Hamburg. In Lokalen – Hotels ausgenommen – gelten ab Sonnabend neue Regeln. Die lösen bei den Betroffenen gemischte Reaktionen aus.

Die Gastronomie in Hamburg bereitet sich auf die flächendeckende Einführung der 2G-Regel vor. Denn ab Sonnabend, so hatte es der Senat beschlossen (wir berichteten), haben in Restaurants, Kneipen und Bars nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt. Das heißt: Ein negativer Coronatest reicht nicht mehr aus. Allein die Ankündigung hat schon für Konsequenzen gesorgt: „Hamburg ist in der Vorweihnachtszeit ein beliebtes Reiseziel, jetzt stornieren bereits die ersten Touristen, die noch nicht geimpft sind, ihre Buchungen“, sagte Dehoga-Vizepräsident Niklaus Kaiser von Rosenburg dem Abendblatt. Etwas absurd – in Hotels gilt auch weiterhin die 3G-Regel. Übernachten dürfen Ungeimpfte also, aber nicht im hauseigenen Restaurant essen oder frühstücken.

Unterdessen wird in der Gastro-Szene der Hansestadt bereits auf eine weitere kleine Absurdität der Neuregelung hingewiesen: Wer als Betreiber bislang schon auf 2G setzte, durfte nur geimpftes Personal beschäftigen. Wer nun von der Stadt zu 2G verpflichtet wird, darf hingegen außer Geimpften und Genesenen auch Nichtgeimpfte einsetzen, sofern sie täglich getestet werden. Ob die Stadt diese Tests bezahlt und ob diese in einem Testzentrum oder selbst im Vier-Augen-Prinzip am Arbeitsplatz gemacht werden dürfen, steht noch nicht fest. Zu diesem Thema wird heute die Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin einen Beschluss fassen.

Corona in Hamburg: So reagiert die Gastronomie auf 2G

Für die Mitarbeiter gilt also die weniger sichere 3G-Regelung. Auf Nachfrage des Abendblatts erklärte die Sozialbehörde das mit der Rechtslage: Denn bislang sei die Anwendung der 2G-Regelung nur eine Option gewesen, die Veranstalter und Betreiber frei wählen konnten. „Künftig ist die 2G-Vorgabe für den Zugang verpflichtend“, so Behördensprecher Martin Helfrich. „Da es dann keine Wahlmöglichkeit mehr gibt, kann diese Pflicht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht auf die Beschäftigten ausgedehnt werden, weil damit eine Einschränkung der Berufsfreiheit verbunden wäre.“ Und das nicht geimpfte Personal muss weiterhin Maske tragen. Für Gäste und geimpfte Mitarbeiter entfällt bei 2G die Maskenpflicht.

Aber wie reagieren die Gastronomen, die bislang 3G angewendet haben, auf die neue Regelung? Das Abendblatt hat sich umgehört: Sophia Behr, die in ihrem Bistro eisundsalzig in Langenhorn rund 15 Mitarbeiter und Aushilfen beschäftigt, ist erleichtert über die 2G-Regelung. „Alles, was hilft, einen erneuten Lockdown zu verhindern, setze ich gerne um“, sagt sie. Ihr gesamtes Personal ist geimpft, sodass ein aufwendiges regelmäßiges Testen der Mitarbeiter entfällt. Von den vielen Gästen, die bislang ohne Zutrittskontrolle auf der großen Terrasse sitzen konnten, würde eventuell der ein oder andere nicht mehr kommen können. Allerdings werde in den kommenden Wochen dort der Weihnachtswintermarkt mit Feuertonnen und Glühweinbude aufgebaut, „und da haben wir uns schon Gedanken gemacht, wie wir dort den Zugang regeln können“.

2G „tut der weihnachtlichen Stimmung sicher gut“

Jetzt sei klar: Durch 2G müsse nicht auf Abstandsregeln und Maskenpflicht geachtet werden. „Wer die Zutrittskon­trolle erst einmal hinter sich hat, kann sich ungezwungen im Innen- und Außenbereich bewegen. Das tut der weihnachtlichen Stimmung sicher gut“, so Behr. Für die Kontrolle müsse sie eine Extrakraft bereitstellen; das werde teuer, sei aber ein „unvermeidlicher Beitrag“.

Auch Claas-Henrik Anklam hat in seinem Nobellokal Henriks an der Tesdorpfstraße bislang auf das 3G-Modell gesetzt. „Ich wollte keine Gäste ausschließen. Aber wenn jetzt einheitlich 2G gilt, dann hat das für uns durchaus Vorteile, weil wir mehr Kapazitäten haben und unsere Gäste nicht um 23 Uhr aus dem Lokal schicken müssen.“ Die Gesundheit seines Personals hat für den Wirt oberste Priorität. Deshalb hat ­Anklam entschieden: „Wir werden unseren Mitarbeitern zur eigenen Sicherheit empfehlen, weiterhin Masken zu tragen.“

Gastronomen befürworten Entscheidung des Hamburger Senats

Im Szenelokal Botanic District in Eppendorf hatte Betreiber Hannes Schröder, der auch die Restaurants Küchenfreunde und Was wir wirklich Lieben Herzstück führt, bereits tageweise auf 2G umgestellt. „Wir finden es gut, dass der Hamburger Senat jetzt eine einheitliche Entscheidung getroffen und auch den Umgang mit den Mitarbeitern vorgegeben hat, also auch Ungeimpften eine Möglichkeit gegeben hat, weiterzuarbeiten.“

Ein beliebter Ort zur Einkehr an der Elbe ist der Fischclub in Blankenese, dort sieht man 2G gelassen. „Für uns ändert sich nicht so viel. Klar, es ist ein bisschen einschränkend, dass wir nicht mehr alle Gäste begrüßen können. Aber die meisten, die zu uns kommen, zeigen sowieso schon einen Impfausweis vor. Ich glaube nicht, dass sich 2G groß darauf auswirken wird, wie viele Gäste kommen“, sagte Sprecher Björn Kunze.

Müssen Stammgäste jedes Mal Nachweis vorzeigen?

Unterdessen bereitet Antonino Petronio, Betreiber des Restaurants Gurke am Mittelweg in Rotherbaum, seine Kunden bereits auf Sonnabend vor. Eine Tafel vor seinem Lokal, das es seit 1969 gibt, weist die Gäste auf die neue Regelung hin und bittet jeden, unaufgefordert den Impf- oder Genesenennachweis sowie den Personalausweis bereitzuhalten. Bislang galt in seinem Lokal die 3G-Regel. Damit es am Eingang zu keinen Staus kommt, dürfen seine Gäste sich zunächst an ihren Tisch setzen. Dort müssen sie dann ihre Nachweise vorzeigen.

„So vermeiden wir Getümmel am Eingang.“ Der Gastronom, sein Mitstreiter Antonio Ieva und die Mitarbeiter sind alle geimpft, sodass tägliche Corona-Tests für das Personal derzeit nicht notwendig sind. Ein wenig sorgt sich Petronio um seine Stammgäste, denen er es nicht zumuten möchte, immer wieder ihre Nachweise vorzeigen zu müssen. Ob es einmal genügt, sich das vorzeigen zu lassen, darüber will er sich noch bei der Behörde erkundigen.

Dehoga kritisiert: „Es ist wieder die Gastronomie, die mehr Aufwand betreiben muss“

Im Thalia Theater betreibt Thomas Pinçon das Café des Artistes. Vor der Vorstellung kehren viele Gäste bei ihm zum Abendessen ein. Der Gastronom kritisiert: „Es ist einfach nur frustrierend. Die Politik zwingt uns, Gäste auszuschließen, und wir müssen das dann auch noch wie ein Sheriff kontrollieren. Das heißt, wir müssen extra jemanden als Türsteher einstellen, der die Kontrollen durchführt. Das kostet Geld und ist für die Gäste und das Personal lästig.“

Kritik kommt auch von Dehoga-Vizepräsident Kaiser von Rosenburg. „Es ist wieder die Gastronomie, die jetzt noch mehr Aufwand betreiben muss, um als verlängerter Arm der Politik die Gäste zu kon­trollieren. Immer wenn der Senat neue Corona-Verordnungen erlässt, bleibt unserer Branche wenig Zeit, sich darauf vorzubereiten.“