Hamburg. Malte Brauer und Malte Stübinger sind das erste Väter-Paar, das in Hamburg ein Kind über den klassischen Adoptionsweg angenommen hat.

Sie wählten den klassischen Weg: erst heiraten, dann Kinder kriegen. Bis zur Erfüllung des Kinderwunsches dauerte es vier Jahre, eine Zeit, die das männliche Paar Malte Brauer und Malte Stübinger bestens genutzt hat – für Interviews mit der Behörde, das Ausfüllen vieler Formulare sowie Essays und tiefgehende Gespräche über die Vorstellung von Erziehung, den gemeinsamen Lebensentwurf, die Zukunft als Familie eben. Denn der Digital-Experte und der Jurist sind vor zweieinhalb Jahren Eltern eines kleinen Mädchens geworden.

Damit sind sie das erste männliche Paar, das in Hamburg ein Kind über den klassischen Adoptionsweg aufgenommen hat. Im Familienpodcast „Morgens Zirkus, abends Theater“ geben sie Einblicke in den Adoptionsprozess und ihren Alltag. Der – um es einmal vorwegzunehmen – ebenso wie überall in jungen Familien geprägt ist von schlafarmen Nächten, Kekskrümeln, vollen Windeln und süßen Versprechern.

Adoption in Hamburg: Der Prozess ist „sehr intensiv“

Den Adoptionsprozess haben die beiden übrigens nicht als belastend empfunden, allerdings „sehr intensiv“, wie Malte Stübinger erklärt. „Im Prinzip reflektierst du dein Leben ab den frühkindlichen Prägungen, eine ganz schöne In­trospektive“, sagt er, der mit der Sach­bearbeiterin stundenlang zusammensaß und sprach. Grundsätzlich waren wir „total positiv überrascht, hatten damit gerechnet, dass Leute die Augenbraue hochziehen oder man subtil das Gefühl hat, dass die Leute das nicht so cool finden – bei uns war es jedoch rundum positiv“, so Stübinger.

Dann waren sie in der Kartei, was warten bedeutet. Doch schon nach wenigen Monaten kam ein Anruf. „Wir sollten uns am Wochenbeginn auf zur Behörde machen“, erzählt Brauer, „am Telefon wollte die Frau uns aber noch nicht sagen, warum. Da lag ein entspanntes, langes Pfingstwochenende vor uns“, sagt Brauer ironisch und Stübinger ergänzt: „Wir hatten durchgehend einen Puls von 180.“

„Plötzlichpapas“: Sie berichten vom Familienalltag

Ausnahmsweise hatte das Paar bereits am Dienstag vor der Geburt erfahren, dass am Donnerstag ihr Baby auf die Welt kommt. „Dann haben wir den Onlinehandel leer geshoppt und hatten Glück, dass viele heterosexuelle Freunde gerade in der gleichen Situation waren und ein Kind erwarteten und wir auf die Schwarmintelligenz gesetzt haben“, sagt Stübinger. Innerhalb von wenigen Tagen war das Kinderzimmer eingerichtet, der Autositz gekauft, die Elternzeit beantragt und sogar eine Hebamme gefunden. Das Leben zu dritt startete.

Und auch bei Malte und Malte plus Babymädchen stand zu wenig Schlaf, viel Liebe und noch mehr Unordnung auf dem Programm. Das zeigen die beiden auch auf Instagram auf ihrem Account „plötzlichpapas“ – hier halten sie die Entwicklung ihrer „kleinen Chefin“ in Bildern fest – für jeden, den es interessiert.

Familie lebt halb an der Ostsee, halb in Eimsbüttel

Jedoch, ein bisschen erzieherischer Anspruch ist auch dabei, wie Malte Brauer sagt: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Sprung von ,ja, du bist schwul, und das ist in Ordnung‘ bis hin zu ,zwei schwule Männer erziehen ein Kind‘, ein riesiger ist. Das ist dann doch nicht in Ordnung. Deshalb war es mir ein Anliegen zu dokumentieren, es ist sogar langweilig bei uns. Natürlich teilen sich Rollen anders auf als in einem Backrezept für eine heterosexuelle oder heteronormative Familie, aber am Ende fällt doch alles an seinen Platz.“

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Mit Sätzen wie diesen machen die beiden Papas die Leichtigkeit deutlich, mit der sie ihre Lebensform ausfüllen. Durch Corona-Krise und Lockdown hat es sich so ergeben, dass die kleine Familie ihre Zeit in Hamburg ebenso wie in ihrer Ostseewohnung verbringt.

„Ein 10.000-Seelen-Ort“, sagt Stübinger, „wir sind da bekannt wie ein bunter Hund und sind sicher Thema bei jeder Kirchenratssitzung, aber die Leute sind offen und freundlich.“ Das sei nicht selbstverständlich, gerade weil die anderen Bewohner eher älter seien und es wenig Kinder gebe. Ein Satz einer 80-Jährigen am Rollator à la „da ist ja meine kleine Familie“ tue besonders gut.

Ihre Tochter erziehen sie selbstbewusst

„Hier in Eimsbüttel ist es unkompliziert, da gehst du drei Häuser weiter und hast die nächste Regenbogenfamilie“, sagt Brauer und lacht. Eigentlich sei es so einfach: „Wir sind die Eltern von dem Kind. Punkt.“Die „links-grüne Bubble“, in der sie lebten, mit jungem, offenem Stadtteil und Kita in der Schanze, mache es leichter. Jedoch: Brauer hat ein dickes Fell, er kann „wegignorieren“, Stübinger „wirft einen Giftblick zurück“, versucht aber auch, es nicht so stark an sich heranzulassen, wenn jemand etwas in seinen Schal nuschelt.

„Papa“ und „Papi“ – die Zweieinhalbjährige hat die Bezeichnungen für ihre Väter selbst gewählt – ist bei der Podcast-Aufzeichnung dabei, da sie nachts wenig geschlafen hatte und kita-frei machte. „Wir wollen ihr natürlich nicht vermitteln, dass es rechtfertigungsbedürftig ist, wie unsere Familienkonstellation ist“, sagt Stübinger. „Es werden die Momente kommen, in denen sie gehänselt wird oder heraussticht, wenn sie in der Schule nicht mehr in einer vorsichtig kuratierten Bubble unterwegs ist, da haben wir uns auch Gedanken dazu gemacht.“

Deshalb wollen die beiden vormachen, wie es geht, für sich einzustehen. „Was bei dem einen die zwei Kilos zu viel sind oder die schiefen Zähne, mit denen Kinder andere Kinder aufziehen, sind es bei ihr dann die beiden Papas“, meint Stübinger, und Brauer ergänzt: „Darauf ist unsere Erziehung deshalb angelegt: Sie selbstbewusst zu erziehen.“