Hamburg. Die Online-Abstimmung endete mit einem Votum für einen See, den jeder kennt – und den doch kaum jemand als See wahrnimmt.
Die Binnenalster also. Der kleinere Teil der in eisgrauer Vorzeit mal aus ganz praktischen Erwägungen aufgestauten Alster ist der liebste See der Hamburger. Einerseits naheliegend: Sie ist so dekorativ wie zentral gelegen, man kann mit einem Ausflugsdampfer auf ihr herumschippern und eine Fontäne hat sie auch noch.
Andererseits hat man sie nie so richtig als "See" vor Augen: Binnen- wie Außenalster definieren sich in den Augen der Hamburger als Teil der Alster, als einer der beiden wichtigen Flüsse. Ein bisschen unfair, eigentlich. Schließlich gibt es den Alstersee schon seit dem zwölften Jahrhundert. Da wurde der Fluss aufgestaut, um einen Mühle betreiben zu können. Die Aufteilung in Binnen- und Außenalster passierte Anfang des 17. Jahrhunderts. Ein echter Traditionssee also.
Ausflüge: Das sind die beliebtesten Seen in Hamburg
Dagegen muten die Plätze zwei bis vier des Votings, zu dem die Webseite seen.de aufgerufen hatte, geradezu jugendlich an: Der Bramfelder See (Platz zwei) bestand einen Großteil seiner Geschichte aus zwei Teichen, die irgendwann zu einem See zusammengebaggert wurden (außerdem liegt der See gar nicht in Bramfeld, sondern zwischen Ohlsdorf und Steilshoop).
Der auf den Bronzerang gewählte Hohendeicher See (auch Oortkatener See genannt) entstand erst nach der Sturmflut 1962: Ein neuer, höherer Deich musste her – das Loch, das der Aushub hinterließ, ist heute ein beliebter Badesee im Südosten Hamburgs.
Und auch der Öjendorfer See, Platz vier der Online-Abstimmung, ist im Vergleich zur Binnenalster brandneu: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine in den 1920er-Jahren ausgehobene Grube teilweise mit den Trümmern der zerstörten Stadtteile befüllt. In den 1950er-Jahren wurde die Grube mit dem Schleemer Bach verbunden, einige Jahre später entstand um den See herum der Öjendorfer Park.
Ausflüge: Die beliebtesten Seen bei Hamburgs Nachbarn
Bei Hamburgs Nachbarn liegen übrigens (mehr oder weniger) natürliche Seen ganz vorn in der Gunst der Abstimmenden: In Schleswig-Holstein ist es der Ratzeburger See, in Niedersachsen der Dümmer im Landkreis Diepholz. Gegen diese beiden Gewässer sieht nun wieder die Binnenalster ziemlich jugendlich aus, sie entstanden im Zusammenhang mit der letzten Eiszeit.
Bundesweit schaffte es übrigens der Bodensee (Baden-Württemberg) vor dem Scharmützelsee (Brandenburg) und dem Goitzsche See (Sachsen-Anhalt) auf den Siegerplatz.