Hamburg. Der Bunker steht in dicht besiedeltem Wohnquartier in Winterhude. Der Umbau stieß auch auf Widerstände. Was der Bauherr plant.
Es ist zu sehen und zu hören: Am Kuhnsweg in Winterhude hat der Abbruch des dortigen Bunkers begonnen. Es gab auch schon eine erste Straßensperrung, weil ein riesiger Kran einen 36-Tonnen-Bagger aufs Dach hieven musste. Während dieser oben die dicke Bitumenschicht abschabt, frisst sich im Inneren des in eine Häuserzeile integrierten Schutzbaus die Diamantseilsäge brummend durch Beton und Stahl. Draußen fräsen Gerüstbauer die letzten Lärmschutzplatten auf die richtige Länge.
Es ist der dritte Bunkerabriss innerhalb weniger Jahre in dem dicht besiedelten Wohnquartier, in dem zwischen 2014 und 2016 Schutzbauten an der Forsmannstraße und am Poßmoorweg komplett abgerissen wurden – begleitet von mehreren Baustopps wegen unzumutbarer Lärm- und Staubbelastungen.
Stadtentwicklung: Teile der Fassade bleiben stehen
Immerhin: Vom Kuhnsweg-Bunker bleiben Teile der Fassade und die Giebelwände stehen. Doch das Dach aus Stahl und Beton wiegt rund 400 Tonnen, es gibt zwei Treppenhäuser und 25 Zentimeter dicke Geschossdecken. „Es wird eine Herausforderung für die Nachbarn“, gibt Bauherr Hubertus Heuermann zu. Aber durch den Einsatz einer Diamantseilsäge statt mächtiger Stemmeisen und dank einer doppelten Schutzwand aus Luftkammer-Kunststoff- und Holzplatten soll der Rückbau, der wohl bis Jahresende dauern wird, so schonend und lärmarm wie möglich durchgeführt werden.
„Ich werde versuchen, allen Wünschen gerecht zu werden“, sagt der Heuermann. Und das nicht nur beim Abbruch, sondern auch hinsichtlich der künftigen Nutzung des Neubaus. Denn auch aus Angst vor weiterer Gentrifizierung gab es Widerstand gegen die Pläne, den Bunker am Kuhnsweg abzureißen und dort Wohnungen zu bauen. Sowohl an Forsmannstraße als auch am Poßmoorweg sind teure Eigentumswohnungen entstanden. Eine Baugemeinschaft namens „Kunterbunker“ hatte das am Kuhnsweg verhindern wollen.
Im Bunker entstehen Mietwohnungen
Ihr Konzept für den Umbau und die Umnutzung des Bunkers sah daher einen großen Teil Sozialwohnungen und im Erdgeschoss soziale und kulturelle Nutzungen vor. Das wurde zwar vom Bezirksamt im Bebauungsplan aufgegriffen – den Zuschlag für den Bunker erteilte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) 2020 aber Heuermann, der sich gegen mehr als 20 andere Bewerber durchsetzen konnte.
Ob es im Kuhnsweg-Bunker 20 oder 22 Mietwohnungen geben wird, steht laut Heuermann noch nicht fest. Wohl aber, dass laut einer Vereinbarung mit dem Bezirk mindestens die Hälfte öffentlich gefördert sein wird, und eine Umwandlung in Eigentum erst nach frühestens 20 Jahren stattfinden kann.
Abbrucharbeiten werden deutlich länger dauern
Neben den Vorgaben, die er erfüllen muss, gibt es auch jede Menge Widrigkeiten, die Abbruch und Bau erschweren. Da ist zum einen der begrenzte Platz für die Baustelleneinrichtung, die allein durch die Enge der Straße eine Herausforderung wäre. Vor dem Bunker stehen aber auch eine Trafostation für 2500 Haushalte und zwei alte Kastanienbäume, die jeweils aufwendige Schutzkonstruktionen erforderten, sowie eine junge Mehlbeere, die trotz der bevorstehenden Bauarbeiten im vergangenen Jahr als Ausgleichsmaßnahme gepflanzt wurde.
Er wolle nicht von „Steine in den Weg legen“ sprechen, so Heuermann. Aber tatsächlich wurden als Baumschutz auch zwei Findlinge vor dem Bunker abgelegt. Entsprechend wenig Platz bleibt für den Rest: Baucontainer, Lagerflächen, ein weiterer Bagger, das Gerüst und die Zuwegung, die – um den Kuhnsweg nicht zu überlasten – ausschließlich von der Semperstraße aus erfolgt. Die Rücksicht hat ihren Preis: Weil Lastwagen und Baumaschinen deutlich kleiner sind als üblich, werden sich die Abbrucharbeiten laut Bauherr wohl zeitlich verdoppeln.
7000 Kubikmeter Beton müssen abgebrochen werden
Auch auf dem Dach ist nicht viel Platz. Umgeben von den Dächern und Dachterrassen der Nachbarhäuser wirkt der Bagger hier oben riesig. Sobald er die Bitumenschicht entfernt hat, wird eine Stahlkonstruktion errichtet, um die Fassade und die Giebelwände zu stützen. Danach werden die Gebäuderückwand und das Innere des Bunkers von oben nach unten abgebrochen – und in die Fassade Öffnungen für raumhohe Fenster gesägt. „Wir haben in die Geschossdecken bereits einen Schacht geschnitten, über den die Entsorgung stattfindet“ so Heuermann. Etwa 7000 Kubikmeter Beton müssen abgebrochen und abtransportiert werden.
Im Inneren des Bunkers wird offensichtlich, dass auch die Decken, die mit einer Höhe von knapp über zwei Metern deutlich zu niedrig für Wohnungen wären, abgebrochen werden müssen. Bis auf die Türen und Lüftungsrohre wurde schon alles abmontiert. An den nackten Wänden prangen Hinweise wie „Ruhe bewahren“, „Rauchen verboten“ oder die Personenzahl, die auf der jeweiligen Etage zugelassen war. Die Markierungen an den Durchgängen phosphoreszieren noch eine Weile, nachdem das Licht von Heuermanns Baulampe sie angeleuchtet hat.
Wohnen im Bunker: Interessierte Nachbarn gesucht
Im Erdgeschoss warten alte Toiletten und Waschbecken auf den Abtransport. Einen Mieter für diese Fläche gibt es schon: eine Einrichtung für die Intensivbetreuung von Frühchen und Kleinkindern, die einen Standort in Hamburg sucht. „Wir möchten bei der Vergabe der Wohnungen Familien dieser Kinder bevorzugen“, sagt Heuermann. Das erspare ihnen viel Fahrerei.
Für die geforderte kulturelle Nutzung stellt er einen etwa 50 Quadratmeter großen Raum für eine geringe Miete zur Verfügung – und sucht noch nach interessierten Nutzern aus der Nachbarschaft. „Die Baugemeinschaft ,Kunterbunker‘, die ich als erste angesprochen habe, hatte leider kein Interesse“, sagt er. Doch er ist zuversichtlich, dass sich jemand finden wird, der eine gute Idee für die Belebung der Fläche hat. Noch ist Zeit. Denn der Bunkerumbau soll erst Ende 2024 abgeschlossen sein.