Hamburg . Chefarzt Professor Kemper erklärt: Meist verläuft die Covid-Erkrankung bei den Jüngsten mild – aber es gibt auch andere Fälle.
Wie gefährlich ist Corona denn nun für Kinder? „Man muss die Erkrankung absolut ernst nehmen, auch wenn sie bei Kindern erfreulicherweise in den meisten Fällen relativ mild verläuft“, mahnt Professor Dr. Markus Josef Kemper. Immerhin etwa 4000 an Covid erkrankte Kinder und Jugendliche seien bundesweit seit Beginn der Pandemie stationär behandelt worden, im „Kinder-Heidberg“ an der Asklepios Klinik Nord seien es rund 30 junge Patienten gewesen.
„Ja, etwa 40 Prozent davon waren Kinder mit Vorerkrankungen – aber die Mehrheit war eben kerngesund“, sagt der Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin. Die meisten Kinder seien mit Fieber und Atemwegssymptomen in die Klinik gekommen. „Manche haben auch eine leichte Atemhilfe benötigt.“
Hamburger Kinderarzt: Impfung auch für Kinder sinnvoll
Auch angesichts der möglichen Corona-Spätfolgen, Stichwort Long-Covid, empfiehlt der erfahrene Pädiater die Impfung auch schon für Kinder ab fünf Jahren. „Deutschlandweit haben wir bis jetzt bei Kindern knapp 1000 Fälle des Pädiatrischen Inflammatorischen Multiorgan-Syndroms, kurz PIMS, gesehen. Das ist eine Komplikation mit Fieber, Entzündungszeichen im Blut, Gefäßentzündungen und Hautausschlag, die sich meist etwa vier Wochen nach der Infektion zeigen kann.“
Dass die Ständige Impfkommission die Kinderimpfung bisher nur für Kinder mit Vorerkrankungen empfiehlt, verwundert den Kinderarzt. „Die Studienlage ist eindeutig. Und wir sehen ja, dass die Kinder, die ins Krankenhaus gekommen sind, alle ungeimpft waren. Das ist wie bei den Erwachsenen.“ Er könne verstehen, dass Eltern sich sorgten, aber: „Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren vertragen die Impfung anscheinend sogar noch besser als Jugendliche. Nachwirkungen sind äußerst selten.“
„Den Eltern rate ich immer: Erst einmal ruhig bleiben!"
Auch jenseits von Covid hat der erfahrene Kinderarzt schon fast jedes Krankheitsbild gesehen. „Im Winter haben wir natürlich viel mit den klassischen Infektionskrankheiten zu tun, im Sommer geht es mehr um Durchfall, aber auch um Fahrrad- und Skate-Unfälle.“ Und dann gebe es die Notfälle: Putzmittel getrunken, Omas Pillen probiert, eine Münze oder ein Legoteil verschluckt.
„Den Eltern rate ich immer: Erst einmal ruhig bleiben! Bei Atemnot natürlich bitte sofort den Notarzt verständigen. Bei der Münze ist es allerdings oft so, dass es gar nicht so dramatisch ist, wie es sich anhört. Meist kommt die von allein wieder raus. Wenn die Münze im Darm angekommen ist, können auch wir nicht viel machen.“ Bei kleineren Plastikteilen sei es schon gefährlicher. „Die machen akut vielleicht keine Beschwerden, können aber in die Lunge geraten und zwei bis drei Wochen später zu Problemen führen.“ Grundsätzlich sollten Eltern lieber einmal mehr als einmal zu wenig den Kinderarzt aufsuchen. Auch nach Stürzen.
Stürze aus dem Buggy kommen immer mal vor
„Da machen sich die Eltern meist Riesenvorwürfe, aber es kommt in jeder Familie vor, auch in meiner“, sagt der verheiratete Vater von drei erwachsenen Kindern lachend. „Ich habe meinen Sohn damals auch mal im Buggy geschuckelt, und er ist rausgepurzelt und hat geschrien.“ Das erzähle er betroffenen Eltern immer zur Beruhigung. Man sorge sich als Eltern meist wegen möglicher Kopfverletzungen. „Aber natürlich sollte man auch unbedingt abklären lassen, dass kein Ärmchen oder Beinchen gebrochen ist.“
Spezialisiert hat sich der Chefarzt, der mit vier Brüdern im Sauerland aufgewachsen ist und schon früh wusste, dass er Kinderarzt werden wollte, auf Nieren- und Harnwegserkrankungen bei Kindern. „Letztere sind gar nicht so selten, ein Prozent der Neugeborenen kommt zum Beispiel mit einer anatomischen Fehlbildung auf die Welt. Das sind also in Hamburg rund 250 Kinder pro Jahr“, sagt Professor Kemper, dessen Sohn auch betroffen war. Meist sei das gut kontrollier- und behandelbar.
Hamburger Kinderarzt erklärt, worauf es ankommt
„Wenn ein kleines Kind Fieber hat und man keine Ursache findet, gibt eben oft die Urinprobe Aufschluss, und man erkennt, dass es sich um einen Harnwegsinfekt handelt.“ Erhöhter Blutdruck sei oft ein Hinweis, dass etwas mit den Nieren nicht in Ordnung sei.
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Seinen Fachbereich möge er wegen der Vielseitigkeit. „Wir behandeln ja vom Neugeborenen bis zum jungen Erwachsenen viele Patienten mit ganz unterschiedlichen Erkrankungen.“ Ein guter Kinderarzt sollte ein hervorragender Beobachter sein. „Denn es ist ja so, dass die ganz kleinen Patienten noch gar nicht selbst sagen können, was wo wehtut. Sie weinen, aber bei der Abklärung ist man als Arzt dann erst einmal auf die Eltern angewiesen. Und auf die eigene Erfahrung“, sagt der Chef aus dem „Kinder-Heidberg“.