Hamburg. Als Schulleiterin und Mutter ist Amelie Meyer-Marcotty ständig im Pandemie-Modus. Sie richtet einen dringenden Appell an die Politik.
Bloß keine pandemiebedingten Schulschließungen mehr, keine Verlängerung der Weihnachtsferien, das sagt Amelie Meyer-Marcotty, Leiterin der katholischen Katharina-von-Siena-Schule in Langenhorn. „Solange wie es möglich ist, sollten die Schulen offen bleiben. Die Schüler brauchen Struktur und die Sicherheit der Schule.“ Das fordert auch die Hamburger Elternkammer. Diese lehnt eine Verlängerung der Weihnachtsferien zur Eindämmung der sich ausbreitenden Omikron-Variante ab.
Seit fast zwei Jahren leistet Schulleiterin, Lehrerin und Mutter Amelie Meyer-Marcotty Außergewöhnliches, weil sie dafür sorgt, dass Kollegen, Eltern und Kinder so gut wie möglich aufgefangen werden. Sie ist keine, die jammert. Im Gegenteil: Sie könne viel ab, sagt sie. Und doch bringt die Pandemie auch zupackende Frauen wie sie an ihre Grenzen. Das Abendblatt traf die Schulleiterin und ihren neunjährigen Sohn Arthur zum Gespräch.
Corona an Schulen in Hamburg: „Lockdowns sind ätzend“
Auch Arthur würde sich über längere Weihnachtsferien kaum freuen. Denn: „Lockdowns sind echt sehr ätzend“, sagt Artur. Er war in der dritten Klasse, als die Coronapandemie im März 2020 Deutschland erreichte. Seitdem ist viel passiert. Bekamen die Grundschüler zunächst ihre Materialien noch zum Abholen an der Schule bereitgestellt, hat sich mit der Digitalisierung alles vereinfacht. Schule und Unterricht ist das eine.
Das haben Arthur und die meisten seiner Mitschüler gut hinbekommen – die aktuellen Lernstandserhebungen jedenfalls haben kaum Defizite ergeben. Natürlich hatte Arthur auch die Hilfe seiner Mutter, die sich als Schulleiterin und Lehrerin mit dem Unterrichtsstoff auskennt.
„Der Sport im Verein hat mir sehr gefehlt“
Aber die Lockdowns haben ihm zu schaffen gemacht. In der Zeit konnte er nicht zum Fußball- und Tennistraining. Arthur ist sportbegeistert, hat vier Mal die Woche Training: „Der Sport im Verein hat mir sehr gefehlt.“ Zu schaffen macht dem Grundschüler die Gesamtsituation, auch ohne Lockdown. „Corona ist anstrengend. Ich muss die ganze Zeit Maske tragen, mich ständig testen lassen. Einmal hatte ich davon Nasenbluten. Das ist echt blöd. Ich will, dass das endlich aufhört.“
Arthur nimmt das alles mit, vor allem seitdem er eine Infektion hatte. Im November wurde die Präsenzpflicht an der Langenhorner Grundschule ausgesetzt, da 26 von 367 Kindern sich mit Corona infiziert und viele außerdem ihre Familienmitglieder angesteckt hatten. „Corona war schlimm, und dann habe ich auch noch Mama und Papa angesteckt. Ich hatte 39 Grad Fieber und war schlapp.“ Seine Mutter, kurz vor den ersten Krankheitssymptomen geboostert, war eine Woche lang krank.
Digitalisierung durch Corona vorangetrieben
Die Schulleiterin hat in den vergangenen fast zwei Jahren viel gestemmt: Schulschließungen, Homeschooling, Hybridunterricht, Maskenpflicht an der Schule, die Etablierung und Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. Sie ist verantwortlich für 367 Schüler und 50 Pädagogen am Vor- und Nachmittag, dazu die Sorgen und Bedürfnisse der Eltern. Was Corona wenigstens vorangetrieben habe, sei die Digitalisierung an den Schulen. Ansonsten sind zwei Jahre Pandemie zermürbend.
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„Man fühlt sich wie in einer Zeitschleife, das ist bedrückend und echt hart.“ Damit beschreibt Frau Meyer-Marcotty, wie sich wohl die meisten fühlen. Es sei diese Grundanspannung, die allgegenwärtig ist. Dazu kommen ständig neue Bestimmungen und Vorgaben. „Mein Team hat Großartiges geleistet, und die Eltern haben mehr Respekt vor unserem Beruf.“ Auch das sei eine Folge von Corona. Der Zusammenhalt zwischen Schulleitung und dem Kollegium sei stark, und auch das Miteinander mit den Eltern funktioniere gut.
Corona Hamburg: Quarantäne ist eine enorme Belastung
Wie so viele andere muss auch Frau Meyer-Marcotty den Spagat zwischen Mutter und ihrer Vollzeitarbeit schaffen. „Das System muss laufen“, sagt sie. Ein System, das fragil ist. „Immer, wenn man denkt, jetzt läuft es, kommen positive Testungen und Klassen, die in Quarantäne geschickt werden müssen.“ Und Quarantäne, das hat sie mit ihrer Familie ja gerade selbst durchgemacht, sei eine enorme Belastung, gerade für Kinder. Auf dem Seelenheil der Kinder, darauf müsse jetzt der Fokus liegen, sagt sie. „Es ist nicht das Lernen, das zu kurz kommt. Wir müssen die Kinder im kommenden Jahr stärker beobachten, auch die, die gut sind in der Schule.“
Und ihr eigenes Empfinden und Seelenheil? „Es ist anstrengend, schlafen ist schwierig. Ich kann viel einstecken, aber es ist nicht gut.“ Alle seien erschöpft und müde. Wenn es ihr nach ihrer Coronainfektion besser geht, wird sie wieder mit ihrer Freundin laufen gehen, Krafttraining machen. „Ich habe zum Glück einen großen Freundes- und Familienkreis.“ Weihnachten haben sie zu dritt im kleinen Kreis gefeiert. Die Familie in anderen Städten zu besuchen, mache ja derzeit keinen Sinn.