Hamburg. 1000 Bauwerke müssen die Mitarbeiter der Hochbahn in Hamburg im Blick haben. Wie die Untersuchung der Bausubstanz erfolgt.
„Pauline“ verspätet sich an diesem Donnerstagmorgen. Seit acht Uhr warten Jan Wolgast und ein Kollege bereits am Steg vom Museum der Arbeit am Osterbekkanal in Barmbek. Die beiden sind Brückenwerksprüfer bei der Hamburger Hochbahn und untersuchen in regelmäßigen Abständen die Bauwerke innerhalb des U-Bahn-Netzes. Insgesamt sind es rund 1000. Dazu zählen aber nicht nur die rund 600 Brücken, sondern auch Tunnel, Stützwände und Haltestellendecken. Mit gut 45 Minuten Verspätung trifft „Pauline“ schließlich ein.
Die Hochbahn hat keine eigenen Boote, deshalb wurde die „Pauline“ für diesen Einsatz gechartert. Es ist ein großer Tag, denn es steht für drei Brücken – insgesamt führen zwölf über Wasser – die Hauptprüfung an. Diese erfolgt alle fünf Jahre. „Pauline“ legt ab und nähert sich dem nur etwa 100 Meter entfernten Steinviadukt über dem Osterbekkanal. Das ist etwa 110 Jahre alt. „Ich bin immer wieder davon beeindruckt, wie gut die Bausubstanz auch nach so langer Zeit noch ist“, sagt Jan Wolgast.
Hochbahn Hamburg: Mauerwerk der Brücke wird abgeklopft
Jetzt kommt eine Hebebühne zum Einsatz, die bis in 7,20 Meter Höhe hochgefahren werden kann. Jan Wolgast und sein Kollege sind schwindelfrei. Als Arbeitsgerät dient ein Hammer. Damit wird das Mauerwerk abgeklopft, um mögliche Hohlräume aufzuspüren. „Immer dann, wenn es dumpf klingt, dann ist es dahinter hohl“, sagt der Kollege von Wolgast und markiert die Stelle in Gelb mit dem Buchstaben „H“. Danach greift er zum Mobiltelefon und macht ein Foto. „Wir protokollieren alles, was wir hier an der Brücke vorfinden. Später machen wir dann einen Prüfbericht, der Grundlage für weitere Maßnahmen ist“, erklärt Wolgast. Der Prüfbericht wird auch an die Technische Aufsichtsbehörde weitergeleitet. Das ist Vorschrift.
An einer anderen Stelle im Mauerwerk sind Backsteine abgebröckelt. „Das kommt vom Frost, ist aber nicht weiter bedenklich. Das ist ja nur die erste Schicht einer etwa ein Meter dicken Mauer“, sagt der Kollege von Wolgast. Auf dem Widerlager der Brücke stellen die beiden auch noch Durchfeuchtungsschäden fest.
„Ich habe einen tollen Beruf"
Die beiden sind auch auf der Suche nach Rissen im Mauerwerk. Diese werden ab 0,2 Zentimetern protokolliert. „Das ist wichtig, denn so können wir bei der nächsten Prüfung feststellen, ob die Risse tiefer geworden sind. Denn durch die Risse dringt Wasser ein, und das schädigt das Mauerwerk“, sagt Wolgast. Seit sieben Jahren arbeitet der gelernte Kupferschmied, der später seinen Industriemeister gemacht hat, für die Hochbahn.
„Ich habe einen tollen Beruf. Man hat hier eine große Verantwortung. Denn wir tragen dafür Sorge, dass mögliche Schäden entdeckt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.“ Zudem müsse man natürlich immer vor Ort improvisieren. „Ich kann ja nicht meinen Chef anrufen und fragen, was ich jetzt machen soll.“ Sein Improvisationstalent kann er auch an diesem Mittwochmorgen beweisen. Die 7,20 Meter hohe Hebebühne reicht nicht aus, um mit dem Hammer die Decke abzuklopfen. Kein Problem. Kurzerhand hat sich Jan Wolgast einen etwa zwei Meter langen Schiffshaken organisiert – als Hammerersatz.
Hochbahn Hamburg: Folgeuntersuchung geplant
„Pauline“ setzt sich wieder in Bewegung. Das Arbeitsschiff biegt in einen Stichkanal ab. Dort hat Jan Wolgast an einem Stahlviadukt, über den auch die U 3 verkehrt, bei einer früheren Prüfung Risse an einem Querträger festgestellt. Heute untersucht der Experte weitere Träger. Und tatsächlich entdeckt der Hochbahner einen Riss. Im kommenden Jahr wird es hier eine Folgeuntersuchung geben.