Den Tieren gehe es zwar sehr gut, sagt der Schwanenvater. Das Freizeitverhalten vieler Hamburger bereitet ihm aber Kopfzerbrechen.
Die ersten Schwanenküken schwimmen bereits gesund und munter auf der Alster, doch Hamburgs Schwanen-Experte macht sich ein bisschen Sorgen. Und das hat vor allem mit den Menschen zu tun. „Aktuell geht es den Tieren sehr gut. Problematisch ist nach wie vor das Thema Störung. Es ist immer noch so, dass das eine oder andere Brutpaar die Außenalster verlassen hat und in die abgelegenen Gebiete gezogen ist“, sagte Schwanenvater Olaf Nieß.
Grund für die Flucht ist das intensive Freizeitverhalten der Hamburger und ihrer Gäste auf den Gewässern der Hansestadt. „Das ist im Prinzip seit dem ersten Corona-Jahr so, wo wir absolut massivste Störungen hatten und die Boote mit einem Abstand von 50 Zentimetern zueinander auf dem Wasser fuhren. Da gab es schlimme Szenen.“
Alsterschwäne: Olaf Nieß hofft auf weniger Störung durch Paddler
Derzeit würden vor allem luftbefüllte Wasserfahrzeuge - beispielsweise Stand-Up-Paddle-Boards und auch große Badeinseln - nach wie vor Probleme machen. „Aber es ist nicht ganz so intensiv wie im ersten Corona-Jahr.“ Die Freizeitsportler sollen nun vor allem mit Flyern, freundlicher Ansprache durch die Polizei und mithilfe schwimmender Barrieren dazu gebracht werden, die Tier- und Pflanzenwelt weniger zu stören.
So gebe es schwimmende Schilf-Inseln, die sich harmonisch in die Natur integrieren und gleichzeitig den „Verkehrsstrom“ sinnvoll steuern sollen, ohne wie eine Absperrung auszusehen. „Es ist nach wie vor das Ziel, dass jeder die Gewässer nutzen und sich da erholen kann“, sagte Nieß weiter. „Wir wollten keine Bojenketten haben. Wir gehen da sehr dezent ran und wollen es als lebendigen Prozess aufbauen und Bereiche nicht einfach absperren.“
Viele Wasservögel sind empfindlicher geworden – auch die Schwäne
Ohne diese Barrieren würden sehr viele Freizeitsportler mit ihren Booten oder Boards zu nah an die Nester der Wasservögel und damit auch über die Wasserpflanzen wie das Schilf fahren. „Wenn das mal einer macht, dann ist das ja alles cool. Wenn das an einem Tag aber 200 bis 250 machen, dann ist das nicht mehr okay“, so der Schwanenvater. Viele Menschen seien sich der Folgen ihrer Handlungen dabei gar nicht bewusst. Strafen sollen dennoch nur das letzte Mittel sein. „Wir wollen die Leute mit unserem Ansinnen ja mitnehmen und suchen deshalb eher nach Verständnis.“
Etliche Wasservögel hätten in Folge der vergangenen zwei Jahre entweder ihre Brutplätze verlagert oder ihr Verhalten geändert. „Die Tiere sind empfindlicher geworden und ziehen sich derzeit deutlicher zurück. Das freie Herumschwimmen verlagern sie teilweise in die Nacht, wenn es ruhiger ist.“
Alsterschwäne: Zehn Brutpaare – Zahl der Schwanenküken unbekannt
Dennoch können einige Schwanenküken beobachtet werden. „Wir gehen im Bereich der gesamten Alster und den Nebenflüssen von etwa zehn Brutpaaren aus. Wie viel Nachwuchs die Schwäne haben, können wir nicht sagen. Aber bislang sieht es gut aus und es entwickelt sich täglich weiter.“ Die Tiere seien zudem ein bisschen später dran, weil sie zum Schutz vor der Vogelgrippe ein paar Tage später als üblich aus dem Winterquartier entlassen wurden.
Die Vogelgrippe ist auch jetzt schon wieder ein Thema, das Nieß und sein Team genau im Blick haben. Er sei durchaus angespannt, weil unweit der Hansestadt bereits die ersten Fälle von Vogelgrippe aufgetaucht seien. „Schön ist die Situation gerade nicht, was die vor der Tür stehenden Seuchen wie Afrikanische Schweinepest und Vogelgrippe angeht. Da sind wir sehr intensiv dran, das zu überwachen. Da wollen wir vor der Lage sein.“
Das Hamburger Schwanenwesen hat eine jahrhundertelange Tradition. Das Amt des Schwanenvaters gibt es seit 1674. Die Schwäne gelten als eines der Wahrzeichen der Hansestadt.