Hamburg (dpa/lno). Immer mehr Drohnen sind im deutschen Luftraum unterwegs. Manche dringen unerlaubt in Sicherheitsbereiche von Flughäfen ein und gefährden den Luftverkehr. An der Bundeswehr-Universität in Hamburg ist jetzt ein ziviles Abwehrgerät entwickelt worden.
Die deutschen Flughäfen sollen sich künftig mit dem Abwehrsystem „Falke“ gegen das unerlaubte Eindringen von Drohnen schützen können. Wissenschaftler von der Universität der Bundeswehr in Hamburg haben das zivile System gemeinsam mit Partnerfirmen entwickelt. Zum Abschluss des dreijährigen Projekts präsentierten sie die Abwehrdrohne am Dienstag auf einem Sportplatz der Hochschule.
Bei dem Manöver erfasste das 1,40 Meter große und gut 18 Kilogramm schwere Gerät die gegnerische Kleindrohne mit verschiedenen Sensoren und verfolgte sie in der Luft. Nach der Freigabe durch einen Verantwortlichen schoss die Abwehrdrohne ein Netz ab, mit dem sie das fliegende Kleingerät einfing und kontrolliert zu Boden brachte.
Das System soll vor allem zum Schutz von Flughäfen dienen. Die Deutsche Flugsicherung zählt jährlich weit mehr als 100 unerlaubte Drohnenflüge in Flugverbotszonen, im vergangenen Jahr waren es 153, wie ein Sprecher sagte. Der Frankfurter Flughafen musste nach einem solchen Vorfall im Mai 2019 seinen Betrieb für mehrere Stunden einstellen. Der Londoner Airport Gatwick war Ende 2018 nach Drohnensichtungen sogar für drei Tage lahmgelegt.
Die Gefahren sind groß, eine kleine Drohne könne etwa in das Triebwerk eines großen Flugzeugs gesaugt werden, sagte der für das „Falke“-Projekt verantwortliche Ingenieur Ralf Heynicke. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) erklärte: „Gerade im komplexen System Flughafen müssen wir schnell reagieren und Gefahren sofort abwehren können. Deshalb investieren wir in die Forschung, um den Drohnenverkehr sicher zu machen.“ Das Bundesministerium förderte das Projekt mit gut zwei Millionen Euro. Die Abkürzung „Falke“ steht für „Fähigkeit des Abfangens von in gesperrte Lufträume eindringenden Kleinfluggeräten durch zivile Einsatzmittel“.
Das Abwehrsystem soll der Bundespolizei die Möglichkeit geben, mit einem angemessenen und sicheren Mittel einzugreifen. Ein Abschuss wie beim Militär verbietet sich. „Die Polizei darf nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“, sagte Heynicke. Die „Falke“-Drohne schießt ihr Netz mit Druckluft ab, es gibt keinen Explosivstoff. Das drei mal drei Meter große Netz fliegt 20 Meter weit. Die eingefangene Drohne bleibt intakt. Nach dem Bergen am Boden kann sie weiter untersucht und als Beweismittel genutzt werden.
Eine große Herausforderung für die Konstrukteure war das sogenannte Incident Management. Auf den Flughäfen haben Behörden wie die Deutsche Flugsicherung, die Bundespolizei und der Flughafenbetreiber genau abgegrenzte Kompetenzen. Innerhalb von Augenblicken können die Zuständigkeiten beim Eindringen einer illegal operierenden Drohne wechseln. Die österreichische Firma Frequentis entwickelte einen elektronischen Ablauf, der die gesamte Alarmkette umfasst und alle Vorgänge und technischen Abläufe gerichtsfest protokolliert. Der Abschuss selbst wird nach der Freigabe über künstliche Intelligenz gesteuert. Ein Abbruch des Vorgangs ist aber jederzeit möglich, wie Heynicke betonte.
An dem Projekt sind neben der Bundeswehr-Universität die Bundespolizei, die Deutsche Flugsicherung und die Lufthansa beteiligt. Weitere Partner sind die Flughafen Hamburg GmbH, Frequentis Comsoft und die Hensoldt Avionics GmbH, ein Spezialist für Verteidigungselektronik.
Wie es mit dem Abwehrsystem konkret weitergeht, blieb unklar. Es könne jetzt industriell hergestellt werden, erklärte Projektleiter Prof. Gerd Scholl. Obwohl es um ein ziviles Projekt geht, gebe es auch Interesse von Seiten der Bundeswehr. Wenn ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet würden, müsse man mit Ausspähversuchen rechnen. Hier könne die Abwehrdrohne helfen.