Kiel (dpa/lno). Die Grundsteuererklärung erscheint vielen Bürgern als Zumutung. Die Rücklaufquote ist bisher gering. Der Landtag sieht die Probleme und ist offen für eine Fristverlängerung - wenn es nicht bald besser läuft.
Angesichts der schleppenden Abgabe der Grundsteuererklärungen in Schleswig-Holstein fasst der Landtag eine Fristverlängerung ins Auge. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) soll mit dem Bund und den übrigen Ländern darüber entscheiden, wenn abzusehen ist, dass ein Großteil der Erklärungen nicht rechtzeitig abgegeben wird, wie der Landtag am Freitag auf Antrag von CDU und Grünen beschloss. Sichergestellt werden müsse aber, dass die Grundsteuerreform rechtzeitig vor dem 1. Januar 2025 umgesetzt wird.
Bisher sind nur etwa 15 Prozent der Erklärungen bei den Finanzämtern eingegangen, und die Frist endet schon am 31. Oktober.
Die SPD hatte deswegen beantragt, die Deadline bis zum 31. Dezember zu verschieben. Der Antrag wurde aber mit den Stimmen der schwarz-grünen Koalition abgelehnt. Auch die FDP scheiterte mit ihrem Antrag, Grundsteuererklärungen, die bis zu sechs Monate nach Fristende abgegeben werden, als noch rechtzeitig anzusehen.
Bisher wurde die Grundsteuer anhand sogenannter Einheitswerte berechnet. Sie beruhten in den alten Bundesländern auf den Wertverhältnissen aus dem Jahr 1964, in den neuen Ländern sogar 1935. Die tatsächliche Wertentwicklung spiegelten sie aber nicht wider. Deshalb erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnungsmethode für verfassungswidrig und forderte eine gesetzliche Neuregelung. Bundesweit muss nun der gesamte Grundbesitz durch die Finanzämter neu bewertet und die Steuer muss neu festgesetzt werden.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt sagte, die Grundstückseigentümer in Schleswig-Holstein erlebten zurzeit, wie schlecht die Finanzministerin die Grundsteuerreform vorbereitet habe. Er sprach von einer berechtigten Verärgerung der Menschen. Die Landesregierung sollte sich jetzt ehrlich machen und feststellen, dass eine Fristverlängerung längst unausweichlich geworden sei.
Für die SPD-Fraktion sagte Birgit Herdejürgen, der Aufwand für rund 1,2 Millionen wirtschaftliche Einheiten im Land sei offenbar unterschätzt worden. «Die digitale Abgabe der Erklärung überfordert viele Menschen und ist zudem technisch schlecht umgesetzt.» Für die Bürger dürfe es jetzt keine Nachteile geben. Die Lösung sei eine Fristverlängerung.
Der CDU-Abgeordnete Ole-Christopher Plambeck betonte, Schleswig-Holstein stehe bei der Abgabe der Erklärungen im Bundesvergleich gut da und liege auf dem dritten Platz. Die Abgabequote sei gleichwohl nicht befriedigend, räumte Plambeck ein.
Aus Sicht des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Lasse Petersdotter liegt das Problem weniger in der Verfügbarkeit der Daten, sondern eher in Unsicherheiten, wo was eingetragen werden muss. Dafür gebe es inzwischen aber eine Reihe guter Hilfestellungen wie etwa Videos.
Die Probleme sind aus Sicht des SSW ein Desaster mit Ansage. Es sei unverständlich, dass der Datenaustausch zwischen Behörden nicht funktioniere, sagte der Abgeordnete Christian Dirschauer. Gerade älteren Menschen müsse die Abgabe der Erklärung in Papierform möglich sein. Mehr Hilfestellung und mehr Zeit seien nötig.
Finanzminister Monika Heinold (Grüne) erinnerte daran, dass es erst Ende 2019 zu einer Einigung zwischen Bund und Ländern über die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Reform gekommen war. Sie hätte sich das früher gewünscht. Zu Frage einer Fristverlängerung sagte Heinold, die Finanzminister von Bund und Ländern hätten sich darauf verständigt, die Situation Ende September zu bewerten.
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