Sylt. Gegen den Massentourismus: Gemeinde Sylt erlässt Verbot für neue Ferienwohnungen. Wie es in den anderen Gemeinden der Insel weitergeht.

Fast drei Millionen Übernachtungen verzeichnete Sylt im vergangenen Jahr. Der Tourismus ist für die Nordseeinsel ein beachtlicher wirtschaftlicher Segen. Dennoch hat die Gemeinde Sylt, bestehend aus den Orten Westerland, Rantum, Archsum, Keitum, Morsum, Munkmarsch und Tinnum, nun einstimmig beschlossen, keine neuen Ferienwohnungen mehr zu bauen.

Bürgermeister Nikolas Häckel (parteilos) begründete das Vorhaben gegenüber dem NDR kurz vor der Abstimmung wie folgt: „Wir empfinden ja auf Sylt seit Jahren schon ein Ungleichgewicht zwischen Ferienwohnen und Dauerwohnen. Mit dem heutigen Beschluss soll erreicht werden, dass wir wieder ins Gleichgewicht kommen. Dauerwohnen ist deswegen so wichtig, weil wir Menschen hier vor Ort brauchen – für die Feuerwehr, Pflege, im Schichtdienst.“

Sylt: „Das ist ein tolles Signal an Sylter:innen“, so der Bürgermeister

Das neue Beherbergungskonzept, das den Bau neuer Ferienwohnungen in der Gemeinde Sylt verbietet, sei ein Signal für das ausgewogene Miteinander von Einheimischen und Gästen, heißt es auf der Website der Gemeinde. Nach der Abstimmung postete Bürgermeister Häckel auf Facebook: „Das ist ein tolles Signal an die Sylter:innen, aber auch für einen verträglichen Tourismus.“

Mehr als 120 Bebauungspläne seien infolge des Beschlusses anzupassen, um weitere Ferienwohnungen auszuschließen und Dauerwohnraum zu sichern. Damit einher gehen neue Arbeitsplätze: „Für die Ortsentwicklung wurden drei neue Personalstellen gebilligt, um diese große Aufgabe zu bewältigen“, so der Bürgermeister auf Facebook.

Birte Wieda vom Bürgernetzwerk „Merret reicht’s“ teilte im Anschluss an die Gemeindevertretersitzung mit: „Sylt hat gewonnen! All denen, die es in diesem Leben nicht mehr für möglich gehalten haben, dass sich auf Sylt etwas zum Besseren wendet, sei gesagt: Es geht eben doch! Wenn wir uns gegenseitig vertrauen und zusammentun.“ Das Bürgernetzwerk setzt sich seit seiner Gründung 2020 für die Interessen der vom Massentourismus geplagten Insulaner ein.

Sylt: Ziehen auch List, Kampen oder Hörnum mit?

Wieda vom Bürgernetzwerk sagte, es sei nun sinnvoll und notwendig, dass sich auch die übrigen Sylter Gemeinden dem Beherbergungskonzept anschlössen. Denn neben der Gemeinde Sylt befinden sich auf der Nordseeinsel die Gemeinden List, Kampen, Wenningstedt-Braderup und Hörnum. Für sie gilt der Beschluss zunächst nicht. Wie Kati Syring von der Gemeinde Kampen mitteilt, finde am kommenden Montag, 20. März, eine Besprechungsrunde aller Bürgermeister der Insel statt, auf der eine Ausweitung des Beschlusses thematisiert werden soll.

In einem Gutachten war festgestellt worden, in der Gemeinde Sylt durch Ferienwohnungen und Nebenwohnsitze eine immense Menge an Wohnungen dem Markt entzogen würde. Die Folge seien ein zunehmender Mangel an bezahlbarem Dauerwohnraum sowie Verkehrsbelastungen. In einigen Lagen gefährde dies bereits das Ortsteilleben, da immer weniger dauerhaft auf der Insel Wohnende für Ehrenamt, soziale Einrichtungen oder auch als Arbeitskraft zur Verfügung stehen.

Womöglich ist ein Verbot oder eine Einschränkung von neugebauten Ferienwohnungen auch für Kampen interessant. Schließlich hat die Gemeinde derzeit nur 520 Einwohner, jedoch 1100 Nebenwohnungsbesitzer und rund 1400 Betten für touristische Zwecke, berichtet Syring.