Flintbek (dpa/lno). Lärm kann krank machen. Für einen besseren Überblick über die Lage in Schleswig-Holstein gibt es neue Lärmkarten. Wo es zu laut ist, müssen Städte und Gemeinden handeln.
Neue Lärmkarten für rund 430 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein dokumentieren eine hohe Belastung für Hunderttausende Menschen im Land. Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume hat dafür rund 2500 Kilometer Straßen mit einer Verkehrsstärke von mehr als 8220 Fahrzeugen am Tag und einige weitere ausgewählte Strecken erfasst. Damit werde die Umgebungslärmrichtlinie der EU umgesetzt, teilte das Landesamt am Mittwoch mit.
Die Messungen ergaben, dass etwa 340.000 Menschen Belastungen von mehr als 55 dB(A) ganztags durch Umgebungslärm ausgesetzt sind. Davon hätten etwa 20.000 Menschen sogar sehr hohe Lärmbelastungen von mehr als 70 dB(A). In der Nacht seien etwa 220.000 Menschen mit mehr als 50 dB(A) von Straßenlärm belastet.
Lärm wirkt nach Angaben des Umweltbundesamts auf den gesamten Organismus, indem er körperliche Stressreaktionen auslöst. Dies könne schon bei niedrigeren, nicht-gehörschädigenden Schallpegeln geschehen, wie etwa beim Verkehrslärm. Lärm beeinträchtige nicht nur das Wohlempfinden und die Lebensqualität. Er beeinträchtigte auch die Gesundheit, indem er Veränderungen bei Blutdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren hervorrufe. Der Körper schütte vermehrt Stresshormone aus.
Nach einer Veröffentlichung des Bayerischen Landesamts für Umwelt wird bereits ab einer Dauerbelastung von 25 db (A) die Erholsamkeit des Schlafs verringert. Bei Werten bis 60 db(A) leiden das psychische und soziale Wohlbefinden. Dauerbelastungen, die darüber liegen, werden demnach als gesundheitlich beeinträchtigend angesehen.
Die Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der EU, Aktionspläne zu erstellen, die auf der Basis von Lärmkarten erarbeitet werden. Ziel sei es, den Umgebungslärm soweit erforderlich - besonders in Fällen, in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann - zu verhindern, zu mindern sowie die Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zufriedenstellend ist.
Auf Grundlage der neuen Lärmkarten sollen die Städte und Gemeinden bis zum 18. Juli 2024 ihre jeweilige Lärmsituation neu bewerten, ihre bisherigen Lärmaktionspläne überprüfen und soweit erforderlich überarbeiten. Dabei sollen sie die Auswirkungen der Lärmsituation beurteilen und Maßnahmen entwickeln, um der Entstehung von Lärm vorzubeugen, ihn zu mindern oder zu verhindern. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist vorgesehen.