Hamburg. Langsam wird es kälter in der Hansestadt: Wie Abendblatt-Leser mit der Energiekrise in den eigenen vier Wänden umgehen.

Es ist immer noch September, doch die Kälte kriecht bereits in die Häuser. Trotzdem wollen viele Hamburger die Heizung noch nicht hochfahren. Nachdem am Wochenende Abendblatt-Redakteure geschrieben haben, wie sie es mit dem Heizen halten, sind jetzt die Leserinnen und Leser dran.

Noch bleibt die Heizung aus


Anke Schmidt : Ich bin wie die meisten total verunsichert. Bei uns ist die Heizung noch aus, und noch fällt es uns nicht schwer. Auch Schimmelgefahr besteht keine, die Wohnung wird nach dem Lüften immer wieder warm. Wir wohnen in einer Etagenwohnung im 3. Stock, haben also unter uns und rechts und links andere Wohnungen, die Wohnzimmerseite zeigt Richtung Süden und fängt die Sonne ein, Schlafzimmer und Küche können ja kühler sein. Bisher haben wir für drei Personen 90 Euro Heizkostenvorauszahlung pro Monat gezahlt und jedes Jahr ordentlich zurückbekommen. Wir sind also eh schon immer sparsam. In diesem Jahr war die Rückerstattung bereits merklich weniger, jetzt ist unsere Vorauszahlung 120 Euro pro Monat. Wenn ich anderswo höre, dass eine vierköpfige Familie mit 1000 Euro pro Monat für Gas rechnen muss, frage ich mich, warum wir nicht mehr zahlen müssen? Wir wohnen in einer Genossenschaftswohnung, die müssen ja vernünftig wirtschaften, also wird das die Umlage sein, die sie derzeit brauchen. Nur wann kommen die ganz hohen Preise? Wie hoch werden sie wirklich? Wir werden heizen, wenn es notwendig wird. Aber noch sparsamer als sonst schon.

Abschlag direkt verdoppelt


Ehepaar Karstens :Wir sind ein älteres Ehepaar um die 80 und wohnen in einem schlecht isolierten Haus, wo es abends ziemlich kalt wird, aber wir heizen noch nicht. Unser Gas­anbieter ging schon Ende 2021 pleite, und wir landeten automatisch bei E.on, der sofort unseren monatlichen Abschlag um fast das Doppelte erhöhte. Inzwischen haben wir von E.on schon zum zweiten Mal eine Preiserhöhung erhalten. Da muss es schon sehr kalt werden, bevor wir die Heizung einschalten. Als Rentner bekommen wir nicht einmal die Energiepauschale von 300 Euro. Dafür haben wir ja zum 1. Juli die „riesige“ Rentenerhöhung bekommen, die für meinen Teil knapp 35 Euro betrug. Ich will lieber nicht ausrechnen, wie lange ich für den Betrag heizen kann.
Viele Grüße von einem
frierenden Ehepaar

Not macht erfinderisch

Jens-Peter Riedel: Sparen? Aber natürlich: duschen zweimal wöchentlich kurz, waschen möglichst kalt (Hände sowieso), zwei Räume statt fünf Räume warm, Lampen an nur dort, wo man sich momentan befindet, warm anziehen, heiße Getränke ... „Not macht erfinderisch“, sagten meine Eltern.

19 Grad, Jacke, dicke Strümpfe

Clemens Müller : Notgedrungen heizen wir jetzt auch schon, aber erst am Abend mit etwa 19 Grad im Wohnzimmer als Grundtemperatur, und zusätzlich ziehen wir uns eine Jacke an und doppelte Strümpfe. Das geht gut. Dass die Kunden der Hamburger Energiewerke ihre Gasumlage erlassen bekommen, finde ich nicht gut. Denn der Gesamtbetrag der Gasumlage stellt eine Gewinnverwendung der Hamburger Energiewerke dar, der nicht an den Hamburger Haushalt abgeführt werden kann. Dort fehlt dann diese Einnahme. Besser wäre es gewesen und sozial gerecht, wenn dieser Betrag dem Härtefallfonds zugeführt worden wäre. Denn Herr Kerstan braucht hoffentlich diese Entlastung nicht, und viele andere Besserverdienende in Hamburg auch nicht. Und „Wir lassen niemanden im Stich“ ist in Wirklichkeit nur populistisch gemeint.

Großes Thema in der Nachbarschaft

Stephan Risse : Das Thema wird bei uns im Familien-, Freundes-, Kollegenkreis viel diskutiert in diesen Wochen. Besonders aber in der Nachbarschaft, da wir im Hamburger Westen in einer Anlage wohnen, die durch ein lokales, mit Gas befeuertes Blockheizkraftwerk mit Wärme versorgt wird. Insofern sitzen wir bei dem Anbieter alle in einem Boot und tauschen uns natürlich über die individuellen Gasverbräuche aus. Auch wenn die Häuser erst elf Jahre alt sind und einen KfW-70-Standard erfüllen, gibt es deutliche Unterschiede. Die kommen nun besonders zum Tragen, nachdem die Schreiben des Wärmeversorgers zur Abschlagsanpassung mit entsetzten Augen geöffnet wurden. Teilweise wurden die Abschläge um den Faktor fünf erhöht! Bei einigen Häusern hilft ein Kaminofen. Begründet durch die Dämmung des Hauses, besteht für uns trotz der kälteren Außentemperaturen noch keine Notwendigkeit, mit dem Heizen zu starten. Üblicherweise geht das Anfang Oktober los. Dann heizen wir nur so viel wie nötig, also nicht zum Aufenthalt benutzte Räume bleiben bei 17 Grad, das Schlafzimmer auch in der Nacht. Der erwähnte Kaminofen sorgt für ausreichende Wärme, zwar nur lokal begrenzt, hilft aber, dass die Thermostate im Erdgeschoss nicht anspringen. Durch Homeoffice müssen allerdings die Räume, in denen gearbeitet wird, doch wärmer gehalten werden. Hier werden wir ausprobieren, wie viel Wärme notwendig ist, ohne zu frieren. Sicher werden wir noch mehr auf Einsparungen beim Heizverhalten achten als bisher schon.

Im Kinderzimmer wird geheizt

Anna Bracke : Ich finde es sehr interessant, wie in diesen Zeiten mit dem Heizen umgegangen wird. Ich wohne mit meinem Mann und unserem zehn Monate alten Sohn in einer Eigentumswohnung in Bramfeld. Wenn es nur um uns zwei ginge, würden wir das Heizen sicherlich wie andere auch nach hinten verschieben und uns erst mal mit dicken Pullis und Decken aushelfen. Durch unseren Sohn möchten wir es aber warm in der Wohnung haben, da er sich meistens auf dem Fußboden zum Krabbeln aufhält, wo es eh ein wenig kälter ist. Wir haben vor circa einer Woche die Heizung angestellt, aber erst einmal nur im Wohn- und Kinderzimmer. Ich hoffe, dass die Temperaturen draußen vorerst nicht so stark sinken und wir mit unserer Strategie einige Wochen auskommen.

Geduscht wird lauwarm

Barbara Guthmann: Wir haben ein Einfamilienhaus, und da haben wir es ja in der Hand, ob wir heizen oder nicht. Bisher wird nur das Wasser erhitzt, aber auch nur moderat. Geduscht wird täglich lauwarm. Ich glaube nicht, dass da mehr als ein Zehn-Liter-Eimer bei draufgeht. Für den Fernsehabend habe ich mir eine Teddyfliesjacke und dicke Socken besorgt. Vor Mitte Oktober wird nicht geheizt.

Nicht heizen als Selbstversuch

Maria Claussen : Wir wohnen in einem Einzelhaus, und ich möchte uns als gut situiert bezeichnen. Wir könnten uns auch hohe Gaskosten leisten, ohne uns einschränken zu müssen. Mein Mann und ich haben uns aber entschieden, die Situation als persönliches Experiment zu gestalten und somit in sozialer Verantwortung unseren Beitrag zu leisten für das Füllen der Gasspeicher und insbesondere auch, um unsere Industrie am Leben zu erhalten. Aber auch, um mitreden zu können, was zumutbar ist. Wir haben wirklich vor, auszuprobieren, mit wie wenig Heizen man leben kann. Wie niedrig kann die Temperatur im Haus fallen und man sich mit Decken und warmen Klamotten im Haus bewegen? Sind es 20 oder geht es sogar mit 17 Grad oder noch weniger? Wir stellen die Heizung nur zweimal pro Woche kurz zum Duschen für das heiße Wasser an (minimale Temperatur). Ansonsten ist das Wasser immer kalt. Wir sind selbst sehr gespannt, wie lange wir den Versuch durchhalten.

Den Winter in Spanien verbringen

Helmut Rosenfelder : Bisher haben wir es unterlassen, die Heizung für unser Reihenhaus einzuschalten. Aber wir haben Glück. Durch die Sonne, die in der vergangenen Woche sehr fleißig schien, werden unsere nach Süden gehenden Räume sehr gut warm gehalten. Wir lüften hauptsächlich nur tagsüber bei Sonnenschein und halten so die Wärme in unseren Räumen. Stimmt, morgens ist es etwas kühl, besonders im nach Norden ausgerichteten Badezimmer. Aber wenn wir die Vorschläge vom Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg befolgen, kommen wir auch da klar. Die Waschlappen trocknen bei Sonnenschein auf der Terrasse. Wenn es noch kälter wird, beabsichtigen wir, nur einen Raum im Haus warm zu halten. Als Rentner werden wir dann eher schlafen gehen und später aufstehen. Das spart auch Heizung. Alternativ spielen wir mit dem Gedanken, im Winter ein Vierteljahr in Südspanien zu verbringen. Die ersparten Heizungskosten könnten dann die Wohnungsmiete in Spanien finanzieren.

Plötzlich ist das Haus ganz schön groß

Horst Schmidt : Alle Heizungen im ganzen Haus hatten wir auf null gestellt. Aber inzwischen haben wir wenigstens in den Räumen, in denen wir uns viel aufhalten, dann doch die Heizungen aufgedreht. Aber noch nicht in dem Bereich, den wir sonst gerne warm haben. Einiges versuchen wir schon durch etwas wärmere Kleidung im Haus auszugleichen. Es zeigt sich aber auch, dass das eigene Haus für nur zwei Personen viel zu groß ist. Das kann – und will – man aber gar nicht so schnell ändern. Eine solche Situation war ja überhaupt nicht vorhersehbar. Und das geht sicher sehr vielen Menschen so.

18 Grad reicht für alte Menschen nicht

Angelika Lenkeit : Was ich nicht verstehe, ist, dass von den Verantwortlichen kein Unterschied gemacht wird zwischen jungen, mittelalten, alten und ganz alten Menschen. Alte und ganz alte Menschen können eben nicht bei nur 18 Grad im Wohnzimmer sitzen! Jeder Arzt würde das bestätigen. Das betrifft ebenso kranke Menschen, die es ja auch gibt.

Kontrolliert heizen im Altbau

Rainer Neumann : Ich wohne in einer Altbauwohnung, die sich im Erdgeschoss befindet. Halb unterkellert, dementsprechend fußkalt. Bei den Nachttemperaturen, die wir zurzeit haben, lass ich die Heizung – leicht verschlagen – laufen. Ich habe Nachtspeicheröfen, die bisher ziemlich geächtet wurden. Sie lassen sich für die Aufladekapazität manuell steuern. So kann ich die Aufladung je nach Info des Wetterdienstes einstellen. Das heißt, ich heize nun schon mal, aber kontrolliert.

Zweimal die Woche duschen

Karin Campbell : Ich dusche auch nur circa zweimal die Woche, ansonsten kann man sich waschen, so wie früher auch. Ist wirklich besser für die Haut, das wird jeder Hautarzt bestätigen. Bei mir in der Wohnung sind immer noch 24 Grad, da muss man wirklich nicht heizen.