Hamburg. Die B & L Gruppe hat den Generali-Komplex erworben. Was die Milliardenentwickler mit Gebäuden und begrünten Innenhöfen vorhaben.

Die B & L Gruppe mit Sitz an der Großen Elbstraße entwickelt aktuell 18 Immobilienprojekte in Deutschland mit einem Gesamtvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen, das ursprünglich von Albert H. K. Büll und Cornelius Liedtke vor mehr als 50 Jahren gegründet wurde, fällt durch vornehme Zurückhaltung auf. In der Branche gehören die Hamburger zu den „Big Playern“, aber Interviews gibt die Geschäftsleitung äußerst selten.

Für das Abendblatt machten der geschäftsführende Gesellschafter Thorsten Testorp und Geschäftsführer Bernhard Visker eine Ausnahme und empfingen zum Gespräch in der 7. Etage. Das Gebäude ist zwar der Elbe zugewandt, aber aus dem Besprechungsraum schaut man auf die Clipper Elb-Lodge, einem Boardinghouse mit 57 Appartements. Das gehört auch zum Portfolio des Unternehmens, ebenso das Hanse-Clipper House am Michel mit 96 Studios, das aktuell komplett saniert und im Frühjahr 2022 wiedereröffnet werden soll.

Immobilien: B & L-Gruppe enthüllt Pläne für den Besenbinderhof

„Wir hätten auch Interesse daran, direkt in der Innenstadt ein weiteres Clipper-Boardinghouse zu eröffnen, gerne auch in einem Bestandsgebäude. Bislang haben wir aber noch kein passendes Objekt gefunden“, sagt Bernhard Visker. Das wurde aber schon in Weimar gefunden, dort wird die B & L Gruppe gegenüber vom Schillerhaus teils hinter denkmalgeschützter Fassade das Boutique-Hotel Schillerhof mit rund 100 Zimmern und Gastronomie Anfang 2022 eröffnen.

Vielleicht wird auch ein Hotel in das neueste Großprojekt der Immobilienentwickler einziehen. Das liegt unweit vom Hamburger Hauptbahnhof. Auf zwei Hektar erstreckt sich mit einer Bruttogrundfläche von rund 105.000 Quadratmetern der weit verzweigte Gebäudekomplex der Generali Versicherung – früher Volksfürsorge – am Besenbinderhof und an der Nordkanalstraße. Vor wenigen Wochen hat die B & L Gruppe das Objekt von der Generali und der Commerz Real gekauft.

„Ein wahres Kleinod“: Planungen gehen bald los

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Aber so viel verrät Thorsten Testorp im Abendblatt-Gespräch: „Das Gesamtvolumen für diese Projektentwicklung liegt bei 350 bis 400 Millionen Euro.“ Und Bernhard Visker ergänzt: „Die Lage ist ideal, nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof und der Innenstadt entfernt. Dieser Standort hat aus unserer Sicht ein großes Potenzial.“

Noch haben die Generali und weitere Firmen hier Büros angemietet, aber die Mietverträge laufen 2023 aus, und „bis dahin werden wir ein Konzept für diese Eins-a-Immobilie entwickeln“, kündigt Testorp an. Bernhard Visker sagt: „Das Spannende ist doch, sich jetzt eingehend und ohne Zeitdruck mit der Entwicklung dieses Gebäudekomplexes zu beschäftigen. Es gibt hier zahlreiche begrünte Innenhöfe, die ein wahres Kleinod sind. Dort könnte man Gastronomie ansiedeln und so diese Wegverbindung vom Besenbinderhof zur Nordkanalstraße und von dort weiter nach Hammerbrook auch für die Öffentlichkeit zugänglich machen.“

Gebäude am Besenbinderhof sollen nicht abgerissen werden

Die Gebäude stammen aus den Jahren 1910, 1957 und 1992 bis 1994. Nur ein Teil der Fassade des ehemaligen Volksfürsorge-Hauses am Besenbinderhof ist denkmalgeschützt. Das heißt, die Projektentwickler könnten theoretisch den gesamten Gebäudekomplex abreißen und dann rund 20.000 Quadratmeter Fläche neu entwickeln – das kommt für die B & L-Chefs jedoch nicht infrage.

„Wir wollen die Bestandsgebäude in erster Linie revitalisieren und energetisch auf den neuesten Stand bringen, sie dann wieder als Büros vermieten. Aus ökologischer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn, dass man Objekte, die ein paar Jahrzehnte alt sind, abreißt“, sagt Bernhard Visker. Aber er kündigt auch an: „Wir werden schauen, ob man einzelne Gebäudeteile abbricht oder auch auf der Fläche nachverdichten kann. Wir werden uns dabei eng mit der Stadt abstimmen.“ Und wären Wohnungen und Hotel auch denkbar? „Wir prüfen alle Optionen“, sagt Testorp.

Hadi Teherani entwarf Hotel und Wohntürme in Frankfurt

Während am Besenbinderhof noch einiges offen ist, laufen die Bauarbeiten für eines der größten Bauvorhaben in der Bankenmetropole Frankfurt bereits auf Hochtouren. In Sichtweite des Glaspalastes der Europäischen Zentralbank (EZB) realisiert die B & L Gruppe das Hafenpark Quartier im Ostend mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das spektakulärste und wohl teuerste Bauvorhaben aktuell in Hamburg ist der Elbtower, den die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko für rund 700 Millionen Euro in der HafenCity entwickelt.

Aber zurück an den Main, der in unmittelbarer Nähe des Hafenpark-Projekts liegt. Bis 2025 entsteht hier ein Bürokomplex mit rund 56.000 Quadratmeter Mietfläche und zwei Hotels mit insgesamt mehr als 750 Zimmern und ein Boardinghouse mit 90 Suiten. 316 Mietwohnungen wurden bereits 2020 fertiggestellt. Für die 288 Eigentumswohnungen mit Preisen ab 9500 Euro pro Qua­dratmeter wurde Richtfest gefeiert – mehr als 50 Prozent der Einheiten, die angeboten werden, sind bereits verkauft.

21 Geschosse im Quartier mitten im Main

„Das Frankfurter Ostend erlebt seit einigen Jahren einen Wandel von einem ehemaligen Industriestandort zu einem Business- und Ausgehviertel und zu einer beliebten Wohnlage“, sagt Thorsten Testorp. Das Gebäudeensemble besteht aus vier Bauteilen, und die zwei 60 Meter hohen Wohntürme mit dem Namen „High Side“, die hat der Hamburger Stararchitekt Hadi Teherani entworfen. Die Fertigstellung ist für 2023 geplant.

Auch der Entwurf für das 505-Zimmer-Hotel, das Scandic betreiben wird, stammt aus der Feder von Hadi Tehe­rani. Und vis-à-vis des neuen Hafenpark-Quartiers mitten im Main auf einer Kaianlage plant die B & L Gruppe ein spektakuläres 21-geschossiges Hotelgebäude mit Glasfassade, 260 Zimmern und einer Skyline-Bar sowie öffentlicher Plaza in der 12. Etage. Zahlreiche namhafte Marken möchten dieses Hotel betreiben, so Visker. Oberhalb der 12. bis zur 21. Etage sollen 90 Suiten entstehen. Die wollen die Hamburger übrigens selbst betreiben, als Clipper-Boardinghouse.

„Wir setzen trotz der Corona-Krise weiter auf den Hotelmarkt“

An der Elbe – in der HafenCity – ist die B & L Gruppe auch aktiv. Was der Öffentlichkeit bislang weitgehend verborgen blieb: Das Unternehmen wird in einem Joint-Venture gemeinsam mit der Accor-Kette drei Hotels betreiben, die Ende 2023 auf dem Areal des neuen XXL-Einkaufsquartiers Westfield Hamburg-Überseequartier eröffnen. Die Accor-Marken Pullmann, Novotel und Ibis Styles werden dort mit rund 850 Zimmern auf dem hart umkämpften Markt in Hamburg um Gäste werben.

„Wir setzen trotz der Corona-Krise weiter auf den Hotelmarkt. Was zählt, sind der Standort und natürlich das Produkt, das sich von der Konkurrenz abheben muss“, sagt Thorsten Testorp. Und vielleicht gibt es bald eine weitere Projektentwicklung der B & L Gruppe in Hamburgs jüngstem Stadtteil. Interesse besteht. Bernhard Visker sagt: „Es gibt auf jeden Fall noch einige attraktive freie Baufelder in der HafenCity.“