Hamburg. Wirtschaftliche Lage angespannt – auch wegen Sperrstunde. Kritik an versteckten Bedingungen für Gelder. Finanzbehörde wehrt sich.
Lockdowns, Zutrittsbeschränkungen, Sperrstunde: Die Gastronomie ist besonders hart von den Corona-Einschränkungen betroffen. Während der Betrieb noch immer unter den aktuellen Maßnahmen leidet, müssen sich viele Barbetreiber nun zusätzlich um die Rückzahlung der Corona-Hilfen kümmern. „Ich habe einen Bescheid über eine Rückzahlung von 9000 Euro bekommen, obwohl ich der Annahme war, dass ich die Hilfe in Gänze behalten darf“, sagt Eike Wulf, Betreiber der Kult-Kellerkneipe Mutter an der Stadtteilgrenze von St. Pauli und Sternschanze.
Im Jahr 2020 sei die Soforthilfe unbürokratisch und schnell ausgezahlt worden – in diesem Fall 9000 Euro vom Bund, 5000 von der Stadt. Was viele nicht wussten: Das Geld war an Vorgaben geknüpft. Diese hätten bei der Beantragung jedoch nur im Kleingedruckten gestanden, kritisiert Wulf. So zum Beispiel, dass die Auszahlungen überprüft und gegebenenfalls verzinst zurückgezahlt werden müssen.
Corona Hamburg: Hilfen wurden zurückgefordert
„Ich war in Panik, als der erste Lockdown kam und wir auf einmal geschlossen wurden“, erinnert sich der 55-Jährige. „Es war unklar, wie wir die Miete zahlen sollen und ob die Fixkosten übernommen werden. In dieser Situation mussten wir die Anträge stellen. Auf Grundlage eines Gesetzes, das schlecht geschustert war.“
Ein Brief zur Legitimationsprüfung sei bei ihm nicht angekommen, sagt der Barbetreiber. Ein Jahr später habe er einen weiteren Brief erhalten, in dem er aufgefordert wurde, die Gesamtsumme von 14.000 Euro zurückzuzahlen. „Die Begründung war, dass nicht festgestellt werden konnte, dass es uns gibt. Dabei wären nur zwei Klicks im Internet nötig gewesen, um unsere Identität nachzuweisen“, sagt Wulf.
Fixkosten mussten trotz Schließung gezahlt werden
Zuzüglich der Verfahrenskosten, fünf Prozent Zinsen und Steuern, auf die Summe, die er behalten darf, blieben ihm nur noch rund 4000 Euro. „Für drei Monate, in denen wir fast komplett geschlossen waren und Fixkosten für Miete, Strom und Wasser zwischen 10.000 und 11.000 Euro hatten.“
Im Mai 2020 habe die Bar zudem über einen T-Shirt-Verkauf 3000 Euro eingenommen, die nun ebenfalls als Einnahmen von der Soforthilfesumme abgezogen worden seien. Ebenso die Einnahmen aus dem Wiedereröffnungsmonat im Juni 2020, die aufgrund geltender Beschränkungen nur bei einem Viertel der sonst üblichen Höhe gelegen hätten. „Es war mir behördlich untersagt, mein Gewerbe zu betreiben, und am Ende beteiligt sich die Stadt daran, dass der Vermieter 100 Prozent Miete bekommt und ich mich verschulden muss.“
Finanzbehörde wehrt sich gegen Vorwürfe
Wie Wulf kritisieren auch viele weitere Betreiber, die dem Barkombinat angehören, die Rückzahlpraxis. Laut der kommissarischen Vorständin Constanze Lay sei rund ein Drittel der knapp 60 Bars, die dem Verein angehören, betroffen. Lay selbst müsse sogar die beantragte Grundsicherung zurückzahlen, da ihr die Corona-Hilfen als Einkommen angerechnet worden seien – „dabei waren die Corona-Hilfen ja als reine Wirtschaftshilfe gedacht“.
Die Finanzbehörde weist den Vorwurf zurück. „Wir sind kraft Bundesgesetzes gegenüber dem Bund und den Rechnungshöfen gesetzlich dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass die Hilfen regelkonform eingesetzt werden – das ist keine Schikane, sondern gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die das letztlich finanzieren, auch geboten“, sagt Behördensprecher Claas Ricker.
„Die Fixkosten wurden teilweise übernommen"
Zudem gebe es in Hamburg die Möglichkeit zur Stundung. „Wir wollen diejenigen, denen wir 2020 mit der Soforthilfe geholfen haben, nicht in eine neue Notlage stürzen. Nach vielen Gesprächen mit Betroffenen haben wir uns bereits im letzten Herbst zu einem weiteren Entgegenkommen beim Rückmeldeverfahren entschieden: Stundung bis Ende 2022 und anschließend Ratenzahlung bis Ende 2024“, sagt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
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„Die Fixkosten wurden teilweise übernommen, aber ich muss doch auch noch Geld haben, um beispielsweise meine Krankenkasse zu zahlen. Die Betreiber kommen in der Berechnung überhaupt nicht vor“, sagt Barbetreiber Wulf. Die Stundungsmöglichkeit sei dabei keine große Hilfe. „Ich bin mir sicher, dass ich bei den geltenden Auflagen in diesem Jahr kein Plus von 10.000 Euro erwirtschaften werde.“ Und die Sorge bleibt, dass noch weitere Rückzahlaufforderungen für die von Wulf betriebene Kitty Bar im Karoviertel folgen.
Corona Hamburg: Spenden für Gastronomen
Einziger Hoffnungsschimmer sei die Treue der Kneipenbesucher, die über eine Spendenkampagne bei Betterplace 10.000 Euro für die „Mutter“ gespendet haben, was Eike Wulf und Co-Betreiber Knut Harms die Möglichkeit zur Rückzahlung gibt. „Du kriegst ganz viel Liebe. Das motiviert mich, weiterzumachen.“