Hamburg. Die Verordnung der Stadt läuft aus. Das müssen Patienten nun wissen, bei denen eine Hüft- oder andere planbare Operationen ansteht.
Patienten mit Schmerzen werden erleichtert sein: In den Hamburger Krankenhäusern können trotz steigender Corona-Infektionszahlen nun auch wieder „verschiebbare“ Operationen vorgenommen werden. Eine Ende November erlassene und mehrfach verlängerte Verordnung, nach der die Plankrankenhäuser sogenannte elektive oder Wahleingriffe aus Kapazitätsgründen verschieben müssen, läuft an diesem Sonnabend aus. „Es ist gut, dass nun in den Krankenhäusern wieder geplante Eingriffe stattfinden können“, sagte der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich, der Deutschen Presse-Agentur.
Wie viele dieser Operationen coronabedingt verschoben werden mussten, ist weder der Behörde noch der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG) bekannt. „Wie die einzelnen Krankenhäuser disponiert haben, welche Stationen oder OPs geschlossen wurden, um ausreichend Personal für die Intensivstationen und Covid-Stationen zur Verfügung zu haben, wurde nicht erhoben“, sagte HKG-Geschäftsführerin Claudia Brase.
Corona Hamburg: Wahl-Operationen wieder durchgeführt
„Die Krankenhäuser haben sich die gesamten strapaziösen Monate über zur Aufgabe gemacht, so wenige Einschränkungen für elektive Patienten wie möglich zu veranlassen, sodass im Sinne ,kommunizierender Röhren‘ so viel elektiv gearbeitet werden konnte, wie die Personaldecke es in Anbetracht der Covid-Belegung zuließ“, betonte sie.
Die elektiven Eingriffe wie Hüft- oder andere Gelenkoperationen seien keineswegs unwichtig, „sondern für die Lebensqualität und auch die medizinische Situation der Patienten oft von großer Bedeutung“, sagte Behördensprecher Helfrich. „Die Absage der Elektiveingriffe war deswegen ein weitreichender Schritt.“ Sie sei nötig geworden, um auch für akute Fälle eine Behandlungsmöglichkeit sicherzustellen. Dies sei in Hamburg jederzeit gewährleistet gewesen. „Zu keinem Zeitpunkt mussten Notfälle abgewiesen werden.“
Corona: Folgen bei verschobenen Wahl-OPs bedenken
Das UKE spricht von einer „geringeren Zahl an planbaren Operationen“, die man verschieben musste. „Dies betrifft beispielsweise Adipositasoperationen, die Hernienchirurgie, Operationen bei Kieferfehlstellungen oder bei gutartigen Diagnosen wie zum Beispiel Schilddrüsenfunktionsstörungen“, sagte Sprecherin Saskia Lemm. Asklepios erklärte, man habe zuletzt nur Eingriffe verschoben, die „medizinisch vertretbar“ gewesen seien. Die Situation unterscheide sich von Haus zu Haus.
Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik (AE) weist darauf hin, dass auch Patienten wegen möglicher Ansteckungsgefahr von sich aus Operationen aufgeschoben haben. Eine schmerzhafte Gelenkarthrose könne jedoch zu erheblichen Bewegungseinschränkungen führen, zu verkürzten Muskeln und einem Schaden für die Wirbelsäule. Diese Folgen müsse man bei immer wieder verschobenen Wahl-Operationen bedenken.
- Haspa-Chef erwartet bis zu sechs Prozent Inflation
- Immer mehr Hamburger träumen vom Leben auf dem Land
- Inzidenzwert im Kreis Stormarn steigt leicht auf 1130,5
Skepsis gegenüber Krankenhausaufenthalten sinkt
AE-Präsident Dr. Stephan Kirschner sagte dem Abendblatt, die Omikron-Welle habe eine neue Dimension in der Versorgung der Patienten mit Implantaten gezeigt. So seien Pflegekräfte zum Teil mehrfach mit dem Coronavirus infiziert gewesen und hätten in den Krankenhäusern gefehlt. Ohne sie könne man aber nicht operieren oder die Nachsorge der Patienten gewährleisten. Im Februar 2022 seien in Deutschland nach ersten Daten nur gut ein Drittel der üblichen Zahl an Implantaten eingesetzt worden (rund 13.000). Für die Patienten, die eine Operation mit einem Gelenkersatz herbeisehnen, bedeute das eine Verlängerung der Leidenszeit. „Die Schmerzen gehen ja nicht weg.“
Zu Beginn der Pandemie mag es noch Skepsis gegenüber einem Krankenhausaufenthalt gegeben haben. Seitdem jedoch die Impfkampagne laufe und die Patienten vollständig immunisiert oder sogar geboostert seien, gäben die Betroffenen ihre Zurückhaltung gegenüber einem Eingriff auf.
Engpässe wegen erkranktem Personal
Als die Verordnung erlassen wurde, lag die Zahl der coronapositiven Patienten in den Hamburger Krankenhäusern bei 196, davon wurden 50 intensivmedizinisch behandelt. Bis Ende Januar stieg sie auf 533 Patienten, von denen 75 auf Intensivstationen lagen. Seither entspannte sich die Lage: Derzeit werden knapp 400 Covid-Patienten in den Kliniken behandelt, die Zahl der Intensivpatienten hat sich im Vergleich zum Januar in etwa halbiert.
Zwar sei die Zahl der Patienten wegen der vielen Infektionen der vergangenen Wochen derzeit höher als vor dem Winter, sagte Helfrich. „Wir merken aber auch deutlich die Effekte einer hohen Impfquote: Von denen, die mit Corona im Krankenhaus liegen, sind bei Weitem nicht alle wegen der Infektion dort – sondern werden häufig aus anderen Gründen behandelt.“
Die hohen Infektionszahlen der vergangenen Wochen führten aber inzwischen aufgrund von erkranktem eigenen Personal in den Krankenhäusern wieder vermehrt zu Engpässen, sagte Brase. „Unter diesen Erschwernissen kehren die Krankenhäuser Schritt für Schritt zum ,Normalbetrieb‘ zurück.“