Hamburg. Studie ermittelt zusätzlichen Mitarbeiterbedarf für den Hamburg-Takt. Personalkosten steigen jährlich um 55 Millionen Euro.

Wenn noch mehr Hamburger bis zum Jahr 2030 vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen sollen, dann müssen Hochbahn, die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) und die S-Bahn-Hamburg in den nächsten Jahren personell aufrüsten. Doch noch ist nicht absehbar, woher Tausende zusätzliche Fahrer kommen sollen. Dieses Ergebnis zieht eine Studie von wmp Consult im Auftrag des Ver.di-Landesbezirks Hamburg und der Hamburger Friedrich-Ebert-Stiftung, die am Donnerstag offiziell vorgestellt wird.

Bereits 2018 hatte der Hamburger Senat eine Verkehrswende auf den Weg gebracht, die den ÖPNV deutlich ausbaut. Der Kern: Bis 2030 sollen alle Hamburger von jedem Ort der Stadt aus innerhalb von fünf Minuten ein öffentliches Nahverkehrsangebot erreichen können. Das ist der sogenannte Hamburg-Takt. Damit sollen innerhalb eines Jahrzehnts 50 Prozent mehr Fahrgäste für den öffentlichen Nahverkehr gewonnen werden und so der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr von heute 22 Prozent auf 30 Prozent bis 2030 erhöht werden. Neue S-Bahnen und Busse sind zum Teil schon bestellt – doch was ist mit den Fahrern und Fahrerinnen?

Verkehr Hamburg: Hochbahn, VHH und S-Bahn Hamburg suchen Mitarbeiter

Bei den drei größten Hamburger Nahverkehrsunternehmen Hochbahn, VHH und S-Bahn Hamburg arbeiten zusammengerechnet aktuell rund 10.000 Beschäftigte. Dieser Personalbestand muss um rund 43 Prozent aufgestockt werden. Insgesamt sind 4260 zusätzliche Fahrer innerhalb eines Jahrzehnts nötig. Zu diesem Ergebnis kommt die wmp-Consult-Studie, wenn man den Erweiterungsbedarf und den Ersatzbedarf für ausscheidende Mitarbeiter zusammenrechnet. „Themen der Personalgewinnung, Finanzierung steigender Personalkosten und Gewährleistung guter Arbeit in den Hamburger Nahverkehrsunternehmen sind bisher kein Bestandteil der Diskussion über den Hamburg-Takt“, sagt Dietmar Molthagen von der Hamburger Friedrich-Ebert-Stiftung. Das müsse sich angesichts der hohen Bedeutung der Beschäftigten für das Gelingen des Hamburg-Takts ändern.

Neue S-Bahnen und Busse sind zum Teil schon bestellt – doch was ist mit den Fahrern und Fahrerinnen?
Neue S-Bahnen und Busse sind zum Teil schon bestellt – doch was ist mit den Fahrern und Fahrerinnen? © imago/Jürgen Ritter

Den größten Personalbedarf hat die Hamburger Hochbahn mit allein 1160 zusätzlichen Busfahrern und 30 weiteren Lokführern, um den zusätzlichen Bedarf abzudecken. Die VHH benötigen 633 zusätzliche Busfahrer. Denn im Rahmen des sogenannten Hamburg-Takts sollen bis Ende des Jahrzehnts 750 zusätzliche emissionsfreie Busse für Hochbahn und VHH angeschafft werden. Der Bedarf an Lokführern bei der Hochbahn bleibt überschaubar, da weitere Verdichtungen im Bestand kaum umsetzbar sind und die neue Strecke U 5 ohne Fahrer betrieben werden wird.

Allein für die S 4 hat der Senat 35 Bahnen bestellt

Anders sieht es bei der S-Bahn Hamburg aus, weil sich die gefahrene Kilometerleistung in Zukunft etwa verdoppeln wird. Dazu tragen im Wesentlichen sowohl die Streckenverlängerung der S 21 und die neue Linie S 4 als auch die geplante Taktausweitung bei den Linien S 11 und S 2 bei. Insgesamt wird die S-Bahn Hamburg ab 2024 über 258 S-Bahnen verfügen. Das sind 64 S-Bahnen mehr als 2021 (194). Allein für die S 4 hat der Senat 35 Bahnen bestellt. Damit benötigt die S-Bahn Hamburg 175 zusätzliche Lokführer. Zusammen mit den Busfahrern liegt der zusätzliche Personalbedarf bei rund 2000 Mitarbeitern. Das führt zu zusätzlichen Personalkosten in Höhe von 55 Millionen Euro pro Jahr. Die Differenz zu den insgesamt erforderlichen 4260 Fahrern ergibt sich aus dem Ersatzbedarf für aus Altersgründen ausscheidende Mitarbeiter. Besonders hoch ist der Bedarf bei der Hochbahn Hamburg, wo 45 Prozent der Mitarbeiter 55 Jahre und älter sind.

Nach Einschätzung der Studienautorinnen Judith Beile und Katrin Schmid wird es vor allem schwierig, neue Busfahrer zu gewinnen. „Die Sicherheit, bei einem städtischen Unternehmen angestellt zu sein, kann aus Sicht der Beschäftigten die Belastungen in den Fahrdiensten oftmals nicht mehr aufwiegen“, schreiben sie. Schmid sieht als Stellschrauben für attraktivere Arbeitsplätze „in einer der teuersten Städte Deutschlands das Gehalt, eine familienbewusste Gestaltung von Arbeitszeiten und ein Ausgleich für Schichtdienste“ an.