Hamburg. Olaf Ehlerding und Olaf Könemann bringen Pakete und Päckchen dahin, wo kein Lieferwagen hinkommt. Eine extrem schwere Arbeit.
Weinkisten haben es in sich, in Kartons verpackte Säcke mit Hundefutter und schwergewichtige Hanteln nicht minder. Auch der unhandliche Schirmständer aus Granit kürzlich war keineswegs auf die leichte Schulter zu nehmen. Vor allem dann nicht, wenn man als Paketzusteller mit seinem Lieferwagen nicht ans Ziel kommt. So wie die beiden Olafs des Dienstleisters DHL in Övelgönne. Auf den engen Gassen und steilen Treppen am Elbufer in Othmarschen gibt’s nur einen Weg: möglichst viele Kartons sinnvoll auf eine Sackkarre verladen – und dann los. Zu Fuß.
Die etwa vier Kilometer lange Strecke zwischen dem Museumshafen vor Neumühlen und dem Findling „Alter Schwede“ flussabwärts ist das Revier von zwei Zustellprofis erster Klasse: Olaf Ehlerding und Olaf Könemann. Einer wie der andere steht seit Jahrzehnten in Diensten des Paketdienstes der Deutschen Post AG.
Paketzusteller in Övelgönne - da hat man mehr als 100 Kilo auf der Karre
Könemann ist seit 21 Jahren an Bord, Kollege Ehlerding seit 37 Jahren. Alles begann, als die siebenfache Mutter Marianne Ehlerding den Zusteller zu Hause in Groß Borstel fragte: „Mein Olaf hat nur Fußball im Kopf. Kennen Sie einen anständigen Job?“ Der Mann wusste Rat. Heutzutage übrigens ist der sportvernarrte Buttje von damals erfolgreicher Jugendtrainer beim SV Groß Borstel.
Und so ergab es sich, dass die beiden Olafs sich nun fast jeden Morgen treffen. Im Einsatzgebiet unterhalb der Elbchaussee geht das Zweierteam getrennte Wege. Der 55 Jahre alte Olaf Könemann startet mit den Adressen Övelgönne 1 bis 59. Der ein Jahr jüngere Olaf Ehlerding bedient die Häuser und Wohnungen Övelgönne 110 bis 60. Beider Arbeitsbezirke sind erheblich größer. Die Kilometer am Hang indes sind die größte Herausforderung. Wenn die Päckchen und Pakete nicht komplett auf eine Karre passen, muss die Strapaze zweimal bewältigt werden. Oder dreimal.
„Du musst die Sackkarre kunstvoll packen“, weiß Könemann. „Der Stapel macht nur Sinn, wenn man ihn von oben abarbeiten kann“, sagt Ehlerding. Über eine Bügelkarre wurde nachgedacht. Doch kommt man damit die Himmelsleiter mit ihren 118 Stufen (mit der Karre am Mann schnaufend gezählt ...) oder den steilen Schulberg weder hoch noch runter. Könemann wollte ein langes, stabiles Brett mit Rädern für den Transport basteln, ließ dann aber doch die Finger davon. Über Tücken wie Sturm, Regen, Eisglätte haben Olaf und Olaf noch nie gejammert. Gehört zum Job. Muss erledigt werden. Motto: nicht schnacken. Anpacken.
Transporter ist Arbeitsplatz, Büro und Pausenraum zugleich
Das geht um 8.10 Uhr kraftvoll los. Nach Stullen, Kreuzworträtsel und Klönschnack in der Kaffeeecke vor Dienstbeginn, einem kleinen Ritual, schreiten die Frauen und Männer zur Tat. In den 1970er-Jahren galt das schmucklose Gebäude am Kaltenkirchener Platz in Altona als modernstes Postamt Deutschlands; doch das ist lange her.
Auf dieser Zustellbasis, so die offizielle Bezeichnung, der Gebiete Altona eins und zwei sind fast 200 Mitarbeiter im Einsatz. Die Zusteller rangieren ihre gelben Lieferwagen Seite an Seite an einer Rampe. Sie beladen selbst. Wenn die Regale im Leib der Transporter mit Verstand gefüllt werden, geht die Arbeit später unkomplizierter von der Hand. „Wir denken um die Ecke“, sagt der eine. „Der Transporter ist für uns Arbeitsplatz, Büro und Pausenraum gleichzeitig“, der andere.
Einer fährt einen Mercedes Sprinter, sein Kollege einen Iveco Kastenwagen. Was kaum einer weiß: Die Deutsche Post DHL betreibt die größte Elektroautoflotte Europas. In der Hamburger Niederlassung sind mehr als 450 E-Fahrzeuge sowie mehr als 1000 E-Fahrräder im Einsatz. Diese Sparte soll weiter wachsen.
Tipps werden von erfahrenen Mitarbeitern an neue Kollegen weitergereicht. Den alten Hasen Ehlerding und Könemann kann keiner groß was erzählen. Während der gebürtige Hamburger Olaf Ehlerding seine Berufslaufbahn als Auszubildender bei der damaligen Bundespost startete, kam Olaf Könemann auf Umwegen zu DHL.
Nach der Wende zog der gelernte Zoo-Techniker aus Neustrelitz in Mecklenburg nach Hamburg. Der Familienvater mit einer Tochter besuchte die Schauspielschule und kam im Jahr 2000 zu den Paketprofis. Seit zwölf Jahren kennt er in Övelgönne jeden Meter. Beide arbeiten unabhängig voneinander. Das Ausflugslokal Strandperle mit Postanschrift Övelgönne 60 in 22605 Hamburg ist die Grenze zwischen den Revieren. Mithin ist es ein passender Ort, um Olaf und Olaf auf einen Kaffee und Cola zum Fachgespräch zu treffen. Die Männer sind enorm in Form. Lachen gehört dazu.
Früher trafen Olaf und Olaf auch Olaf Scholz – beim Joggen
„Manchmal komm ich mir wie ein Fotoapparat vor“, meint Ehlerding. Weil er die Position der Pakete im Lieferwagen quasi gescannt hat – und später präzise weiß, wohin er greifen muss. Das maximale Gewicht der Paketpost beträgt 31,5 Kilogramm. „Manchmal haben wir mehr als 100 Kilo auf der Karre“, berichtet Könemann. Das Tagespensum ist straff geschnürt.
Die Unterhaltung am Elbufer zeigt rasch: Diese Männer brennen für ihren Beruf. „Wir sind immer auf Achse und frei“, sagt der eine Olaf. „Wir können unsere Aufgaben selbstständig organisieren und tragen Verantwortung“, sagt der andere. Fürs Anpacken auch in schwierigen Zeiten mit einem Berg online bestellter Pakete gab es Corona-Sonderzahlungen.
Olaf Scholz grüßte freundlich - von Olaf zu Olaf
Die Anwohner wissen Engagement, Ortskenntnisse und Findigkeit der Zusteller zu schätzen. Man kennt sich. „Olaf genießt mein volles Vertrauen“, sagt die Unternehmerin Undine Schaper aus Neumühlen. Ihr in Eigenregie geführter Verlag Land Meer ist nur mit einem reibungslosen Postdienst zu gewährleisten. Zum Vertrauensmann der Gewerkschaft Ver.di baute sie ein persönliches Verhältnis auf. Der Mann hat ein Herz für Kultur. Der Paketzusteller veröffentlichte einen eigenen Gedichtband.
Olaf Scholz wird davon nichts wissen. Während seiner Amtszeit als Bürgermeister joggte er auch durch Övelgönne. Dabei pflegte er die DHL-Männer freundlich zu grüßen. Von Olaf zu Olaf.