Hamburg. Vor allem mit Astrazeneca Geimpfte wollen dritte Dosis. KV-Chef gegen Wiedereröffnung des Impfzentrums.

Noch gilt die Empfehlung zu einer Corona-Auffrischungsimpfung zwar erst für einen Teil der Bevölkerung, etwa für Menschen über 70 und das Personal in Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen.

Trotzdem sind jetzt schon 78 Prozent der vollständig Geimpften in Deutschland bereit für eine weitere Dosis zum Schutz vor Sars-CoV-2. Unter Menschen über 65 ist die Bereitschaft zum Boostern mit 89 Prozent noch höher. Das ergab eine repräsentative Befragung, die Forschende des Hamburg Center for Health Economics der Universität Hamburg im September durchgeführt hatten.

Booster bei Astrazeneca-Impfung

Mit Blick darauf, welche Corona-Impfstoffe die deutschen Befragten bisher erhalten haben, zeigt sich die größte Bereitschaft zu einer Auffrischimpfung in der Gruppe derjenigen, die vollständig mit dem Vakzin von Astrazeneca geimpft wurden (86 Prozent). Die geringste Bereitschaft zum Boostern zeigte sich unter jenen deutschen Befragten, die eine Einmalimpfung von Johnson & Johnson erhalten haben (58 Prozent).

Die Befragung gehört zu einer Reihe von Untersuchungen, die 2020 begannen. Seitdem sind alle zwei Monate in Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Portugal jeweils 1000 Menschen befragt worden. Seit Juli 2021 findet die Befragung namens European Covid Survey (ECOS) auch in Spanien statt.

Plassmann gegen Impfzentrum-Comeback

Mit Blick auf die Auffrischimpfungen wandte sich am Mittwoch auch Walter Plassmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, gegen den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Bundesländer sollten ihre Impfzentren wieder öffnen. „Wir in Hamburg brauchen das nicht“, sagte Plassmann.

Zu berücksichtigen sei, dass die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Auffrischungsimpfungen von den besagten Menschen erst sechs Monate nach der zweiten Impfung in Anspruch genommen werden sollte. Es müssten also nicht schlagartig HundertTausende von Menschen in Hamburg geimpft werden. Vielmehr gehe es um einen kontinuierlichen Fluss von Berechtigten.

Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen

  • Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
  • Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
  • Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
  • Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
  • Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
  • Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.

„Das ist ohne Weiteres in den Hamburger Arztpraxen und mit den weiteren Impfangeboten der Stadt und der Krankenhäuser zu bewältigen“, sagte Plassmann. Von den Menschen, denen die Stiko eine Auffrischung empfehle, sei in Hamburg bereits jeder Zweite mit der dritten Impfdosis versorgt.

Impfzentren können erweitert werden

Wie berichtet, lehnt auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) eine erneute Öffnung des Hamburger Impfzentrums ab. „Wir haben in Hamburg zehn Impfstellen in den Krankenhäusern erhalten“, sagte Leonhard. „Das haben wir in dem Bewusstsein getan, dass schrittweise erste Bevölkerungsgruppen eine Auffrischungsimpfung brauchen.“ Die zehn kleinen Impfzentren könnten bei Bedarf erweitert werden.