Hamburg. Stephan Liesegang ist neuer Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank. Ein Gespräch über den Aufstieg vom Auszubildenden zum Chef.

Er hat geschafft, wovon viele Menschen träumen: Stephan Liesegang (41) ist in dem Unternehmen, in dem er seine Ausbildung gemacht hat, zum Chef geworden. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht der Vorstandsvorsitzende der Sparda-Bank über harte Zeiten in der Schule, Kollegen, die ihn auf einmal siezen wollten – und über die Frage, ob er für einen Banker nicht zu lustig ist.

Das sagt Stephan Liesegang über …

… Lehrer, die ihm statt zwei Vieren
damals Fünfen in zwei Hauptfächern gegeben haben, und ihn damit
vom Gymnasium schickten:

„In der achten Klasse stand ich in diesen Fächern zwischen einer Vier minus und einer Fünf plus. Die Lehrerkonferenz wollte damals ein Signal setzen, und mir zeigen, dass ich unter meinen Möglichkeiten geblieben bin und hat mir zwei Fünfen gegeben. Ich bin dann auf eine Realschule gewechselt und habe mich da sehr angestrengt, um nach der zehnten Klasse wieder an mein altes Gymnasium zurückzukehren, es den dortigen Lehrern zu zeigen und mein Abitur mit meinen alten Mitschülern machen zu können. Das hat dann ohne weitere Probleme funktioniert. Ich bin aber nach wie vor der Überzeugung, dass ich die beiden Fünfen in der achten Klasse nicht verdient habe, ich glaube, ich habe sie bekommen, weil ich einmal zu oft offen meine Meinung gesagt habe. Die Art und Weise, wie man ganz schnell als junger Mensch aus einem System fliegen kann, hat mich aber nachhaltig schockiert. Das war hart damals.“

… seine Banklehre, die eigentlich
zu einer Großbank führen sollte:

„Ich hatte mich bei vielen Banken in Hamburg beworben, und das große Glück, von fast allen eine Lehrstelle angeboten zu bekommen. Ich wollte damals gar nicht zur Sparda-Bank, sondern zu einer anderen Bank, die mich auch haben wollte. Es war mein Vater, der mir riet, zur Sparda-Bank zu gehen, weil die, wie er sagte, aufstrebend sei und eine große Zukunft vor sich habe. Ich hatte die Bank damals nicht auf dem Schirm, kannte sie so gut wie gar nicht, bin aber trotzdem einmal mehr dem Rat meiner Eltern gefolgt. Sie hatten mir auch geraten, vor einem Jurastudium zunächst eine Banklehre zu machen. “

… die Frage, wie es ist,
als ehemaliger Azubi plötzlich
Vorstandsvorsitzender zu sein:

„Ehemalige Kollegen haben zu mir gesagt, dass man sich wirklich zweimal im Leben sieht, und man zu Auszubildenden immer nett sein sollte, weil sie eines Tages Chefs werden können … Überrascht war ich, dass mich viele, mit denen ich mich seit Langem geduzt habe, in der neuen Rolle gefragt haben, ob sie mich jetzt siezen müssten. Das war eine Frage, die ich mir überhaupt nicht gestellt habe. Trotzdem bist du als Vorstand aus den Gesprächen, bei denen du früher wie selbstverständlich dabei warst, auf einmal raus, aber das ist auch in Ordnung so. Ich war ja drei Jahre stellvertretender Vorstandsvorsitzender und bin von daher mit der Perspektive gut vertraut.“

… die Karriereziele, wenn man mit 41
in seiner Bank bereits ganz oben ist:

„Jetzt muss ich meine neue Position erst einmal mit Leben füllen. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, schon alles erreicht zu haben, es fängt gerade erst an. Und ich kann mir wirklich vorstellen, diesen Job bis zu meinem Ruhestand zu machen. Es fügt sich alles. Ich bin ein Herzensmensch, hänge an dieser Bank und an der Belegschaft, arbeite sehr gern in der Stadt Hamburg. Und ich finde es immer gut, wenn man langfristig denken und zum Beispiel die nächsten zehn Jahre in dem Bewusstsein entwickeln kann, dass man selbst zu diesem Zeitpunkt noch im Job ist und Verantwortung trägt für das, was man geplant hat. Es ist etwas anderes, wenn man als Vorstand eine Strategie aufsetzt und weiß, dass man an deren Endpunkt längst im Ruhestand ist. Deshalb ist es ein Vorteil, dass ich relativ jung, mit 41, Vorstandsvorsitzender geworden bin. Das finde ich für die Unternehmung, aber auch für mich gut.“

… die Frage, ob er als Typ
nicht zu lustig für eine Bank ist:

„Mir sagen viele nach, dass ich vom Typ her gar nicht in eine Bank passe, weil ich mit meiner humorvollen und offenen Herangehensweise nicht unbedingt dem Klischee eines Bankers entspreche. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht weiß, wie das Geschäft funktioniert, und nicht die nötige Ernsthaftigkeit und Professionalität dafür hat. Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass es hilft, wenn man erstens über sich selbst lachen kann und zweitens auch Herausforderungen mit einer gewissen Leichtigkeit gegenübertritt. Der „Patriarch“, den man aus früheren Bankenzeiten kannte und vielleicht hier und dort noch kennt, wird sowieso bald der Vergangenheit angehören. Wobei ich zugeben muss, dass ich zu denjenigen gehört habe, die sich Banker ohne Krawatten nicht vorstellen konnten. Inzwischen trage auch ich keine mehr.“