Hamburg. Hohe Preise sind für Studierende jetzt schon eine Herausforderung. Kosten für Semesterbeitrag und HVV-Ticket sollen weiter steigen.
Die Studierendenvertretung AStA der Universität Hamburg schlägt Alarm. Viele Studierende könnten die Kostensteigerungen der vergangenen Monate kaum noch tragen, sagte die AStA-Vorsitzende Lara Thien dem Abendblatt. Dennoch stünden nun noch deutliche Erhöhungen bei den Studienkosten für die angehenden Akademiker an. So will das Studierendenwerk, das Wohnheime und Mensen betreibt, seine Beiträge im kommenden Jahr deutlich anheben. Und der HVV fordert mehr Geld für das Semesterticket, das schon jetzt 179,90 Euro pro Semester kostet. Am heutigen Montag soll es dazu im Rathaus Verhandlungen zwischen AStA, HVV und Senat geben.
Das HVV-Semesterticket bezahlen die 42.000 Studierenden der Uni Hamburg automatisch mit dem Semesterbeitrag, der zuletzt bei 335 Euro lag. Neben dem Ticketpreis beinhaltet dieser eine Pauschale von 85 Euro für das Studierendenwerk. Hinzu kommen eine Verwaltungspauschale von 50 Euro, 13,30 Euro für studentische Selbstverwaltung und 6,80 Euro für den Semesterticket-Härtefallfonds.
Inflation und Corona verschlechtern finanzielle Lage der Studierenden
Dieser vom AStA verwaltete Fonds ermöglicht die Rückerstattung der Kosten für das Semesterticket an Studierende in Notlagen, die die Kosten nicht selbst tragen können. Während der Corona-Zeit wurden laut AStA-Chefin Thien deutlich mehr Anträge bewilligt, als Mittel zur Verfügung standen, sodass die Uni das Minus der Studierendenvertretung von rund 120.000 Euro ausgleichen musste. Offenbar hat sich die Lage vieler Studenten während der Pandemie verschlechtert.
Hinzu kommt ein Problem mit dem aktuellen 9-Euro-Monatsticket: Da die Studierenden ihr HVV-Ticket bereits mit dem Semesterticket bezahlt haben, muss ihnen die Differenz erstattet werden – laut AStA rund 63 Euro. Gerade die meist finanziell nicht auf Rosen gebetteten Studenten aber sollen nun bis zum Herbst auf das ihnen zustehende Geld warten. Grund: Der HVV hat laut AStA mitgeteilt, dass er kein Personal habe, das Geld direkt zu erstatten.
Höhere Kosten sollen Verluste des Studierendenwerks decken
Die Uni kann das Geld auch nicht zurücküberweisen, da keine Kontodaten aller Studenten vorlägen. Daher einigte sich der AStA mit den Verantwortlichen darauf, dass das Geld vom nächsten Semesterbeitrag abgezogen würde. Den geschätzt 8000 Studierenden, die nach dem Semester die Uni verlassen, soll der Betrag überwiesen werden, nachdem sie ihre Kontonummer mitgeteilt haben. Nicht alle Studierenden sind mit dieser Lösung glücklich, manche hätten das ihnen zustehende Geld gern schneller zurück.
Bei all dem könnte sich der Semesterbeitrag im kommenden Jahr noch weiter und recht deutlich erhöhen – weil das Studierendenwerk unter anderem mit seinen gastronomischen Angeboten zuletzt deutliche Verluste gemacht hat.
AStA-Vorsitzende kritisiert Sparplan des Senats
„Durch die Pandemie liegen unsere Mensen und Cafés immer noch bei einer Auslastung von nur 70 Prozent. Außerdem sind die Lebensmittelpreise stark gestiegen – ebenso wie die Personalkosten“, sagte Studierendenwerk-Geschäftsführer Jürgen Allemeyer dem Abendblatt. „Leider erhöht die Stadt ihre Zuwendung nicht im selben Maße. Deswegen würde dem Studierendenwerk im kommenden Jahr ein Defizit von um die drei Millionen Euro drohen, wenn wir nichts unternähmen.“ Daher müsse der Semesterbeitrag zum Sommersemester 2023 von 85 auf 105 Euro steigen, so Allemeyer. „Es ist aus unserer Sicht sozialer, diesen Solidarbeitrag zu erhöhen, als die Essenspreise für die Studierenden deutlich anzuheben.“
Alle diese Probleme hätten im Grunde denselben Ursprung, sagte die AStA-Vorsitzende Lara Thien. „Der Senat belastet mit seiner Schuldenbremse und Sparpolitik besonders finanziell schwache Gruppen und Strukturen. Nach zwei Jahren Corona und zwei Jahren digitaler Lehre sollen nun die Studierenden noch mehr zahlen und noch weniger bekommen.“ Die jährliche Steigerung der Mittel, die zur Unterstützung freigegeben würden, liege „deutlich unter der Inflationsrate und berechtigte Lohnsteigerungen sind noch nicht einbezogen“, so Thien. „Wenn keine staatliche Instanz sich für uns einsetzt oder eine nette Millionärin etwas spendet, werden sich die Semesterbeiträge bis zum Sommersemester 2023 um zusammen etwa 25 Euro erhöhen.“
Weiteres Problem: Unterfinanzierung der Hochschulen
Dabei litten auch Studierende unter der hohen Inflation und den massiv gestiegenen Energiekosten. Und nun fahre die Stadt ihre Unterstützung immer weiter zurück. „Das Essen wird immer teurer, es gibt weniger Leistungen. Die Renovierung oder der nachhaltige Ausbau von Studierendenwohnheimen werden nicht staatlich subventioniert, was zu wenige und zu teure Wohnheimplätze zur Folge hat – die oft unmodern sind und deren Mieten dennoch über dem BAföG-Satz liegen.“
Ein grundsätzliches Problem sei nach wie vor die „allgemeine Unterfinanzierung der Hochschulen“, so die AStA-Vorsitzende. „Es werden Projekte abgeblasen oder verzögert, und Leistungen werden zurückgefahren.“ Umbauten wie die des Philturms oder des „Pferdestalls“ am Allende-Platz zögen sich lange hin. „Alle diese Probleme lassen sich lösen“, betont Thien. „Dafür müsste die Stadt ihre Studierenden nun etwas energischer unterstützen.“ Das Studierendenparlament hatte die Verteuerung des HVV-Semestertickets am Donnerstagabend abgelehnt – entgegen dem Vorschlag des AStA. Das dürfte die heutigen Verhandlungen mit dem HVV nicht einfacher machen, denn es geht auch um eine Erweiterung des Nutzungsgebietes.
In der Behörde von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ist man mit der Erhöhung des Semesterbeitrags offenbar auch nicht einverstanden. „Die Behörde und die Hamburger Hochschulen sind sich darin einig, dass eine Erhöhung des Semesterbeitrags aktuell nicht infrage kommt, um Defizite beim Studierendenwerk zu kompensieren“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. „Zu den aktuellen Herausforderungen ist die Stadt im engen Austausch mit dem Studierendenwerk, um Lösungen und Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen.“