durchschlagen.“ Der Wegfall dieser Abkürzung bedeute aber keine Verlängerung.