Hamburg. Kardiologin Dr. Shima Lorber klärt über Erkrankungen der Herzklappen auf: Ursachen, Warnsignale und Behandlungsmöglichkeiten.
Wie „Türen zum Herzen“ seien unsere vier Herzklappen, erklärt Kardiologin Dr. Shima Lorber. „Wenn also eine Herzklappe undicht wird, sich irgendwann nicht mehr richtig öffnet und verschließt, dann kann man sich vorstellen, dass das zu erheblichen Problemen führen kann“, so die Medizinerin, die am Asklepios Klinikum Harburg die sogenannte Vitiensprechstunde leitet, also Patienten mit Herzklappenfehlern betreut.
Welche Herzklappen am häufigsten defekt sind – und warum
Die häufigste Herzklappenerkrankung sei die sogenannte Aortenklappenstenose, eine Verengung oder Verkalkung der Hauptschlagaderklappe. An zweiter Stelle folge eine Insuffizienz, eine Undichte, der Mitralklappe, die aussieht wie die Bischofsmütze Mitra (daher der Name) und die linke Vorkammer von der linken Hauptkammer des Herzens trennt. „Und dann gibt es da noch die oft vergessene Klappe, die Trikuspidalklappe. An die hat man sich lange nicht rangetraut, weil schlicht die Therapiemöglichkeit fehlte.“ Das habe sich jedoch vor knapp drei Jahren geändert. „Ein sehr großer Schritt, denn immerhin vier Prozent der insgesamt 16 Millionen Deutschen über 75 haben einen Defekt an dieser Klappe, die eine Barriere zwischen Herz-und-LungenKreislauf darstellt.“
Doch was ist überhaupt die Ursache für Erkrankungen der Herzklappen? „Da gibt es verschiedene Faktoren“, sagt die 42-Jährige, die in Teheran geboren wurde, am Goethe-Gymnasium in Lurup Abitur gemacht und an der Universität Hamburg Medizin studiert hat. „Es kann zum Beispiel sein, dass sich die Herzhöhlen erweitern. Das ist dann so, als verzöge sich ein Türrahmen.“
Was ist die Ursache für Erkrankungen der Herzklappen?
Manchmal würde sie die Herzklappen auch mit den Segeln eines Schiffes vergleichen. „Die hängen an Seilen, und wenn diese nach langer Zeit, also im Alter, porös werden und reißen, dann kann es gefährlich werden.“ Bei der Trikuspidalklappeninsuffizienz im Speziellen sei es aber auch so, dass es sich oft um eine Folgeerkrankung handele. „Da stimmt zum Beispiel etwas in der Lunge nicht, und die Klappenerkrankung resultiert daraus.“
Typische Warnsignale dafür, dass etwas mit den Herzklappen nicht in Ordnung sei, seien Wassereinlagerungen in den Beinen. „Geschwollene Knöchel, aber auch dicke Unter- und Oberschenkel sind auffällige Symptome.“ Falls die Trikuspidalklappe betroffen sei, lagere sich auch vermehrt Wasser in Bauch und Lunge ab. „Der Bauchumfang nimmt erheblich zu, und die Betroffenen spüren Luftnot unter Belastung, können also plötzlich zum Beispiel kaum mehr Treppen steigen oder die Einkaufstüten tragen.“ Das sollte dringend ärztlich abgeklärt werden, rät die Medizinerin.
- Welche Vorteile eine "sanfte" Katheterbehandlung hat
- Wann ein künstliches Kniegelenk wirklich sinnvoll ist
- In Hamburg gibt es deutlich mehr krankhaft dicke Kinder
Denn sehr oft seien Herzklappenerkrankungen „Zufallsbefunde“. „Die Patienten sagen dann immer zu mir: Ich verstehe das gar nicht. Ich war doch gerade erst beim Hausarzt, er hat mir Blut abgenommen und ein EKG geschrieben. Das Problem: Da entdeckt man das nicht“, sagt die Expertin. Am effektivsten sei tatsächlich das Abhören. „Ganz banal. Man braucht eben nicht immer Geräte für die Diagnostik.“ Erkrankungen der Herzklappen beträfen vor allem ältere Menschen. „Aber kürzlich habe ich auch eine 45 Jahre alte Mutter von drei kleinen Kindern behandelt. Warum ihre Herzklappe nicht mehr richtig dicht war, konnten wir final leider nicht herausfinden. Aber die Therapie war sehr erfolgreich.“
Herzklappen-Erkrankunge: Diese Behandlungen gibt es
Für die Behandlung stünden mittlerweile „diverse Methoden“ zur Verfügung. „Zunächst versucht man es sicherlich mit Medikamenten.“ Allerdings seien die Tabletten zur Entwässerung des Körpers, die ein Leben lang eingenommen werden müssten, für viele Patienten eine Belastung. „Sie müssen dann sehr häufig auf die Toilette, das schränkt den Alltag stark ein, beziehungsweise man richtet das Leben nach dem Einnahmezeitpunkt aus.“
Falls die Medikamente nicht den erwünschten Erfolg brächten und sich dennoch Wasser einlagere, seien die sogenannten interventionellen Therapien, Verfahren mit Katheter, eine Option. „Da gibt es zum Beispiel den Mitra Clip und seit 2019 auch den Pascal, mit denen man den Ring der Klappe, also im Prinzip den Türrahmen, rafft.“ Das funktioniere seit Langem hervorragend bei der Mitralklappe, und vor knapp drei Jahren sei das Verfahren erstmals erfolgreich auf die Trikuspidalklappe übertragen worden. „Die Studien waren vielversprechend, und mittlerweile ist der Eingriff gar nichts Besonderes mehr.“
Bis zu drei Stunden dauere der Eingriff – mit großem Erfolg
Zwischen einer und drei Stunden dauere der Eingriff, das hänge sehr vom jeweiligen Patienten ab. Die gute Nachricht: Die Patienten erholten sich in der Regel sehr schnell. „Viele, die dann zur Nachsorge in meine Sprechstunde kommen, sagen, dass sie sich unmittelbar nach dem Eingriff so viel besser gefühlt haben. Manche, die früher kaum die Treppe hochkamen, gehen jetzt zum Tanzen. Das freut und motiviert mich mich jedes Mal aufs Neue.“