Hamburg. Gymnasium Meiendorf organisierte politisches Rollenspiel für Teilnehmer aus vier Nationen. Abendblatt-Hospitantin Amelie war dabei.

Wortfetzen verschiedenster Weltsprachen schwirren durch den von Anzugträgerinnen gefüllten Mozartsaal. Vor dem bereits halb vollen Zuschauerraum wird eine weiße Leinwand heruntergerollt. Darauf zu sehen: Eine von Olivenzweigen umrahmte Erdkugel.

Es ist das Zeichen der Vereinten Nationen und symbolisiert den Anlass, zu welchem sich hier versammelt wurde: Die Bewahrung des internationalen Zusammenhalts und Friedens. Der Auftakt der „Model United Nations of Hamburg“ 2022 (MUNoH) wird einer Generalversammlung der Uno in jeglicher Hinsicht gerecht.

MUNoH: 270 Schüler aus vier Nationen

270 Schülerinnen und Schüler aus England, Dänemark, Frankreich und ganz Deutschland trafen zur vom Gymnasium Meiendorf organisierten MUNoH zusammen, um für fünf Tage über „the Worlds most pressing issues“ zu diskutieren – also die Themen, die der Weltgemeinschaft am meisten unter den Nägeln brennen.

„Model United Nations“ ist eine Simulation der Vereinten Nationen, in welcher Jugendliche die Rolle eines Delegierten übernehmen, um gemeinsam Lösungsvorschläge, sogenannte Resolutionen, für internationale Krisen zu erarbeiten.

Das Rollenspiel bietet den engagierten Schülern die Möglichkeit, sich mit Themen wie der Übernahme Afghanistans oder dem Nahostkonflikt auseinanderzusetzen, um in Debatten die Perspektive eines beteiligten Landes vertreten zu können.

MUN: Gymnasium Meiendorf wiederholt dabei

Überall auf der Welt stellen junge Menschen solch einzigartige Zusammentreffen auf die Beine – für das Gymnasium Meiendorf ist es bereits die vierzehnte MUN. Über die Jahre hinweg ist aus den immer wieder teilnehmenden Schulen eine internationale Gemeinde geworden, erzählt die Direktorin der MUNoH in ihrer Begrüßungsrede.

Teilnehmer des MUNoH beim Eröffnungsplenum im Hamburger Mozartsaal.
Teilnehmer des MUNoH beim Eröffnungsplenum im Hamburger Mozartsaal. © MUNoH | MUNoH

Während am Mittwoch nur willkommen geheißen wird, sind die Debatten bereits am Donnerstagmorgen voll im Gange.

Debatten auf Englisch und hohem Niveau

Ein Einblick in die Sitzung des ersten Hauptausschusses der MUNoH zeigt, wie groß das politische Interesse hinter der Teilnahme der Schülerinnen und Schüler ist: Als ich am Freitagnachmittag die Tür zum Musikraum des Gymnasiums Meiendorf aufstoße, steht die Delegation von England gerade vorne und stellt seine Resolution für eine Reform des Sicherheitsrates vor.

Daneben sitzen Josephine Bühler und Malina Breiholdt und leiten als Vorsitzende des Hauptausschusses die angeregte Debatte. Denn obwohl die Sitzung schon seit mehreren Stunden läuft, beteiligen sich die Delegierten Frankreichs, USA, Australiens und der 19 anderen Länder höchst aktiv: Kritische Nachfragen und Kommentare zu der vorgeschlagenen Resolution erfolgen nicht nur englischsprachig auf hohem Niveau, sondern sprudeln vor Fachwissen über den Sicherheitsrat.

Wusstest Ihr, dass China sein Vetorecht als permanentes Mitglied am wenigsten häufig eingelegt hat?

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MUNoH: Gossip-Zettelchen sorgen für Lacher

Selbst in der fünfminütigen Pause diskutieren die Schülerinnen und Schüler weiter über das heikle Thema. Dass Lachen und Humor dabei trotzdem nicht ausbleibt, mag auch der Gossipbox zu verdanken sein. Kurz vor Ende werden daraus die über die Sitzung geschriebenen Zettelchen gezogen und vorgelesen.

Botschaften wie „The delegation of Germany and India would make a great couple“ („Die deutsche und indische Delegation würden ein tolles Paar abgeben“) oder „The delegation of France is so pretty“ („Die französische Delegation ist so hübsch“) lassen einen die politischen Differenzen der Länder kurz vergessen. Letztendlich verfolgt man ja auch das gleiche Ziel: Friedliche Zusammenarbeit, ganz gleich ob MUN oder Uno.

Konstruktiver Umgang mit aktuellen Problemen

Das ist aber nicht die einzige Scheibe, die sich von MUNs wie dieser abschneiden lässt: Die schier unzähligen „Worlds most Pressing Issues“ in ihren reißerischen Schlagzeilen und dramatischen Bildern wirken wie ein Spinnennetz, in dem man sich verheddert und nicht wieder rauskommt. Ungünstig, wenn das Leben noch in voller Länge bevorsteht.

Progressiv und kollektiv – die fluorierenden Diskussionen der vergangenen Tage erfolgten in einem konstruktiven Umgang mit den dringlichsten Problemen unserer Zeit.

MUNoH als Antrieb für eine selbsterwählte Zukunft

Das trägt Früchte: Am Sonntag werden sechs Resolutionen erfolgreich verabschiedet. Sie halten die Ergebnisse der letzten drei Tage schriftlich fest. Wer möchte, kann sie sich auf der MUNoH Website durchlesen.

Auch der erste Hauptausschuss ist mit einer Resolution daran beteiligt: Zwar konnte der Beschluss für eine Reform des Sicherheitsrates nicht durchgebracht werden, doch mit ihrer Resolution zur humanitären Krise in Afghanistan hatten sie Erfolg.

Klar, MUNoH ist (leider) nur ein Rollenspiel. Aber beweisen konnte das Zusammentreffen trotzdem, dass politisches Interesse nicht bloß ein Image der Generation Z ist, sondern ihr Antrieb für eine selbsterwählte Zukunft.