Hamburg. Klimaforscher wird für den Nachweis des menschengemachten Klimawandels mit dem Physik-Nobelpreis geehrt. Jubel in Hamburg.
Er war der erste Wissenschaftler, der bewiesen hat: Der globale Klimawandel kann nicht durch natürliche Schwankungen erklärt werden – er ist menschengemacht. Am Dienstag wurde dem Hamburger Klimaforscher Klaus Hasselmann für seine bahnbrechende Studie aus dem Jahr 1995 die höchste Auszeichnung seines Faches, der Nobelpreis für Physik, zugesprochen. Der Geophysiker wird zusammen mit seinen Kollegen Syukuro Manabe aus Japan und Giorgio Parisi aus Italien geehrt.
Der 89 Jahre alte Hasselmann, der von 1975 bis 1999 Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg war, reagierte überwältigt, als ihn das Stockholmer Nobelpreiskomitee am Vormittag über die Verleihung informierte. Es sei „eine fantastische Überraschung“, sagte der Wissenschaftler der schwedischen Nachrichtenagentur TT. „Ich habe das erst vor fünf Minuten gehört. Ich versuche weiterhin, das zu begreifen.“ Zuerst müsse er jetzt „Luft holen und sehen, was passiert“. Der Nobelpreis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 980.000 Euro) dotiert.
Klaus Hasselmann warnte schon vor 33 Jahren vor dem Klimawandel
Begriffe wie „Treibhauseffekt“ oder „Ozonloch“ sind eng mit Forschungserkenntnissen von Hasselmann verbunden. Sein Wissen führte ihn schon früh zu Prognosen, die sich inzwischen bewahrheitet haben. So sagte er 1988 in einem Interview: „In 30 bis 100 Jahren, je nachdem, wie viel fossiles Brennmaterial wir verbrauchen, wird auf uns eine ganz erhebliche Klimaänderung zukommen.“
Klimazonen würden sich verschieben, Niederschläge anders verteilen – eine Vorhersage, die viele Menschen jetzt am eigenen Leib erfahren. Hasselmann hatte damals erfolglos gemahnt: „Wir müssen vor allem versuchen, mit Öl und Kohle sparsam umzugehen, denn das Kohlendioxid ist wesentlich an der Treibhauswirkung schuld.“
Nobelpreis für Klimaforscher: Krise ist so präsent wie nie zuvor
Die Auszeichnung fällt in eine Zeit, in der die Klimakrise so präsent ist wie nie. Im August hatte der Weltklimarat (IPCC) seinen jüngsten Bericht zur globalen Erwärmung vorgestellt, während in Griechenland und in der Türkei die Flammen wüteten und in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der Schock der Starkregenkatastrophe nachwirkte. Für den Bericht hatten 234 Forschende aus 66 Ländern einige Tausend Studien zum Klimawandel ausgewertet, die seit dem vorigen Report im Jahr 2013 erschienen sind.
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Die wichtigste Aussage: Es sei eindeutig, dass der Mensch für den beobachteten Klimawandel verantwortlich ist. Im vorigen IPCC-Bericht war zwar der Wandel des Klimas als eindeutig beschrieben, menschliches Handeln als Grund dafür allerdings noch als „äußerst wahrscheinlich“ bezeichnet worden.
Hasselmann zeigte als Erster, dass der Klimawandel menschengemacht ist
Vor möglichen Folgen der globalen Erwärmung hatten einige Forschende allerdings schon vor Jahrzehnten gewarnt – auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien. Klaus Hasselmann habe 1995 mit seiner Arbeitsgruppe als Erster gezeigt, dass die globale Erwärmung nicht durch natürliche Klimaschwankungen erklärt werden könne, sagte der Hamburger Klimaforscher Prof. Martin Claußen.
Er hatte einst als Postdoc unter Hasselmann gearbeitet, kennt den frisch gekürten Nobelpreisträger schon lange. Hasselmann sei ein „sprühender Geist“, der viele andere Forschende mit seinem Elan angesteckt habe, sagte Claußen. „Ich freue mich sehr für Klaus Hasselmann, dass er kurz vor seinem 90. Geburtstag den Physiknobelpreis bekommt“, sagte Claußen. Die Ehrung sei „genau angemessen“.
Mojib Latif: Nobelpreis für Physik für Klaus Hasselmann "absolut verdient"
Hasselmann habe neue Methoden für die Forschung entwickelt, um den Fußabdruck des Menschen im Klimasystem zu erfassen. Damit habe er die Klimamodellierung „weit vorangebracht“, zusammen mit dem ebenfalls ausgezeichneten Japaner Syukuro Manabe. „Klaus Hasselmann war der große Theoretiker hinter der statistischen Erfassung des globalen Klimawandels“, sagte Claußen, der das Hamburger Max-Planck-Institut bis vor Kurzem leitete.
Ähnlich äußerte sich Prof. Mojib Latif, Leiter der Abteilung Maritime Meteorologie am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er hatte einst seine Doktorarbeit bei Hasselmann geschrieben. Die Auszeichnung mit dem Nobelpreis habe der 89-jährige Geophysiker „absolut verdient“, sagte Latif. „Klaus Hasselmann ist einer der Väter der modernen Klimaforschung. Er hat den menschlichen Einfluss auf das Klima schon früh nachweisen können.“
Hasselmanns Studien und seine damit verbundene Bekanntheit hatten im Übrigen auch einen ganz weltlichen Effekt: „Plötzlich wusste der Friseur, wer ich war“, sagte der Forscher einmal in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“.
Nobelpreis für Physik: Begeisterung in Hamburg
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) gratulierte Hasselmann im Namen des Senats: Seine Forschung sei „ein herausragendes Beispiel für exzellente Wissenschaft in Hamburg“. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sagte, seine „visionäre Forschung“ mahne die Gesellschaft, den Kampf gegen den Klimawandel voranzutreiben. Uni-Präsident Dieter Lenzen sprach von einer „großartigen Nachricht“.
Die Hochschule sei „stolz auf einen Wissenschaftler, der seinen Weg an die Weltspitze der Physik mit einem Studium an der Universität Hamburg begonnen hatte, hier seine Habilitation erfuhr und Direktor des Instituts für Geophysik der Universität Hamburg war.“ Der frühere Uni-Präsident Peter Fischer-Appelt würdigte Hasselmann als außergewöhnlichen Forscher, der „kollegial und inspirierend“ aufgetreten sei.
Klaus Hasselmann verbrachte einen Großteil seines Forscherlebens in Hamburg
Klaus Hasselmann kam am 25. Oktober 1931 in Hamburg zur Welt, wuchs aber in England auf. Mit 18 Jahren kehrte er in seine Geburtsstadt zurück. Seine wissenschaftliche Karriere begann er an der Universität Hamburg, wo er von 1950 bis 1955 Physik und Mathematik studierte und sein Diplom erhielt. Seine Doktorarbeit schrieb er anschließend in Göttingen.
Im August 1963 kehrte er an die größte Hochschule der Hansestadt zurück und wurde dort habilitiert. Nach einer zweijährigen Dozententätigkeit wurde er 1966 zum Professor berufen und leitete zwischen 1969 und 1972 das Institut für Geophysik der Universität Hamburg.
Im Jahr 1975 wurde Hasselmann Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg und prägte hier die moderne Klimaforschung, wie sein Forscherkollege Hans von Storch in der „Welt am Sonntag“ hervorhob. „Klaus Hasselmann hat unterschiedliche Fächer wie Ozeanografie, Meteorologie und Geologie zur modernen Klimaforschung zusammengeführt, als Erster in Deutschland, auch das ist sein Verdienst.“
Glückwünsche von der Bundesregierung – Außenminister: "hochverdient"
Die Bundesregierung gratulierte Hasselmann und dankte ihm „für alles, was Sie zu unserem Verständnis des Klimas der Erde und des menschlichen Einflusses darauf beigetragen haben“.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte den Nobelpreis „hochverdient“. Der Klimawandel sei „die größte Bedrohung unserer Zeit“. Hasselmann habe „der Menschheit die Chance gegeben, das rechtzeitig zu verstehen, um ihr Überleben zu sichern. (...) Jetzt haben wir die Verantwortung, das Nötige zu tun“, schrieb Maas mit Verweis auf die UN-Klimakonferenz vom 31. Oktober bis 12. November im schottischen Glasgow.