Hamburg. In der City demonstrieren auch am Sonntag wieder Tausende Menschen gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
Mit jedem Tag wird Putins Krieg gegen die Ukraine immer gewalttätiger und die Not der Menschen in dem Land größer. Die Solidarität mit dem osteuropäischen Land ist ungebrochen: Erneut sind in Hamburg heute Tausende Menschen bei einer Friedensdemonstration auf die Straße gegangen.
Der Verein Freunde der Ukraine sowie die Jugendorganisationen der Parteien hatten für Sonntag von 12 bis 15 Uhr zu einer Kundgebung unter dem Tenor "Frieden in der Ukraine – Sicherheit in Europa!" auf dem Jungfernstieg aufgerufen. Die Polizei registrierte rund 3000 Teilnehmer. Der Veranstalter und die Polizei rechneten zuvor mit rund 20.000 Teilnehmern.
Krieg in der Ukraine: Wie erklärt man es den Kindern?
Der sechsjährige Lasse sitzt auf den Schultern seines Vaters Jakob und hält ein Schild in die Höhe: eine Friedenstaube vor gelb-blauem Hintergrund. "Ich will mitbestimmen, dass Frieden ist", sagt er. In der Kita und mit seinem Vater habe er über den Krieg gesprochen. Er deutet auf ein Konterfei Putins, das auf einem Plakat zwischen Hitler und Stalin abgebildet ist. "Das ist der Mann, der die Ukraine überfallen hat", weiß er. Wie erklärt man seinem Kind den Krieg? "Das ist schwer", sagt IT-Experte Jakob. "Es gibt so viele Hiobsbotschaften. Es ist schwierig, sie zu vermitteln, ohne zu viel von der eigenen Angst zu zeigen."
Eindringlich schildert eine Sprecherin auf der Bühne die Situation in der Ukraine. "Ich habe sie nicht aus dem Internet, sondern von Freunden und Kollegen, die die umkämpfte Stadt Mariupol gerade erst verlassen haben." Die Sprecherin berichtet von Leichen auf den Straßen, die wegen des andauernden Beschusses nicht geborgen werden können, von Kindern, die ohne Arme und Beine im Krankenhaus liegen. Und von Menschen, die verhungern oder verdursten.
Menschen in der Ukraine flüchten über ein Minenfeld
Die Schwestern Olia und Katharina, die vor 15 Jahren aus der Ukrainer gekommen sind und heute ebenfalls an der Friedensdemo teilnehmen, können die schrecklichen Nachrichten bestätigen. "Wir haben heute morgen mit einem Freund telefoniert, der sich tagelang mit Nachbarn und ihren Kindern im Keller versteckt hat. Sie haben Regenwasser getrunken und darin die letzten Kartoffeln gekocht, und Ziegelsteine ins Feuer gelegt, um sich daran zu wärmen", berichten sie.
Heute früh sei der Freund mit acht Kindern ins Auto gestiegen und aus der Stadt geflohen – nicht über den dafür vorgesehenen Korridor, der unter Beschuss stand, sondern über ein Minenfeld. "Er sagte, sie hätten es riskiert, da sie andernfalls in Mariupol gestorben wären." Es sei gut gegangen, die Geflüchteten seien in einer sicheren Stadt angekommen.
Ukrainerinnen erzählen von ihrer Flucht nach Deutschland
Die Ukrainerinnen Olga und Anna sind aus Lübeck an den Jungfernstieg gekommen. Sei stammen eigentlich aus der Stadt Mykolayiv nahe Odessa im Süden der Ukraine. Anna arbeitet seit einem Monat in einer großen Lübecker Schifffahrtsgesellschaft. Die Firma habe ihr geholfen, gleich nach Kriegsausbruch Familienangehörige und Freunde aus der Ukraine zu holen, sagt sie. Olga ist mit ihnen zusammen mit dem Auto geflohen. Eine Woche dauerte ihre Reise über Moldawien und Polen bis nach Deutschland.
Olga und Anna waren schon bei der ersten großen Demo vor zwei Wochen in Hamburg. "Wir sind so dankbar für die Unterstützung, die wir erfahren", sagen sie. Auch sie wünschen sich, dass die Nato über der Ukraine eine Flugverbotszone einrichtet. "Aber wir verstehen auch das Dilemma, das eine solche Entscheidung bedeutet. Es ist aber das Einzige, das uns wirklich helfen würde."
Während Seifenblasen im Sonnenschein tanzen, erzählen sie Schreckensnachrichten aus ihrer Heimat. Und dass viele ihrer Freunde und auch Familienmitglieder, die in Russland leben, trotz Fotos und Berichte, die sie ihnen aus der Ukraine schicken, nicht an den Krieg und Putins Gräueltaten glauben.
Nach Hamburg sind die beiden jungen Frauen mit dem Zug gekommen. Ihre Tickets haben sie gekauft. Das Angebot der Deutschen Bahn, ukrainische Geflüchtete gratis fahren zu lassen, hätten sie angesichts der ohnehin schon so großen, auch finanziellen Unterstützung nicht annehmen wollen.
Friedensdemo in Hamburg: Teilnehmer versammeln an Alster
Kurz nach Beginn der Demonstration um 12 Uhr ist der Jungfernstieg gut besucht. Laut Polizei sind dort rund 3000 Demonstranten zusammengekommen. Über Lautsprecher läuft Musik, aus dem Gesang in einer fremden Sprache sind immer wieder das Wort Ukraine zu hören. Um halb eins ist die Menschentraube schon deutlich angeschwollen. Eine junge Frau schiebt einen Zwillingskinderwagen mit Ukraine-Aufklebern. Auf den Transparenten, die die Demonstrierenden hochhalten, ist zu lesen: „Stop War, We Want Peace“, „Smash Russion Facism“, „Russe sag Nein zum Krieg“ und „Close the Sky“.
Manche Teilnehmer sind in Regenbogenfarben gehüllt, andere schwenken die ukrainische Flagge oder Fahnen mit der Friedenstaube in die Luft.
Friedensdemo in Hamburg: Ruderer protestieren auf der Alster
Neben den zahlreichen Demonstranten am Jungfernstieg, haben sich auch Ruderer von acht Vereinen auf der Alster versammelt, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu demonstrieren. An einigen Ruderbooten ist die ukrainische Flagge angebracht, andere Sportler halten Transparente in die Luft. Darauf ist unter anderem "Stand with Ukraine" zu lesen.
Der Veranstalter hatte 20 Boote und 80 Ruderer für die Demo auf der Alster angemeldet. Um 11 Uhr waren mehr als 39 Boote mit 220 Demo-Teilnehmern von allen Hamburger Ruderclubs am Feeteich mit Flaggen und Transparenten auf dem Wasser. Die Frauen vom RV Teichwiesen hatten ihr Boot komplett in den Farben Blau und Gelb dekoriert.
Für einen Gänsehautmoment sorgte laut Organisator Gert-Rüdiger Wüstney vom Ruder-Club Favorite Hammonia eine Schweigeminute von den 220 Sportlern am Kriegerdenkmal an der Schwanenwik Bucht.
Rund anderthalb Stunden dauerte der Friedens-Bootskorso. Dabei wurden nach Angaben von Wüstney auch 2500 Euro an Spenden gesammelt. Das Geld soll 18 geflüchteten jungen ukrainischen Ruderinnen und Ruderern zu Gute kommen, die sich mittlerweile in Hannover aufhalten und vom Deutschen Ruderverband versorgt werden.
Krieg in der Ukraine: Lkw-Demo wegen hohen Spritpreisen
Auch der drastische Anstieg der Spritpreise erhitzte bereits am Sonnabend die Gemüter. Bei einer Demo unter dem Tenor "Hohe Treibstoffpreise" fuhren 250 Lkw in einem Konvoi von Bergedorf aus in die Hamburger Innenstadt und wieder zurück. "Es gab geringe Verkehrsbeeinträchtigen", sagte ein Sprecher des Lagedienstes der Polizei Hamburg. Der Konvoi hatte sich um 10.30 Uhr am Wilhelm-Iwan-Ring in Allermöhe in Bewegung gesetzt, um 12.51 Uhr war er bereits wieder beendet.
An den meisten Lastwagen waren Transparente angebracht. Auf diesen stand etwa „Systemrelevante Trucker brauchen faire Dieselpreise“ oder „Dieselabzocke: Ohne uns liegt dieses Land am Boden“.
Die Route der Lkw-Demo in Hamburg führte über:
- Amandus-Stubbe-Straße – Andreas-Meyer-Straße – Grusonstraße – Wöhlerstraße – Horner Rampe – Bergedorfer Straße – Eiffestraße – Anckelmannplatz – Spaldingstraße – Amsinckstraße – Deichtorplatz – Meßberg – Willy-Brandt-Straße – Ludwig-Erhard-Straße – Millerntordamm – Millerntorplatz – Reeperbahn – Königstraße – Pepermölenbek – Breite Straße – St. Pauli Fischmarkt – St. Pauli Hafenstraße – Bei den St. Pauli Landungsbrücken – Johannisbollwerk – Vorsetzen – Baumwall – Otto-Sill-Brücke – Hohe Brücke – Bei dem Neuen Krahn – Bei den Mühren – Katharinenkirchhof – Zippelhaus – Dovenfleet – Meßberg – Willy-Brandt-Straße – Deichtorplatz – Amsinckstraße – Spaldingstraße – Anckelmannplatz – Eiffestraße - Bergedorfer Straße – Horner Rampe – Wöhlerstraße – Grusonstraße – Andreas-Meyer-Straße – Amandus-Stubbe-Straße – Wilhelm-Iwan-Ring