Kiel. Der schleswig-holsteinische Landtag will eine hochwertige und dennoch möglichst wohnortnahe Geburtshilfe im Norden. Doch was bedeutet das konkret - müssen noch mehr Entbindungsstationen schließen? Oder wird die Ausdünnung gestoppt?
Kurz vor einer Entbindung zählt jede Minute: Eine qualitativ hochwertige und möglichst gut zu erreichende Geburtshilfe in Schleswig-Holstein ist das Ziel aller Landtagsfraktionen. Nach einer streckenweise kontroversen Debatte beschlossenen die Abgeordneten am Freitag eine Reihe von Forderungen, die sich zum Teil an den Bund richten. Diese zielen zum Beispiel auf Verbesserungen im Vergütungssystem oder beim Betreuungsschlüssel.
Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) forderte vor dem Hintergrund der jüngsten Schließungen von Geburtshilfe-Stationen einen Paradigmenwechsel. "Die Ausdünnung durch die Ökonomisierung des Gesundheitswesens im letzten Jahrzehnt muss gestoppt werden", sagte sie. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) warf sie im Zusammenhang mit den Veränderungen am Klinikum Eckernförde und der dortigen Schließung der Geburtshilfe vor, er betätige sich nicht als Retter, sondern als Totengräber. Midyatli forderte mehr Einsatz des Landes. "Die Ausdünnung muss gestoppt werden."
Die CDU-Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann hielt Midyatli entgegen, sie politisiere das Thema. Die Ansprüche an die Geburtshilfe hätten sich verändert und auch die Ansprüche der Frauen. Es gebe wegen des höheren Durchschnittsalters von werdenden Müttern heute mehr Risikoschwangerschaften. Dabei wollten Schwangere maximale Sicherheit - und die gebe es nur in größeren Kliniken. "Die Frauen stimmen mit den Füßen ab," sagte Rathje-Hoffmann. In Eckernförde habe es nicht mehr genug Personal gegeben.
Marret Bohn (Grüne) forderte eine weitere Verbesserung bei der Unterstützung von Hebammen, damit diese zum Beispiel die Prämien für ihre Haftpflichtversicherungen tragen können. Anita Klahn von der FDP nannte eine wohnortnahe Versorgung essenziell. Es sei aber eine Frage von Finanzierung und Personal. Jette Waldinger-Thiering (SSW) widersprach der These, dass es zu wenig Ärzte und Hebammen in Eckernförde gebe. Mit der Verlagerung der Geburtshilfe nach Rendsburg werde die Fahrtzeit für viele Frauen zu lang. Auch der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer schloss sich der Forderung nach wohnortnaher Versorgung an.
Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, die Geburtshilfe stehe wegen Qualitätsvorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses vor großen Herausforderungen. Diese ließen sich nicht wegdiskutieren.
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