33-Jährige zieht von Düsseldorf nach Hamburg – und verliert prompt mehrere Tausend Euro an einen gerissenen Kriminellen.
- 33-Jährige zieht in ihre Lieblingsstadt Hamburg und wird gleich dreifaches Opfer eines Kriminellen
- Zunächst fehlen nur Papiere und Schlüssel – dann plündert der Dieb ihr Konto
- Trotzdem gibt es für sie ein Happy End – sogar im doppelten Sinn
In Hamburg sollte alles besser werden. Venja Lang wollte alten Beziehungsballast über Bord werfen und neu durchstarten. Doch so hatte sich die Düsseldorferin das Ankommen in ihrer „Lieblingsstadt“ nicht vorgestellt.
Sie wurde erst beim Gassigehen an der Alster bestohlen, dann räumte der mutmaßliche Dieb zu Hause in Billstedt ihren Briefkasten leer und plünderte schließlich auch noch ihr Konto. „Viel mehr hätte gar nicht schiefgehen können“, sagt die 33-Jährige dem Abendblatt.
Kriminalität 2.0: Betroffene aus Hamburg will vor Trick warnen
Anderthalb Monate später sitzt Venja Lang im Wohnzimmer ihres schicken Apartments in Billstedt. Auf dem Ledersofa lümmelt ihre zwei Jahre alte Hündin Bailey herum. Venja Lang sagt, dass sie die Geschichte öffentlich machen möchte, um vor dieser Art der Tatbegehung zu warnen. „Für mich ist das Kriminalität 2.0“, sagt sie.
Venja Lang hatte dem Rheinland den Rücken gekehrt und ihren Job in einer Kanzlei aufgegeben, um ihre nach zwölf Jahren endgültig zerbrochene Beziehung hinter sich zu lassen. Hamburg sei für sie die perfekte Stadt, um den Kopf frei zu bekommen. „Wenn ich mich schlecht gefühlt habe, bin ich halt nach Hamburg gefahren, das war schon immer so“, sagt Venja Lang. Die Arbeitsrechtlerin hat Fortune: Sie bekommt einen Job als Personalleiterin bei einer Versicherung. Anfang Dezember zieht sie mit ihrer Hündin in Billstedt ein.
An der Alster werden Geldbörse und Schlüssel geklaut
Am 17. Dezember geht sie mit dem Dingomischling nachmittags an der Alster spazieren, es ist noch hell. Irgendwann in dieser Zeit, im Bereich Fährdamm, sei aus ihrer Handtasche die Geldbörse mitsamt ihren Schlüsseln, allen Karten und allen Papieren gestohlen worden. Den Verlust bemerkt sie erst, als sie zu Hause in ihrer Tasche vergeblich nach den Schlüsseln kramt. Venja Lang erstattet sofort Anzeige auf der Billstedter Polizeiwache. Noch am selben Tag lässt sie sämtliche Geldkarten sperren und das Schloss ihrer Wohnungstür austauschen. Ein neues Schloss für ihren Briefkasten – auch der Schlüssel war geklaut worden – vergisst Venja Lang jedoch. Ein fataler Fehler.
Als die bestellte Ersatz-EC-Karte auch am 27. Dezember nicht zugestellt ist, kontaktiert Venja Lang ihre Bank. Da erfährt sie: Karte und PIN seien längst verschickt. Sie geht von Verzögerungen bei der Post aus – passiert ja schon mal über die Weihnachtstage. Doch als die Karte und die Geheimnummer nach Silvester noch immer nicht eintrudeln, ruft sie erneut bei der Bank an. Die Antwort schockt die 33-Jährige. „Es hieß, dass die neue Karte bereits benutzt wurde, kein Cent mehr auf meinem Konto ist und auch mein Dispo-Kredit voll ausgeschöpft wurde“, sagt die 33-Jährige. Mehr als 3000 Euro lagen auf dem Konto, zusammen mit dem ausgereizten Dispo habe sie rund 4500 Euro verloren.
Vermutung: Neue Karte mit PIN aus dem Briefkasten gestohlen
Wie sich herausstellt, seien an mehreren Tagen an Automaten in Hamburg – vor allem im Bereich Dehnhaide/Hamburger Straße – jeweils rund 1000 Euro abgehoben worden, häufig gegen Mittag und meist bei der Haspa. „Weil ich da nicht Kundin bin, war für jede Abhebung noch eine hohe Extragebühr fällig“, sagt sie.
Die 33-Jährige geht davon aus, dass zeitweise die Geheimnummer und die Karte – die immer separat verschickt werden – über die Weihnachtstage zusammen im Briefkasten lagen. An den Feiertagen sei sie bei ihren Großeltern gewesen. „Es muss also jemand mit meinem Schlüssel meinen Briefkasten geöffnet und die Karte mit der PIN gestohlen haben.“
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Als sie auch diesen zweiten Diebstahl und den Betrug zur Anzeige gebracht habe, hätten die Polizeibeamten das kaum glauben können, sagt sie: dass da ein Dieb quer durch die Stadt fährt, um ihren Briefkasten leer zu räumen. Schließlich sei das Entdeckungsrisiko enorm.
Am Missbrauch ihrer Karte hängt für Venja Lang ein ganzer Rattenschwanz. Weil sie nie Bargeld nutzt, hat sie zu Hause keine Reserven. Dafür aber ein großes Problem: Dadurch, dass der Täter den Dispo-Kredit bis zum Limit ausgeschöpft habe, hätten Lastschriften nicht ausgeführt werden können. Folge: Ihr Schufa-Score – das Maß für die Kreditwürdigkeit – habe sich verschlechtert. Kurioserweise habe sie deshalb trotz der verfahrenen Lage bei ihrer Bank keinen größeren Kredit bekommen, um die finanzielle Schieflage zu überbrücken. „Glücklicherweise hat mir eine Freundin ausgeholfen“, sagt die 33-Jährige.
Bank ersetzt das Geld – und Venja Lang findet eine neue Liebe
Auf Abendblatt-Anfrage teilte die Hamburger Polizei mit, dass sie in der Sache weiter gegen unbekannt ermittelt. Wegen Computerbetrugs – also wegen der Abhebungen mit der gestohlenen EC-Karte – und unter anderem auch wegen des Diebstahls der Karte und der PIN aus dem Briefkasten.
Nach Abendblatt-Informationen wartet die Polizei noch auf einige Nachweise der Geschädigten, um tiefer in die Ermittlungen einsteigen zu können. Mit Kenntnis der Tatorte, so hieß es, ließen sich unter Umständen Aufnahmen von Überwachungskameras sichern, die den oder die Täter bei der Abhebung zeigten.
So oder so: Nach dem holprigen Start in der neuen Stadt gab es ein kleines und ein großes Happy End für Venja Lang. Die 4500 Euro habe ihr die Bank am vergangenen Donnerstag ersetzt, sagt sie. Und nach dem „Motto ,Geld verloren, Glück gefunden‘“ sei sie frisch verliebt, sagt die 33-Jährige freudestrahlend: Erst vor wenigen Wochen sei sie in Hamburg mit der Frau ihres Lebens zusammengekommen.