Hamburg. Einst gab es im Schanzenviertel fast 30 Klavierbauer. Von ihnen blieb nur Trübger übrig. Wer sich für die Jubiläumsaktion bewerben kann.

In der Schanzenstraße 117 sitzt Yvonne Trübger an einem schwarzen Flügel, ihre Finger fliegen über die Tasten, die Töne erklingen aber nur über Kopfhörer: Knapp 80 Prozent der Instrumente, die die 53-Jährige im Pianohaus Trübger verkauft, haben eine Silent-Schaltung, mit der man selbst – und die Nachbarn – das eigene Spiel nicht laut im Raum hören muss.

Auf knapp 700 Quadratmetern inklusive Werkstatt und Konzertraum verkauft Trübgers Familie seit Generationen In­strumente: Etwa 200 Klaviere und Flügel der Marken Yamaha, Schimmel, Blüthner und Bösendorfer werden angeboten, an die 600 Mietklaviere sind in der Stadt an Kundinnen und Kunden ausgeliehen. Die Preisspanne reicht von 3000 bis 180.000 Euro, vom Yamaha-Einstiegsklavier bis hin zum Bösendorfer-Konzertflügel.

Im Schanzenviertel gab es einst fast 30 Klavierbauer

Trübgers Unternehmen blickt in diesem Jahr auf 150 Jahre Bestehen zurück: 1872 kam ihr Urgroßvater als Klaviermacher von Jena nach Hamburg. Ihr Großvater baute den Handel in zweiter Generation aus, verkaufte international und ließ In­strumente produzieren. „Das Schanzenviertel war früher ein Klavierbauviertel; wenn man etwas gelten wollte, ließ man sich hier nieder“, erzählt Trübger. „Vor dem Zweiten Weltkrieg waren knapp 30 Klavierbauer hier angesiedelt – jetzt gibt es nur noch uns.“

1947 übernahm Trübgers Vater das Geschäft und legte mit Konzerten im Haus und Wettbewerben für Kinder einen Fokus auf die Musikförderung. Yvonne Trübger unterstützte dabei, bevor sie 1997 die Leitung übernahm.

Mit aktuell zwei Klavierbauern in der Werkstatt und vier Menschen im Verkauf betreut das Haus heute Kundinnen und Kunden im Alter von fünf bis 99 Jahren, teilweise über Generationen hinweg. „Wir erleben aktuell immer mehr Erwachsene, die sich ihren Traum erfüllen und mit dem Klavierspielen anfangen – speziell während Corona haben wir besonders viele Klaviere vermietet“, erzählt Trübger über die Entwicklung ihres Geschäfts.

Pianhohaus Trübger verschenkt Klaviere im Wert von 115.000 Euro

Trübger ist in dem Familienunternehmen und dem Haus an der Schanzenstraße aufgewachsen: Mit zehn Jahren stand sie neben dem Vater an der ersten eigenen Hobelbank in der Klavierwerkstatt, schon mit 16 Jahren war ihr klar, dass sie den Betrieb weiterführen möchte. Daher schloss Trübger eine Ausbildung zur Klavierbauerin ab und machte später noch eine kaufmännische Ausbildung. „Ich wollte als junge Frau in dieser Branche auf Augenhöhe wahrgenommen werden“, sagt sie über die Ausbildung neben vielen männlichen Kollegen. „Meine ersten Berufsjahre waren zeitweise schon eine Herausforderung für mich.“ Inzwischen ist sie vor allem für Verkauf, Marketing und Strategie zuständig.

Und möchte sich mit einer Aktion bei Musikbegeisterten in der Stadt bedanken: Zum 150-jährigen Bestehen verschenkt das Haus nun 15 neue Klaviere von Yamaha und Schimmel im Wert von insgesamt 115.000 Euro – statt einer großen Feier, deren Ausrichtung in Corona-Zeiten sowieso schwierig gewesen wäre.

Gehen sollen die Instrumente an Menschen, in deren Leben die Musik eine große Rolle spielt, die sich selbst aber gerade keines zulegen können. Zum Beispiel Musikstudierende, die bald ihre Ausbildung beenden, oder Musiker ohne eigenes Klavier. Ansonsten soll das Angebot relativ offen gehalten werden. Bis zum 19. September kann man sich per E-Mail, Video, Bild oder Brief bewerben. Am 6. Oktober sollen die Klaviere übergeben werden.

Bewerbungen an 150Jahre@pianohaus-truebger.de, Teilnahmebedingungen auf pianohaus-truebger.de