Leipzig. Für Umweltschützer ist die Küstenautobahn A20 ein klimaschädliches Desaster, Wirtschaftsvertreter hoffen dagegen auf ihren Bau. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht eine erste Entscheidung getroffen.

Die Küstenautobahn A20 kann in Niedersachsen vorerst nicht gebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärte am Donnerstag den Planfeststellungsbeschluss für ein erstes Teilstück zwischen Westerstede und Jaderberg für «rechtswidrig und nicht vollziehbar» (Az.: BVerwG 9 A 1.21). Damit erzielte der Umweltverband BUND einen Teilerfolg vor Gericht. Die Vereinigung hatte gegen den Autobahnbau geklagt. Eine weitere Klage eines Landwirts wurde abgewiesen.

Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts bemängelte konkret die Stickstoffberechnung für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Garnholt. Hier sei den Planern ein Fehler unterlaufen, ein Schwellenwert könnte überschritten werden. «Die Stickstoffberechnung, die den Planungen zugrunde lag, war von Anfang an sehr auf Kante genäht», sagte die Vorsitzende Richterin. «Eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.»

Die bereits existierende Küstenautobahn soll vom polnischen Stettin über Bad Segeberg in Schleswig-Holstein hinaus bis nach Niedersachsen verlängert werden. Dabei sind Tunnel unter Elbe und Weser geplant. Mit allein 121 Kilometern auf niedersächsischer Seite zählt die umstrittene A20 zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten des Bundeslands.

Die niedersächsische BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner zeigte sich einerseits erfreut über die Entscheidung. Die Planungsfehler seien offensichtlich gewesen. Sie kritisierte jedoch, dass das Gericht zentrale Themen wie Klimaschutz und Bedarf «in keinster Weise berücksichtigt» habe. «Das ist ein Schlag ins Gesicht für die junge Generation. Die A20 ist eines der klimaschädlichsten Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan.» Gerstner kündigte weiteren Widerstand gegen die Küstenautobahn an.

Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass es ausgiebig geprüft habe, ob das inzwischen geltende Klimaschutzgesetz berücksichtigt werden musste. Allerdings sei der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2018 - und damals sei das Gesetz noch nicht in Kraft gewesen. Bei den noch laufenden Planungen für weitere Teilstücke sehe das anders aus: «Für weitere Abschnitte der A20 wird das Klimaschutzgesetz gelten», sagte die Vorsitzende Richterin.

Vor der Urteilsverkündung hatte das Aktionsbündnis «Moor bleibt Moor» eine Mahnwache vor dem Gerichtsgebäude veranstaltet. Die Gegner des Autobahnbaus rufen zudem zu einem Aktionswochenende (15. bis 17. Juli) im A20-Protestcamp bei Westerstede im Ammerland auf.

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