Wilhelmshaven/Helgoland. Kegelrobben vermehren sich an der deutschen Nordseeküste prächtig. Auch wenn die Zahlen wohl nicht ganz an letzte Höchststände reichen, sehen Experten eine gute Geburtensaison. Wegen der wachsenden Population muss die Erhebungsmethodik aber teils angepasst werden.

Rund 1000 Kegelrobben-Babys sind nach vorläufigen Daten in diesem Winter an der deutschen Nordseeküste und auf der Hochseeinsel Helgoland geboren worden. Die Geburtenzahl liegt damit erneut auf hohem Niveau, sie fällt allerdings etwas geringer aus als im Vorjahr - auch, da noch nicht alle Daten ausgewertet wurden, wie die Nationalparkverwaltungen in Wilhelmshaven (Niedersachsen) und Tönning (Schleswig-Holstein) sowie der Verein Jordsand für Helgoland auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilten. Die Jungtiere werden während der Geburtssaison entlang der Küsten bei Zählflügen gezählt. Sie sind wegen ihres zunächst weißen Fells auf Sandbänken gut aus der Luft erkennbar. Auf Helgoland wird der Nachwuchs von den Stränden aus und mit Drohnen gezählt.

Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wurden bei zwei Zählflügen im Dezember insgesamt 1036 Kegelrobben registriert - davon 393 Babys. „Das waren knapp 40 Jungtiere weniger als im Vorjahr, aber es wurden 50 erwachsene Tiere mehr gesichtet“, sagte Thea Hamm von der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven. In der Vorsaison hatte die Behörde noch einen Höchststand bei den Kegelrobben-Babys gemeldet.

Gründe für den leichten Rückgang seien noch nicht auszumachen, sagte die Biologin, die bei der Nationalparkverwaltung für Meeressäuger zuständig ist. Erst solle noch ein Abschlussbericht und eine zweite Zählung nach dem Fellwechsel im April abgewartet werden. „Ich würde das für eine relativ natürliche Schwankung halten“, sagte Hamm. Der grundsätzliche Trend einer steigenden Gesamtpopulation halte an. Dazu trügen auch Kegelrobben bei, die von der britischen Küste aus einwanderten. „Im Endeffekt ist es eine positiv zu bewertende Entwicklung. Denn es bedeutet, dass sich die Kegelrobben im Wattenmeer wohl fühlen“, sagte die Expertin.

In Schleswig-Holstein werden die meisten Kegelrobben auf der Düne vor Helgoland geboren. Die genauen Zahlen liegen noch nicht vor, denn hier wurde erstmals nicht mehr täglich gezählt. „Es wird zu gefährlich an den Stränden aufgrund der hohen Tierzahl“, sagte Rebecca Ballstaedt vom Verein Jordsand. Daher wurden die Strände in dieser Geburtensaison für das Monitoring mehrfach mit Drohnen überflogen. Die Daten seien noch nicht vollständig erfasst. Aber so viel kann Ballstaedt schon sagen: „Wir haben auf jeden Fall ein gutes Jahr.“ Anfang Dezember seien bereits mehr als 600 Jungtiere geboren worden. Zum Vergleich: 2021/2022 wurden insgesamt 679 Kegelrobben-Geburten auf der Helgoländer Düne registriert.

Bereits in den vergangenen zwei Wintern seien die täglichen Zählungen und die potenziellen Gefahren ein Thema gewesen, sagte Ballstaedt. Zu Spitzenzeiten lägen an einigen Tagen mehr als 1300 Tiere an den Stränden. Diese seien teils hochaggressiv. Das Zählen vom Strand aus sei dann wie ein Spießrutenlauf.

Der Nachwuchs der größten Raubtiere Deutschlands kommt von November bis Januar zur Welt. Der Schwerpunkt liegt an der niedersächsischen Küste in der ersten Dezemberhälfte. Die meisten Kegelrobben im niedersächsischen Nationalpark leben an der Kachelotplate, einer Sandbank zwischen den ostfriesischen Inseln Juist und Borkum. „Das wird auch noch lange so bleiben“, sagte Biologin Hamm. Wo sich die Kegelrobben niederlassen, richte sich nach dem Futterangebot und den Möglichkeiten, den Nachwuchs großzuziehen. Zu beobachten sei aber, das einige Orte an ihre natürliche Kapazitätsgrenze kämen.

„Langsam breiten sich die Kegelrobben Richtung Osten aus. Das war in den vergangenen Jahren auch schon zu beobachten“, sagte die Expertin. Neben der Kachelotplate zählten die Experten auch Tiere etwa an den Sandbänken Hoher Knechtsand vor der Wesermündung und Hoher Weg vor Butjadingen. Die Sandbänke ragten teils auch bei Flut aus dem Wasser und böten Lebensraum für die Meeressäuger.

Entlang der Nordseeküste erheben die Nationalparkverwaltungen seit Anfang der 1990er-Jahre regelmäßig die Bestände der Kegelrobben. Dazu heben Flugzeuge zu Zählflügen ab. Die Tiere werden aus der Luft auf den Sandbänken fotografiert. Später wird die Zahl anhand der Aufnahmen am Computer ermittelt.

Im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer wurde bei den Zählflügen im Winter 2022/23 nur eine Kegelrobbengeburt auf einem der Außensände nachgewiesen, wie eine Nationalparksprecherin sagte. Liegeplätze der Kegelrobben im Nationalpark sind insbesondere auf dem Jungnamensand und den Knobsänden zwischen Amrum und Sylt, aber auch auf anderen Außensänden.