Hamburg. Unser Genussexperte Gerd Rindchen über die Brasserie Tortue – gutes Essen im Hamburger Zentrum zu ambitionierten Preisen.

Zu den ambitioniertesten Bauprojekten im Hamburger Zentrum der letzten Jahrzehnte zählt die – weitgehend gelungene – Revitalisierung der Stadthöfe. Strahlender Mittelpunkt: der elegante Hotel-Restaurant-Komplex Tortue mit der gleichnamigen Brasserie als Flaggschiffrestaurant. Hier isst man ganz hervorragend, die Brasserie ist aber auch stets bemüht, durch ihre Preise zur Refinanzierung des beachtlichen Investitionsvolumens beizutragen.

Gastronomie Hamburg: An Butter nicht gespart

Günstigstes Gericht auf der Abendkarte ist eine köstliche Zwiebelsuppe (12 Euro). Freunde eines schlichten Blattsalates, veredelt immerhin mit mariniertem Gemüse und gerösteten Nüsschen, sind mit 17 Euro dabei – dafür heißt er aber auch „Salade à la Giselle“ Oh, là, là! Ziemlich klasse und aus erstklassigem Fleisch bereitet, gerät hier das Tartare de Boeuf (160 g inkl. Frites 32 Euro). Und auch die Weinbergschnecken (sechs Stück für 22 Euro) kann man kaum besser anrichten.

Unterhaltsam wird es in der eleganten, von angesagten Designer/-innen eingerichteten Lokalität, wenn man zwischendurch auf die Website schweift, die einige putzige Trouvaillen auf der nach oben offenen Schwafelskala (da bin ich ja Experte) bereithält: „Wir sind in der brasserie. Zum Licht, zum Esprit, zum schwebenden Sein.“ Ob man aber nach ein paar Vorspeisen, einem festlich bereiteten Châ­teaubriand à deux mit Sauce Béarnaise (63 Euro p. P.) oder dem sehr empfehlenswerten, geschmacklich beglückend intensiven Boeuf Bourguignon (33 Euro) aus in Rotwein geschmortem Pommerschen Rind mit sautierten Pilzen, Speck und dem gewichtigen Püree Tortue, bei dem, wie es sich geziemt, an Butter nicht gespart wurde, noch so am Schweben ist, sei mal dahingestellt.

Brasserie Tortue: Mittags wird es günstiger

Wer es gerne leichter oder mediterraner angeht, kann auf die beachtliche Seafood-Abteilung zurückgreifen: Hier lockt die längst zu Ruhm gelangte Bouillabaisse Tortue (36 Euro) mit Sauce Rouille und Brotchips, ein in schönster Speisekartenlyrik zum „Filet de Skrei sau­vage“ geadeltes Kabeljaufilet mit Blattspinat, Püree und Beurre blanc légere (37 Euro) oder das opulente „Plateau des fruits de mer“ mit ganzem Atlantik-Hummer, gekochten Garnelen, Fine-de-Claire-Austern, 20 g Imperial Caviar, Nordseekrabben, Ikarimi Rauchlachs und einem bunten Potpourri hausgemachter Dips (145 Euro für zwei). Zubereitungen und Zutaten sind durchweg ­tadellos.

Mittags wird es etwas günstiger, dann locken etliche Tagesgerichte für 20 bis 30 Euro. Die Weinkarte ist auch kernig kalkuliert, bietet aber einige brillante Tropfen mit akzeptablem Gegenwert, wie den 2020 Riesling „Alte Reben“ aus dem Oestricher Doosberg vom Rheingauer Spitzengut Spreitzer (58 Euro, ersetzt jedes Große Gewächs) oder den komplexen 2018 Chablis 1er Cru „Beauroy“ von Altmeister Alain Geoffroy (69 Euro). Zum guten Schluss geht die Website dem geneigten Gast noch mal tüchtig um den Bart und streichelt sein Ego: „Die Küche frischt sich auf zu einer innovativen Auswahl von deutsch inspirierten, französischen Gerichten. Hier holen Sie sich Ihren Schwung und Tagesimpuls. Seien Sie sicher: Die beste Spezialität sind Sie!“ Vor allem wenn die Kreditkarte genug hergibt ...