Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: „Blick auf den Köhlbrand“ von Lovis Corinth.
Für sein Bild „Blick auf den Köhlbrand“, das Lovis Corinth (1858–1925) im Jahr 1911 malte, teilte er die Leinwand zwischen Himmel und Land etwa zur Hälfte horizontal auf. In leuchtenden blauen und weißen Farben malte der Künstler den Himmel. Seine Staffelei soll er dafür in einem Haus in der Palmaille in Altona aufgestellt haben.
Natur und Industrie prallen hier effektiv aufeinander. Der Köhlbrand – damals natürlich noch ohne die Brücke – wurde gerade Bestandteil eines modernen Hafenkonzepts. Das Bild zeigt schon, wie die Menschen den Nebenarm der Elbe verändern. Rauch steigt aus den Schloten auf. Frauen und Männer sind auf diesem Bild nur Nebendarsteller.
Kunsthalle Hamburg erwarb Werk sofort nach Entstehung
Die Kunsthalle konnte das Werk bereits im Jahr seiner Entstehung erwerben. Dass Lovis Corinth einmal einer der einflussreichsten Vertreter des deutschen Impressionismus und später auch des Expressionismus werden würde, war zu Beginn seines Lebens in Ostpreußen natürlich noch nicht abzusehen.
Die Eltern betrieben eine Gerberei, schickten ihren Sohn aber in Königsberg auf das Gymnasium. Der Berufswunsch war dem jungen Corinth lange unklar. In seiner Autobiografie schrieb er: „Es fiel gerade Ostern mein Lebensberuf auf den Maler, denn fast jeden Monat hatte ich eine andere Leidenschaft, mein Leben einzurichten: Soldat, Matrose, vor allem Landwirt, wechselten in buntem Reigen …“
Schlachthausszenen machten Corinth bekannt
Erste Ausbildungsstation war die Kunstakademie Königsberg, von dort ging es nach München, Antwerpen, Paris. Zunächst malte er naturalistisch. 1887 entstand in Berlin sein erstes Selbstbildnis. Am Ende seines Lebens waren es 60. „Häufig gab er sich gerade am Geburtstag Rechenschaft über seinen Seelenzustand und das Maß seiner Ausdrucksmöglichkeiten“, schrieb ein Kritiker.
Corinth schuf Landschaften, Porträts, Akte. Bekannt machten ihn auch seine Schlachthausszenen. Er wurde Mitglied der Münchner, dann der Berliner Sezession. Im selben Jahr, als er das Köhlbrand-Bild malte, erlitt Corinth einen Schlaganfall. Die linke Körperhälfte war zum Teil gelähmt. Er kämpfte sich zurück, denn nur wenn er malte, zitterte seine linke Hand nicht.
Corinth starb durch eine Lungenentzündung
Aber die Bilder wurden anders. Kunstkritiker sahen in ihnen eine größere Innerlichkeit und empfanden sie als immer expressionistischer. Sein Pinselstrich wurde nun als „kräftiger und kürzer“ beschrieben. Bald waren seine Werke in Ausstellungen neben denen von Henri Matisse, Edvard Munch, Pablo Picasso und Ernst Ludwig Kirchner zu sehen.
Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, begrüßte Corinth das als „Chance eines Neubeginns“. 1925 starb er in Zandvoort an den Folgen einer Lungenentzündung. Er hat mehr als 1000 Gemälde und ähnlich viele Zeichnungen, Grafiken und Aquarelle hinterlassen. Kurz vor seinem Tod schrieb er: „Die wahre Kunst ist Unwirklichkeit üben.“ Später wurden von den Nationalsozialisten viele Bilder beschlagnahmt und in der berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt.