Hamburg. UKE-Forscherin berät eigene Mitarbeiter. Katharina Fegebank warnt vor Lockerungs-Euphorie – und macht Druck bei Impfpflicht.
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) warnt angesichts der Debatte um Lockerungen davor, die Einführung einer Impfpflicht zu vernachlässigen. Bereits ab dem 16. März soll diese im Gesundheitswesen gelten. „Zu der konkreten Ausgestaltung sind auf Bundesebene trotz dieses nahenden Datums aus meiner Sicht noch viele Fragen offen“, sagte Fegebank. „Und ich bin verwundert darüber, dass die Debatte über die allgemeine Impfpflicht im Bundestag nun erst im März stattfinden soll.“
Es gelte demnach, mit Nachdruck die weiteren Schritte zu einer allgemeinen Impfpflicht zu gehen – nicht nur in den sensiblen Bereichen in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sagte Fegebank. Die Politik auf Bundesebene sei gefragt, bei der Impfquote nicht nachzulassen. „Ich habe das Gefühl, dass das Momentum hier derzeit verpasst wird“, so die Zweite Bürgermeisterin. „Meine Sorge ist groß, dass die Vorfreude über das vermeintliche Ende der Pandemie und den ‚Freedom Day‘ das Thema Impfpflicht überlagert – und wir im Herbst oder Winter bei einer weiteren Virusmutation und den saisonalen Bedingungen wieder in eine sehr schwierige Lage kommen könnten.“
Corona: UKE will "Querdenker"-Mitarbeiter überzeugen
Wegen des schon bestehenden Mangels an Pflegekräften ist die Impfpflicht in Kliniken und Heimen ein zentrales Thema. Das UKE spricht von einer sehr guten Impfquote unter seinen Beschäftigten – etwa in der Notaufnahme liege sie sogar bei 100 Prozent. Dennoch befasse man sich seit Wochen intensiv mit der Impfflicht, wie der UKE-Vorstand und Direktor für Patienten- und Pflegemanagement Joachim Prölß bestätigt. „Wir haben allein im Bereich der Pflege rund 3500 Mitarbeitende. Wenn auch nur ein Prozent davon die Klinik wegen fehlenden Impfschutzes verlassen müsste, fehlen uns diese Mitarbeitenden sehr“, sagt Prölß.
Um die ungeimpften Mitarbeiter noch zu überzeugen, habe man deshalb weitere Angebote geschaffen und auch gezielt das Gespräch gesucht. „Wir wollen dabei nicht konfrontativ vorgehen. Es geht darum, die Beschäftigten mitzunehmen und Angst zu entkräften“, sagte Prölß.
Infektiologin Marylyn Addo berät Impfskeptiker im UKE
Dafür nutze man auch die bekannten Expertinnen und Experten aus dem eigenen Haus: So habe etwa die Infektiologin Prof. Marylyn Addo auch direkte Beratungsgespräche mit anderen Beschäftigen des UKE zu den Corona-Schutzimpfungen durchgeführt. „Wir haben ja herausragende Fachleute zu dem Thema. Und dieses Angebot wird auch angenommen.“
Auch der Pflegedirektor selbst begab sich demnach in Gespräche mit noch ungeimpften Beschäftigten. Seine Erfahrung: „Es gibt auch in einem Universitätsklinikum Menschen, die mit ihren Argumenten wohl der ‚Querdenker‘-Szene zuzuordnen sind. Überwiegend ist aber einfach Sorge und Angst – in allen bekannten Facetten“, sagte Prölß. Entsprechend schätzt er den Anteil jener Mitarbeitenden, die sich überhaupt nicht mehr mit Argumenten für die Impfung erreichen ließen, gering ein.
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Corona Hamburg: Pflegesituation in vielen Kliniken angespannt
Die Rückmeldung sei bislang positiv. Auch die neue Generation von Impfstoffen ohne mRNA helfe dabei, weitere Beschäftigte zu einer Impfung zu bewegen. „Ich bin und bleibe ein großer Befürworter der Impfpflicht“, sagte Prölß. Sie diene dem Schutz der Patienten wie der Beschäftigten. Von den bislang ungeimpften Beschäftigten werde vor jeder Schicht ein negatives Schnelltest-Ergebnis verlangt und Selbsttests dabei nicht akzeptiert. „Zudem gibt es eine regelhafte PCR-Testung“, so Prölß.
Die Pflegesituation ist in vielen Kliniken bereits angespannt. Im UKE fordern vor allem die Intensivpfleger einen besseren Betreuungsschlüssel. Eine Einigung darüber gibt es trotz Gesprächen mit der Klinikleitung noch nicht.