Hamburg. Der Club der Optimisten weiß, wie schwierige Zeiten zu meistern sind. Ein Gespräch über die Kunst der Lebensfreude.

Der Club des Optimisten hat am Sonnabend den Publizisten Professor Heribert Prantl („Süddeutsche Zeitung“) mit dem „Optimistenpreis 2022“ geehrt. Der Publizist und Jurist sei ein streitbarer Aktivist für Demokratie und Grund­gesetz, hieß es zur Begründung. Wie wichtig eine hoffnungsvolle Perspektive gerade in Krisenzeiten ist, machen die Mitglieder des Clubs der Optimisten bei vielen Gelegenheiten deutlich. Mehr noch: Sie leben es selbst vor. Das Abendblatt sprach mit dem Unternehmer Lutz Peter Eklöh, Vorsitzender des Clubs, und Vorstandsmitglied Barbara Kunst.

Hamburger Abendblatt: US-Präsident Biden warnt angesichts der größten atomaren Bedrohung seit der Kuba-Krise vor dem Weltuntergang. Ist er ein Pessimist?

Lutz Peter Eklöh: Er ist in erster Linie ein Politiker, der versucht, die verschiedenen Strömungen in seinem Land zu bedienen. Er ist ein Stück weit mehr Optimist als Pessimist, weil er versucht, das für sein Land Beste herauszuholen.

Wie gehen Sie mit den vielen negativen Nachrichten in den Medien um?

Barbara Kunst: Natürlich weiß ich, dass sich in den Medien schlechte Nachrichten besser verkaufen als gute. Ich persönlich sehe die Entwicklungen positiv, weil ich fest daran glaube, dass die Demokratie gewinnt.

Viele Menschen haben Angst vor dem kalten Winter. Kann man dieser Energiekrise etwas Positives abgewinnen?

Eklöh: Man ist versucht zu sagen: nein. Aber diese Krise ist ein Katalysator. Alle wissen, wie wichtig es ist, weniger Energie zu verbrauchen, um Natur und Ressourcen zu schonen. Jetzt werden wir durch die Folgen des Krieges gegen die Ukraine dazu gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen. Das führt, in einem positiven Schluss, zu mehr Achtsamkeit und Aufmerksamkeit. Auf einmal lässt man das Fenster nicht mehr offen stehen, schließt die Tür und knipst schneller das Licht aus. Es hat auch sein Gutes, dass die Menschen bewusster mit den knappen Ressourcen umgehen. Der kalte Winter, toi, toi, toi (klopft aufs Holz), vielleicht wird er auch gar nicht so kalt. Ansonsten müssen wir eben die alten Pullis wieder rausholen.

Was hat Ihnen in der Pandemie Kraft gegeben, als die Menschen nicht zusammenkommen konnten?

Kunst: Ich bin ganz viel allein in die Natur gefahren, zum Beispiel in die Lüneburger Heide. Das hat mir den Tag verschönt.

Nun sind Sie aus Vereinsgründen Optimisten. War das nicht schwer, es durchzuhalten?

Kunst: Nein. Die Naturerfahrungen haben mich sehr aufgebaut und mit der Natur versöhnt, zum Beispiel die schönen Sonnenuntergänge an der Oberelbe. Ich habe in dieser Zeit Regionen um Hamburg ganz neu entdeckt.

Über Ihren Club heißt es, er sei eine Tankstelle für positive Energie. Wer ist der Lieferant?

Eklöh: Wir selber und jeder Einzelne. Wir sind keine Tankstelle, in der man etwas abholen kann. Wir sind die Tankstelle selbst. Wir müssen im Grunde dafür sorgen, dass wir den Glauben an den Optimismus nicht verlieren. Das gelingt am besten bei den Zusammenkünften, die wir als Club regelmäßig haben. Diese Gemeinschaft und der gegenseitige Austausch sind ganz wichtig.

Was kann man tun, um Energie zu tanken?

Eklöh: Man muss vom Reagens zum Agens werden, also aus dem Reagieren herauskommen zum Tun, damit man nicht von diesem medialen Alarmismus niedergeschmettert wird. Man muss herausfinden, was einen froh macht. Wenn jeder in seinem Umfeld schaut, was ist denn eigentlich schön?, dann kann man sich daran erbauen. Es ist eine Form, sich an etwas Positivem zu orientieren – und diese Erfahrung mit anderen zu teilen.

Was hilft Ihnen persönlich?

Kunst: Ich zeichne und male gern, fahre mit dem Fahrrad und spiele gern Golf. Und reise gern. Die nächste Reise geht nach Neuseeland.

Sie haben den Optimisten 2022 gekürt, Heribert Prantl. Was zeichnet ihn aus?

Eklöh: Er hat mich immer beeindruckt, in seiner Art des kritischen Intellekts. Er ist aufgrund seiner Herkunft als Theologe und Jurist in einer intellektuell sehr komfortablen Situation, die Dinge zu analysieren und für den Laien verständlich zu machen. Alle seine Kolumnen lässt er positiv enden. Das war einer der Gründe, ihn zum Optimisten des Jahres zu küren.

Gibt es in unserer Bundesregierung einen Optimisten?

Kunst: Eigentlich müssten alle Optimisten sein, sonst könnten sie nicht diese verantwortungsvollen Ämter ausüben. Aber ich würde mir noch mehr Optimismus wünschen.

Haben Sie Nationen kennengelernt, die von Grund auf optimistisch sind?

Kunst: Sehr viele, aber wir Deutsche jammern am meisten herum. Obwohl es uns noch gut geht.

Eklöh: Die Dänen sind nicht von ungefähr ein glückliches Volk. Sie sind resilient. Sie nehmen Dinge, die sie nicht ändern können, zur Kenntnis. Und Dinge, die sie ändern können, ändern sie. Das ist ideal. Dazu kommt, dass Skandinavier entspannter miteinander umgehen – sie lassen andere Meinungen zu, anders als bei uns.

Wo stehen die Hamburger auf der Optimisten-Skala?

Kunst: Bei den Großstädten ist es bestimmt anders als auf dem Land.

Eklöh: Ich denke schon, dass wir Hamburger optimistischer sind. Einfach deshalb, weil die Stadt und ihre Umgebung so viele Möglichkeiten bietet. Wir sind in einer Stadt zu Hause, in der viele gern leben würden. Das allein macht optimistisch.

Welche optimistischen Hamburger können Sie nennen?

Eklöh: Auf jeden Fall Ole von Beust. Er hat die Dinge beim Schopf gepackt, aber auch mal danebengegriffen. Siehe Schill.

Kunst: Helmut Schmidt.

Eklöh: Heidi Kabel und Henry Vahl, das waren optimistische, kraftvolle, norddeutsche Persönlichkeiten. Zu nennen ist heute Boris Herrmann, der Vorzeigesegler.

Wenn Sie den Preis des Pessimisten des Jahres vergeben müssten: wer bekäme ihn?

Eklöh: Karl Lauterbach! Es ist seine Aufgabe, Pessimist und Mahner zu sein. Der Gesundheitsminister ist im besten Sinne ein Zweckpessimist. Er ist der Watschen-August der Nation.

Welchen Rat geben Sie Menschen mit eher negativem Denken?

Kunst: Man muss in sich reinhören, was Spaß und Freude bringt. Das sollte man umsetzen. Das kann zum Beispiel ein Konzert- oder Theaterbesuch sein.

Eklöh: Oder ein gutes Buch lesen. Wir haben wunderbare öffentliche Bücher­hallen.

Welches Musikstück stimmt Sie optimistisch?

Eklöh: Mozarts „Zauberflöte“.