Hamburg. Neue Serie: Die Geschichte Hamburgs – erzählt entlang der großen Themen. Im ersten Teil geht es um Stadtentwicklung.

Wer sich den Ursprung der Stadt – die Hammaburg mit gerade einmal 50 Meter Durchmesser – und dann die moderne Metropole in ihren heutigen Ausmaßen vorstellt, der könnte ja auf die Idee kommen, dass Hamburg im Laufe der Jahrhunderte kontinuierlich von innen nach außen immer größer geworden sei. Ist aber nicht so. Zum einen entwickeln sich von Hamburg völlig unabhängige Städte – Altona, Wandsbek und Harburg vor allem –, zum anderen erwirbt Hamburg schon im Mittelalter viele Gebiete im Umland, die dann zwar im Besitz der Stadt bleiben, aber einen eigenen Status als Landgemeinden haben und einen Flickenteppich aus Exklaven bildeten.

Die Einwohner der Vierlande etwa, Eppendorfs oder auch Bergedorfs haben auch nicht das Hamburger Bürgerrecht. Das „organische“ Wachstum Hamburgs bleibt rein flächenmäßig bis in die Neuzeit relativ bescheiden. Selbst St. Georg und St. Pauli – heute selbstverständlicher Teil der Innenstadt – werden erst 1868 beziehungsweise 1894 offizielle Stadtteile.

Von Sachsen erbaut: Die Hammaburg

Der Kern, die Hammaburg auf dem Gelände des heutigen Domplatzes, ist von Sachsen in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts gebaut worden. Man könnte sie auch Wiesenburg nennen, denn das altsächsische „ham“ bezeichnet eine umfriedete, also eingezäunte Wiese.

Die Ansicht von etwa 1860 veranschaulicht, wie klein und ungemein dicht besiedelt Hamburg war
Die Ansicht von etwa 1860 veranschaulicht, wie klein und ungemein dicht besiedelt Hamburg war © Ellert & Richter Verlag | Ellert & Richter Verlag

Bekannt und möglicherweise auch bewohnt ist der Ort schon sehr viel länger. Der Elbuferweg ist deutlich älter, und germanische Sippen siedeln spätestens seit dem 2. Jahrhundert auf (heutigem) Hamburger Gebiet. Die Platzwahl für die Hammaburg ist geradezu zwingend: Inmitten des feuchten Marschlandes, das regelmäßig überflutet wird, ist dieser erhöhte Ort auf dem Geestrücken sicher vor den Wassermassen der Elbe. Als Halbinsel zwischen Alsterarmen gelegen, bietet er dadurch natürlichen Schutz vor Feinden. Und die beiden Flüsse sorgen für Trinkwasser und ideale Verkehrsanbindung.

Denn es handelt sich von Beginn an um einen Handelsplatz, wenn auch in bescheidenen Ausmaßen. Nur vom Handel kann wohl keiner der Bewohner leben. Über die Bebauung ist wenig bis nichts bekannt, aber man kann davon ausgehen, dass es auch außerhalb der Burg, die nicht aus Stein, sondern aus Erdwällen, Gräben und Holzpalisaden besteht, ein paar ärmliche Häuser und Hütten gibt, deren Bewohner sich zur Not ins Burginnere zurückziehen können. Man darf sich das Ganze als ein befestigtes Dorf vorstellen.

Die heidnischen Sachsen leben in unabhängigen Verbänden, einen König haben sie nicht. Geeint werden sie erst, als Karl der Große, Herrscher über das Frankenreich, sie unterwerfen will. Ob der Burgbau in Zusammenhang mit den Sachsenkriegen steht, ist unbekannt, aber es sind definitiv gefährliche Zeiten. Karl der Große ist kein kleiner Eroberer. Sein Krieg gegen die in Westfalen und Norddeutschland lebenden Sachsen ist besonders lang und blutig.

Er beginnt 772 und dauert gut 30 Jahre. Die Sachsen verlieren nicht nur ihre Freiheit, sie werden auch zwangschristianisiert – mit zweifelhaftem Erfolg. Auch wenn schließlich alle Sachsen offiziell Christen sind, halten sich die heimliche Verehrung der alten Götter und Aberglaube in einigen Gegenden noch jahrhundertelang – Letzteres ehrlich gesagt bis heute.

Ein Kaff wird zum Missionszentrum von Mönch Ansgar
Bei der Missionierung der Heiden, vor allem der gefürchteten Wikinger, soll nun ausgerechnet das winzige Hamburg eine Schlüsselrolle spielen. Der Sohn Karls des Großen – Kaiser Ludwig mit dem nicht nur positiv gemeinten Beinamen „der Fromme“ (denn manche halten ihn für einen Schwächling, der zu sehr auf seine Frau und die Kirche hört) – schickt den Mönch Ansgar als Missionsbischof in die bescheidene Siedlung. Die Hammaburg ist zuvor schon auf 75 Meter Durchmesser erweitert worden, wodurch die Fläche mehr als verdoppelt worden ist.

Eine erste hölzerne Kirche steht wohl auch schon seit etwa 810 da. Ansgar soll nun von hier aus den gesamten Norden Europas für das Christentum gewinnen. Das ist doch mal eine Aufgabe. Ansgar reist oft gen Norden – und ärgert sich über die weitgehend erfolglosen Versuche, Wikinger und Slawen vom Christentum zu überzeugen. Vor allem die rauflustigen Skandinavier können zunächst wenig mit einem so schwachen Gott anfangen, dessen Sohn sich widerstandslos an ein Kreuz nageln lässt.

Das um 1300 errichtete, mehrfach erweiterte Rathaus an der Trostbrücke (Kupferstich von F. Ladomin, um 1690).
Das um 1300 errichtete, mehrfach erweiterte Rathaus an der Trostbrücke (Kupferstich von F. Ladomin, um 1690). © Ellert & Richter Verlag | Ellert & Richter Verlag

Wann was in Hamburg geschieht, weiß heute niemand so genau. Für vieles gibt es nur eine einzige schriftliche Quelle. Und im Mittelalter nimmt man es mit der Wahrheit nicht allzu genau. Es wird reichlich gefälscht, und die Fakten werden so hingebogen, wie es dem Verfasser oder dessen Auftraggeber gerade nützt. So streiten die Historiker darüber, ob es damals schon ein „Erzbistum“ Hamburg gab und ob der Kirchenbau als Dom bezeichnet werden kann. Entscheidend ist, dass Hamburg als Missionszentrum enorm aufgewertet wird – und dies schon bald mit seiner Zerstörung bezahlen muss.


Wikingerüberfall im Schatten der Weltgeschichte: Hamburg stagniert
Wer nach Wikingern im Jahr 845 googelt, der landet in Paris. Es ist ja auch wirklich spektakulär, was sich damals an der Seine abspielt. Die „Nordmannen“ (daher die Begriffe Normannen und auch Normandie) segeln mit 120 Schiffen den Fluss hinauf in das Zentrum des westfränkischen Reichs und müssen die Stadt nicht einmal erobern. Denn König Karl der Kahle rechnet sich keine Chancen auf einen Sieg aus und zahlt lieber ein gewaltiges Lösegeld. Keine wirklich gute Idee: Karl der Kahle – der nicht etwa wegen einer Glatze so genannt wird, sondern weil sein Erbe lange nicht gesichert war – sieht sein Reich nun alle paar Jahre von den Wikingern bedroht, die daraus ein Geschäftsmodell machen.

Da das Buch aber nicht „Die Geschichte von Paris“ heißt, kommen wir zu einem anderen, weniger spektakulären, aber für Hamburg bedeutsamen Wikinger-Raubzug des Sommers 845. Vielleicht 20 Schiffe sind es, mit denen die Dänen die Elbe hinauffahren. Ihr Ziel ist die Hammaburg, in der wohl nur 200 Menschen leben.

Was genau geschieht, ist unbekannt. Nur dass die Hammaburg zerstört wird und der Bischof nach Bremen fliehen kann, steht in den kargen Quellen. Fliehen auch die Bewohner? Wie groß ist die Beute? Wie lange bleiben die Wikinger? Wie viele lassen ihr Leben? All das weiß man nicht. Die Siedlung wird nicht aufgegeben, die Hammaburg aber vorerst nicht wieder aufgebaut. Die Wikinger bleiben noch rund 50 Jahre lang eine Bedrohung, sodass die Entwicklung Hamburgs wegen der unsicheren Lage stagniert.

Im Westen wächst Hamburg langsam in Richtung Alster

Über die folgenden drei Jahrhunderte ist das Wissen (mal wieder) ziemlich dünn. Es sind vor allem archäologische Funde, die gesicherte Erkenntnisse über das langsame Wachstum der Siedlung liefern. Hamburg erlebt auch durch Zuzug einen langsamen Aufschwung. Die (später so benannte) Reichenstraßeninsel südlich der Hammaburg wird besiedelt, ein erster Hafen entsteht dort. Um 900 wird auch die Hammaburg wieder aufgebaut und erweitert – sie umfasst jetzt knapp sieben Hektar. Die Siedlung bleibt aber, auch in ihrer Bedeutung, bescheiden.

Einen neuen Wachstumsschub für die kalte, windige Stadt gibt es Anfang des 11. Jahrhunderts. Jetzt entsteht die zunächst noch hölzerne Petrikirche – da, wo sie auch heute noch steht – und drum herum ein paar Häuser. Da es der höchste Punkt des Areals ist, nennen ihn die Hamburger stolz den „Berg“.

Im Westen wächst Hamburg langsam in Richtung Alster, deren Hauptmündungsarm in die Elbe das heutige Nikolaifleet bildet. Auf der anderen Uferseite – wo sich heute das Mahnmal St. Nikolai befindet – beginnt 1021 das bis dahin größte Bauprojekt Hamburgs: die „Neue Burg“. Den Zeitpunkt des Baubeginns kennen wir deswegen so exakt, weil man die bei Ausgrabungen gefundenen Hölzer untersucht und das Fälldatum der Bäume bestimmt hat. Bauherr ist der sächsische Herzog aus dem Adelsgeschlecht der Billunger. Die haben ihren Stammsitz in Lüneburg, sind aber zugleich Herren über Holstein und damit auch Hamburg, wo sie sich ständig mit der Kirche darüber streiten, wer denn nun das Sagen hat.

Die Burg ist nicht aus Stein gebaut, sondern genau wie die Hammaburg eine Holz-Erde-Konstruktion, allerdings viel größer. Im Inneren verläuft ein mit Steinen gepflasterter Weg. Neben Wohnhäusern dürfte hier auch der Herzog eine Halle gehabt haben. Mit der Neuen Burg verlagert sich das Zentrum der Siedlung nach Westen, auch der Hafen wird an das heutige Nikolaifleet verlegt.

Die Hammaburg wird endgültig aufgegeben

Die Hammaburg wird nach Fertigstellung der Neuen Burg endgültig aufgegeben. Stattdessen bauen die Hamburger im Osten – etwa da, wo heute das Pressehaus steht – eine neue Befestigung, den „Heidenwall“. Als „Heiden“ gelten damals neben den Wikingern auch die Slawen. Deren Siedlungsgebiete grenzen unmittelbar an die der Sachsen. Der gesamte ostelbische Raum und die Ostseeküste bis etwa Kiel sind von Slawen bewohnt.

Um 1140 wird die Neue Burg aufgegeben: Sie liegt brach. Die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts ist die Zeit, in der Hamburg einen großen Bedeutungsverlust hinnehmen muss. Das Erzbistum Hamburg-Bremen spielt politisch keine große Rolle mehr seit der Gründung des Erzbistums Lund in Schweden (1104). Und die nun in Holstein herrschenden Schauenburger Grafen lassen sich in Hamburg kaum blicken. Sie konzentrieren sich auf ihre neue Burg in Segeberg und die Neugründung Lübeck. All das wird sich erst gegen Ende des Jahrhunderts ändern.


Gründung der Neustadt: Jetzt boomt Hamburg
Der Name ist etwas verwirrend, weil die um 1188 gegründete Neustadt in der heutigen Altstadt liegt, während man später das Areal um St. Michaelis als Neustadt bezeichnet. Die Bedeutung der Gründung kann aber gar nicht überschätzt werden, denn nun wird aus dem Kaff eine Stadt und ein bedeutendes Handelszentrum. Und das nicht zufällig, sondern exakt so geplant. Verbunden ist dieses Projekt mit zwei Namen: Adolf III. von Schauenburg, dessen Familie seit 1110 über Holstein herrscht, und Wirad von Boizenburg. Den kann man getrost als Projektmanager im modernen Sinne bezeichnen, damals nennt man Leute wie ihn „Lokator“.

Er organisiert den Bau – das Gelände muss aufgeschüttet und parzelliert werden – und sorgt dafür, dass kompetente und zahlungskräftige Siedler nach Hamburg kommen. Es sind wohl vor allem Friesen, Westfalen und Holländer, die er anlocken kann. Die verkehrsgünstige Lage und billige Grundstücke hätten dafür nicht ausgereicht – die Neubürger bekommen auch weitgehende Rechte: Sie müssen kaum Steuern zahlen, dürfen einen Rat zur Selbstverwaltung wählen und Teile der Rechtsprechung selbst organisieren. Und natürlich dürfen sie Märkte abhalten. Selbstverständlich lohnt sich das auch für Wirad von Boizenburg, er bekommt einen Anteil an den laufenden Einnahmen.

In den politischen und militärischen Wirren nach dem Tod von Kaiser Friedrich Barbarossa, der 1190 während eines Kreuzzugs in einem Fluss in der heutigen Osttürkei ertrinkt (dabei wäre er doch so gerne im Kampf gegen die Moslems gestorben), kann Hamburg sich schadlos halten. Heinrich der Löwe, der machtgierige große Gegenspieler Barbarossas, sichert der Stadt auf der Oberelbe freien Handel zu; die Dänen, die 1214 für ein paar Jahre Herrscher über Holstein und Hamburg werden, lassen die Privilegien unangetastet.

In diese Zeit fällt auch die wohl berühmteste Fälschung der Hamburger Geschichte: das sogenannte Kaiserprivileg, das Friedrich Barbarossa angeblich kurz vor seinem Tod ausgestellt hat. Es gewährt den Hamburgern Zollfreiheit für ihre Schiffe auf der Elbe von der Stadt bis an die Nordsee – Grundlage der späteren Entwicklung des Hafens.

Hamburg boomt also. Schon 1189 hat man den Damm zur Neustadt ausgebaut, etwa entlang der heutigen Straße Großer Burstah, und nahe der heutigen Mühlenbrücke eine größere Kornmühle errichtet. Das Recht dazu und die Einnahmen sichert sich der geschäftstüchtige Wirad von Boizenburg. Am heutigen Nikolai­fleet werden die Hafenanlagen um Kran und Waage erweitert und modernisiert. Rasch wird die Neustadt zu klein – die Marschinseln Grimm und Cremon erhalten Deiche und werden bebaut. Mit St. Katharinen entsteht ein drittes Kirchspiel.

Um 1300 entsteht ein neues Rathaus

Weil die Kornmühle bald nicht mehr hinterherkommt, bauen die Hamburger um 1235 nordöstlich einen viel größeren Damm, um eine leistungsfähigere Mühle zu errichten: den Reesendamm, benannt nach dem ersten Müller – es ist der heutige Jungfernstieg. Und seitdem gibt es den
Alstersee. Der Damm hat aber auch Nachteile, denn die Alster führt nun viel weniger Wasser, was zum Problem für den Hafen wird, der nun langsam Richtung Elbe erweitert wird. Auch nach Osten wächst die Stadt, dort entsteht um 1250 mit St. Jacobi eine weitere Kirche, zunächst noch außerhalb der Stadtbefestigung.

Unterdessen wird die Stadt langsam prächtiger. Um 1300 entsteht ein neues Rathaus nahe der Trostbrücke, davor ein größerer Platz. „So hatte sich wieder ein Forum gebildet, das für rund 550 Jahre wohl als das eigentliche Herz der Stadt gelten konnte, und das in seiner überaus malerischen Gesamtgestaltung seit dem 17. Jahrhundert wieder und wieder die Künstler zu farbiger und zeichnerischer Wiedergabe verlockt hat“, urteilte ein Historiker im 19. Jahrhundert.

Viele andere Dörfer, die eine strategische Bedeutung haben, kauft Hamburg schon im 14. Jahrhundert, vor allem entlang des Alsterlaufs. 1420 wird diese Politik mit der Eroberung von Bergedorf, Geesthacht und den Vierlanden „abgerundet“. Zuvor sind bereits Ochsenwerder und Moorburg erworben worden, um auch die Süderelbe zu kontrollieren. All das muss man als Teil einer langfristigen Strategie sehen, um die Lebensgrundlagen der Stadt zu sichern und ja keine Konkurrenz aufkommen zu lassen. Nicht nur die Hoheit über die Niederelbe ist entscheidend für den Handel, die Alster ist ebenfalls eine Lebensader, um etwa Bauholz zu transportieren. Die vielen Dörfer und vor allem die Vierlande sichern Hamburgs Lebensmittelversorgung.

Die Stadt selbst wächst im Spätmittelalter kaum noch. 1460 werden die Stadtmauern erweitert und schließen nun auch St. Jacobi ein, 1547 entsteht der Neue Wall. Die längste Ausdehnung von Stadtmauer zu Stadtmauer beträgt gerade einmal 1,5 Kilometer, die schmalste nur 600 Meter. Auf dieser Fläche müssen etwa 30.000 Menschen Platz finden.


Spätestens im 18. Jahrhundert ist Hamburg eine Großstadt geworden
Der Bau einer neuen Stadtbefestigung am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) schützt Hamburg nicht nur vor Zerstörung, sondern vergrößert das ummauerte Areal auf 373 Hektar – nun gibt es reichlich Platz für innerstädtisches Wachstum. Das ist auch dringend notwendig, denn inmitten der demografischen Katastrophe des Großen Krieges wächst Hamburgs Bevölkerung rapide. Während in Deutschland ganze Landstriche veröden und fast alle Städte Einwohnerrückgang beklagen, ist das durch den Krieg noch reicher gewordene Hamburg ein Magnet für Zuwanderer. Kein Zufall also, dass 1647 mit St. Michaelis ein großer Kirchenneubau begonnen wird – der erste lutherische. Der Spötter (und Lehrer am Johanneum) Jacob Gallois (1792–1872) wird später über den Michel sagen, er sei „so schön und kühn, dass er wirklich verdiente, in einer anderen Stadt zu stehen“.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hat Hamburg rund 80.000 Einwohner. In dieser Zeit beginnen die ersten reichen Kaufleute mit dem Bau luxuriöser Landhäuser. Aber nicht etwa an der Außenalster oder den Elbhängen (das folgt im 19. Jahrhundert), sondern in Hamm, Horn und Billwerder. Bis dahin leben die meisten Kaufleute in den typischen Althamburgischen Bürgerhäusern, die gleichzeitig Wohn-, Arbeits- und Lagerhaus sind. Heute sind davon nur noch wenige erhalten, zum Beispiel in der Deichstraße. Spätestens im 18. Jahrhundert ist Hamburg eine Großstadt geworden. Als napoleonische Truppen 1806 die Stadt besetzen, leben dort rund 130.000 Menschen.

Hamburg hat seine ländlichen Gebiete in sogenannten Landherrschaften organisiert. Doch die Industrielle Revolution und das fast schon explosionsartige Bevölkerungswachstum ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machen dieses Relikt nach und nach obsolet. Hamburg und viele seiner Landgemeinden wachsen einfach zusammen. Einige Orte werden innerhalb weniger Jahre von kleinen Dörfern zu hochverdichteten Großstadtteilen, zum Beispiel Eilbek oder Eimsbüttel, das noch 1860 ein grünes Idyll mit wenigen Hundert Menschen ist und 1895 bereits knapp 53.000 Einwohner zählt. Wie Hamm, Horn, Barmbek, Harvestehude und viele andere werden diese Gebiete erst zu Vororten erklärt und 1894 dann eingemeindet.

Hamburg bleibt in der Weimarer Republik ein Stadtstaat

Obwohl Altona, Hamburg, Harburg und Wandsbek quasi zusammengewachsen sind, ändert sich an der Struktur nach dem Ersten Weltkrieg nichts. Hamburg bleibt in der Weimarer Republik ein Stadtstaat, während die umliegenden Städte zum „Bundesland“ Preußen, wie wir heute sagen würden, gehören. Seit 1915 gibt es zwar Bestrebungen, die Städte zusammenzulegen – und Altona und Wandsbek befürworten das auch.

Die preußische Regierung lehnt aber ab und stärkt ihre Städte: 1927 wird Wilhelmsburg in Harburg eingemeindet, außerdem erlässt man das „Groß-Altona-Gesetz“. Altona gewinnt alle Elbvororte bis Rissen sowie Eidelstedt, Lurup und Osdorf hinzu. So bleibt es den Nationalsozialisten vorbehalten, das „Groß-Hamburg-Gesetz“ zu beschließen und 1937/38 die Nachbarstädte sowie einige Landgebiete einzugemeinden.

Lesen Sie im nächsten Teil: Der ewige Kampf um die Macht

Die „Geschichte Hamburgs“ von Abendblatt-Redakteur Sven Kummereincke ist für 25 Euro in der Abendblatt-Geschäftsstelle, unter www.abendblatt.de/shop und im Buchhandel erhältlich. Es hat 224 Seiten und ist im Ellert & Richter Verlag erschienen.