Hamburg. Tierschützer verärgert: Eigentlich sollten die Ergebnisse schon Ende März vorliegen. Behörde spricht von „komplexer Thematik“.

Streunende Katzen auf Hamburgs Straßen führen ein erbärmliches Leben. Eines, das nicht selten viel zu früh endet. Sie hungern, werden verletzt, fangen sich Krankheiten ein. Tierschützer fordern deshalb schon lange eine Katzenschutzverordnung für Hamburg, wie sie in anderen Bundesländern und Städten längst erlassen und selbstverständlich ist.

Zwar peilt der rot-grüne Senat eine derartige verbindliche Richtlinie auch für Hamburg an. So forderten Grüne und Sozialdemokraten in einem Antrag den Senat bereits vor einem Jahr auf, eine Reihe offener Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Verordnung bis Ende März 2022 zu klären. Doch diese „Prüffrist“ lief aus, ohne dass bislang Resultate vorgelegt wurden – zum großen Ärger von Tierschützern. „Jeder Tag, der ungenutzt verstrichen ist und verstreicht, ist einer zu viel“, sagt Sven Fraaß, Sprecher des Hamburger Tierschutzvereins von 1841 (HTV). „Die Katzen haben schon viel zu lange gelitten.“

Tierschutz: Zahl der wilden Katzen steigt stetig

Für Unterstützer der Katzenschutzverordnung ist die Forderung nach einer Kastrationspflicht für freilaufende (Halter-)Katzen zentral. Das Problem: Die Freigänger paaren sich häufig mit den Streunern, wodurch die Zahl der wilden Katzen unkontrolliert steigt und das Tierleid weiter zunimmt. Der Tierschutzverein schätzt, dass mindestens 10.000 wilde Katzen auf Hamburgs Straßen leben und dort mitunter „elend krepieren“, so Fraaß. Die Bürger bekommen davon meist nichts mit: „Katzen leiden im Verborgenen.“

Viele Tiere hausen in Industriegebieten, auf Friedhöfen oder in Hinterhöfen. Häufig leiden sie unter schmerzhaften Erkrankungen und Parasiten. Außerdem fordert der HTV, alle freilaufenden Katzen zu registrieren und mit einem Chip zu versehen. So könnten deren Halter im Zweifelsfall schnell ausfindig gemacht und die langen Verwahrzeiten im Tierheim an der Süderstraße reduziert werden. Das ist umso wichtiger, weil das alte Katzenhaus dort wegen Einsturzgefahr seit einem Jahr gesperrt ist und dringend saniert werden muss.

Die meister der Halter werden nicht ermittelt

Aktuell seien 80 Prozent der Fundkatzen nicht gechippt, bei den meisten ließen sich die Halter nicht ermitteln, so der HTV. Die Tiere müssten dann mit hohem Aufwand in ein neues Zuhause vermittelt werden. Etwa die Hälfte sei krank oder unterernährt. Jede sechste Katze sterbe. Die Unterbringung und Versorgung der Fundkatzen koste den Verein und die Stadt jährlich rund 500.000 Euro.

Dass der rot-grüne Senat in der Causa Katzenschutzverordnung so behäbig agiert, überrascht auch deshalb, weil es die Regierungskoalition selbst war, die den Bürgerschaftsantrag im August 2021 auf den Weg brachte; die Linken legten zwei Wochen später mit einem eigenen Antrag nach. Was verbindliche Regularien zum Schutz von Katzen angeht, hinkt Hamburg im bundesweiten Vergleich ohnehin hinterher. Nachzügler Berlin brauchte zwar bis zur Beschlussfassung fast fünf Jahre. Doch seit Juni 2022 ist die Katzenschutzverordnung dort in Kraft.

Tierschutz: Behörde verweist auf Komplexität

Als Grund für die monatelange Verzögerung verweist die zuständige Justiz- und Verbraucherschutzbehörde auf die „fachlich und rechtlich komplexe Thematik“ bei der Einführung einer Katzenschutzverordnung. „Das Ziel ist eine tragfähige und nachhaltige Lösung, deren Erarbeitung etwas mehr Zeit in Anspruch genommen hat als angenommen“, sagte Behördensprecherin Linda Luft dem Abendblatt. Allerdings sei die Prüfung bereits abgeschlossen. Luft: „Das Ergebnis wird in Kürze der Bürgerschaft zugeleitet.“