Kiel (dpa/lno). Pflegekräfte werden besser bezahlt - das findet breite Zustimmung in der Landespolitik. Doch die Tarifbindung in den Einrichtungen bewirkt erhebliche Kostensteigerungen. Der Bund soll zügig gegensteuern.

Regierung und Landtag in Kiel wollen Pflegebedürftige von kräftig steigenden Kosten entlasten und sehen dabei den Bund in der Pflicht. Dies machte eine Debatte im Parlament am Freitag deutlich. Hintergrund ist, dass in Pflegeeinrichtungen jetzt eine verpflichtende Tarifbezahlung gilt. In Schleswig-Holstein bedeutet dies nach Angaben von Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) für die stationäre Pflege eine Preissteigerung von 900 bis 1000 Euro im Monat - bei einer durchschnittlichen Rente von 840 Euro für Frauen und 1100 Euro für Männer.

Touré zufolge wird eine grundsätzliche Preissteigerung von 30 bis 50 Prozent erwartet. «Wenn eine angemessene Bezahlung zur Folge hat, dass Pflege nicht mehr bezahlbar ist, wird deutlich, was wir schon lange brauchen: Eine umfassende Pflegereform von Seiten des Bundes», sagte sie. Bis dahin müsse dafür gesorgt werden, dass zu Pflegende versorgt werden, ohne dass Pflegekräfte ihren rechtmäßigen Anspruch auf ihre angemessene Bezahlung verlieren.

Touré verwies auf einen vom Land in die Sozialministerkonferenz zur Entlastung der Pflegebedürftigen eingebrachten Antrag. Demnach müsse der Bund den Zuschlag erhöhen, den Heimbewohner neben den Zahlungen der Pflegekasse bekommen. Im ersten Jahr müssten es statt fünf Prozent 25 Prozent sein, im zweiten Jahr 25 statt 50 und im dritten Jahr statt 45 Prozent 70. Zudem solle das Pflegegeld rückwirkend um fünf Prozent steigen. Die im Koalitionsvertrag des Bundes angekündigte Dynamisierung müsse schneller umgesetzt werden und zwar Anfang 2023.

Das angekündigte Entlastungspaket des Bundes müsse dringend die Pflege berücksichtigen, forderte Touré. Das Land werde auch einen eigenen Beitrag leisten.

Von der verpflichtenden Tarifbindung werden im Land die Beschäftigten in mehr als 1000 Einrichtungen profitieren. Ende 2019 gab es im Land 1184 Pflegeeinrichtungen, 687 stationäre und 497 ambulante. Nur zehn Prozent waren tarifgebunden.

CDU und Grüne forderten die Landesregierung auf, sich in Berlin dafür einzusetzen, dass die steigenden Kosten maßgeblich über die Pflegeversicherung getragen werden. Zudem soll der Eigenanteil für Pflegebedürftige sinken. Auch SPD und FDP hatten Anträge zu den Pflegekosten eingebracht.

Es gebe bereits Meldungen, dass Angehörige Pflegebedürftige wegen der Kosten wieder aus Heimen nach Hause holten, sagte Birte Pauls von der SPD. «Das ist eine absolute Katastrophe.» Pauls sprach sich dafür aus, die reinen Pflegekosten über Steuern zu finanzieren.

Ex-Sozialminister Heiner Garg befürwortete eine Deckelung der zu zahlenden Beiträge. Der FDP-Politiker unterstützte die Vorschläge von Ministerin Touré. Die Länder hätten eine Pflicht, für eine ausreichende Pflegeinfrastruktur zu sorgen.

Die Pflegefinanzierung müsse ausgewogen sein, sagte die CDU-Politikerin Andrea Tschacher. Langfristig werde es immer mehr Bedürftige und weniger Beitragszahler geben. Pflege drohe zum Armutsrisiko zu werden. Dass die Gehälter der Pflegekräfte steigen, sei nur folgerichtig. Es gebe immer mehr Menschen, die sich einen Platz im Heim oder häusliche Angebote nicht leisten könnten, sagte Christian Dirschauer vom SSW. Pflege müsse aber für alle bezahlbar sein. Der SSW fordert eine komplette Steuerfinanzierung.