Hamburg. Der Wert stieg erstmals über 200. Auch bei den Fallzahlen wurde ein Negativrekord aufgestellt. Empörung über Spahn-Ansage zum Impfen.

Die Corona-Lage in Hamburg eilt von einem Negativrekord zum nächsten. Am Sonnabend wurden mit 839 Neuinfektionen so viele Fälle vermeldet wie nie zuvor seit Pandemie-Beginn. Der bisherige Rekord lag bei 721 Fällen und war erst am Mittwoch regis­triert worden. Am Sonntag setzte sich der Trend fort: 565 Neuinfektionen waren zwar deutlich weniger als Sonnabend – das ist in der Regel so, weil sich am Wochenende weniger Menschen testen lassen –, dafür aber der höchste je an einem Sonntag registrierte Wert. Am letzten Tag der Vorwoche hatte es 362 Neuinfektionen gegeben.

Dementsprechend stieg die Inzidenz, also die Anzahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen: Lag sie am Freitag bei 189,5, übersprang sie am Wochenende erstmals überhaupt die 200er-Marke und wurde am Sonntag mit 209,2 angegeben. Trotz dieser Entwicklung steht Hamburg noch vergleichsweise gut da: Außer in Schleswig-Holstein (Inzidenz 134,5), Niedersachsen (159,6) und Bremen (165,5) ist die Lage in allen anderen Bundesländern schlechter, in Sachsen betrug die Inzidenz zuletzt 862, in Bayern 644 und bundesweit lag sie bei 372.

Corona Hamburg: 49 Patienten auf Intensivstationen

Anders als im Süden und Südosten der Republik, wo viele Kliniken am Rande ihrer Kapazitäten sind, schlagen sich die Infektionszahlen in Hamburg noch nicht so stark in den Krankenhäusern nieder. Die Zahl der Covid-19-Patienten in den Kliniken wurde von der Stadt am Freitag mit 193 angegeben, darunter 49 auf Intensivstationen. Während diese Daten über das Wochenende nicht aktualisiert wurden, zeigten die stets aktuellen Angaben des Divi-Intensivregisters, dass es relativ wenig Bewegung gab: Demnach wurden am Freitag 50 Covid-Patienten auf Intensivstationen behandelt, am Sonnabend 48 und am Sonntag 52. Die Zahl der mit oder an einer Corona-Infektion gestorbenen Hamburger erhöhte sich um drei auf 1868.

Unterdessen hat die überraschende Ansage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), zunächst vorrangig den Impfstoff von Moderna statt den von Biontech einzusetzen, in Hamburg für Empörung gesorgt. Die Wochen im Voraus geplanten Impftermine seien auch auf einen bestimmten Impfstoff gebucht, warnte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Walter Plassmann. Bleibe es bei der „Hauruckaktion von Spahn“ würden die Impfzahlen „spürbar zurückgehen“.

Nur 30 Biontech-Dosen pro Woche und Arzt

In den kommenden Wochen, heißt es in dem Brief, sollen niedergelassene Ärzte pro Woche 30 Dosen (fünf Vials) an Biontech bestellen dürfen. Impfzen­tren und mobile Teams dürften 170 Vials ordern. Für die Haus- und Impfärzte in Hamburg ist das ein Schlag ins Gesicht. Noch am Freitag hatte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hervorgehoben, welch große Bedeutung den Praxisärzten in der Impfkampagne zukomme.

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Und von einer Biontech-Knappheit kann in Hamburg offenbar bislang nicht die Rede sein. Die Sozialbehörde erklärte, es sei entsprechend geplant worden, „um möglichst für alle das korrekte Angebot vorhalten zu können“. Leonhard sagte dem Abendblatt, es sei eine große Aufgabe, mehr Menschen von einer Impfung zu überzeugen und gleichzeitig zu boostern, dafür brauche es die zielstrebige Zusammenarbeit aller Beteiligten, von der Arztpraxis bis in die Hauptstadt: „Was wir nicht brauchen können, sind nicht nachvollziehbare, kurzfristige politische Kurswechsel.“

Hamburger Arzt sieht „hohen Erklärungsbedarf"

Der frühere Hamburger Hausarzt und heutige Vizevorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Stephan Hofmeister, erklärte, dass Biontech-Kandidaten jetzt wohl Moderna erhielten. Beide Impfstoffe seien zwar gleichwertig, „trotzdem wird es hohen Erklärungsbedarf geben, der wertvolle Zeit bindet, die für das Impfen dann fehlt. Das ist wenig hilfreich, wenn vor allem schnell und viel geimpft werden soll.“