Bremen/Hamburg. Jeder Besucher im Hamburger Hafen staunt über die großen Docks von Blohm+Voss. Doch die Werft soll schrumpfen, um bestehen zu können. Im Hintergrund deutet sich neue Bewegung in der Schiffbaubranche an.

Die Bremer Lürssen-Werft plant Einschnitte an ihrem größten Standort, bei Blohm+Voss in Hamburg. Dabei geht es auch um den Abbau von Personal, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Die Kürzungspläne bei Blohm+Voss seien bei einer Versammlung der Belegschaft vorgestellt worden. Die Traditionswerft liegt mitten im Hamburger Hafen, gegenüber den Landungsbrücken an der Elbe. Der 2016 übernommene Standort sei weiterhin nicht wettbewerbsfähig, sagte Geschäftsführer Peter Lürßen in Bremen.

Die über mehrere Standorte in Norddeutschland verteilte Lürssen-Werft teilte am Freitag auch mit, dass sie Jachtbau und Marineschiffbau organisatorisch trennen werde. Bau und Wartung von Marineschiffen firmieren künftig unter der Dachmarke NVL (Naval Vessels Lürssen).

Angesichts der drückenden Konkurrenz aus Ostasien im Weltschiffbau haben sich die deutschen Werften auf Spezialschiffe verlegt: Marineschiffe, Kreuzfahrtschiffe, Forschungsschiffe oder Jachten. Viele Betriebe haben in der Corona-Krise Jobs streichen müssen.

Blohm+Voss hat derzeit etwa 580 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Geschäftsführer Lürßen sagte, man habe der Belegschaft angeboten, 500 Jobs auf die kommenden viereinhalb Jahre zu sichern. Dies sei von den IG-Metall-Mitgliedern aber abgelehnt worden. Wie viele Jobs nach den geänderten Plänen verloren gehen sollen, wurde nicht mitgeteilt.

Die Hamburger Werft solle sich künftig auf zwei Geschäftsfelder konzentrieren: den Neubau und die Endausrüstung von Marineschiffen sowie den Umbau und die Wartung von Luxusjachten, sagte Lürßen. Das Geschäft mit Handelsschiffen und die Wartung von Kreuzfahrtschiffen würden aufgegeben. Geprüft werde auch, welche Docks, Hallen und Lagerplätze noch gebraucht werden.

Lürßen sprach von einem "Konzept, das die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und damit sichere Arbeitsplätze zum Ziel hat". Bei Blohm+Voss werden derzeit die in zwei Hälften gebauten Korvetten für die Marine zusammengesetzt. Auch die bestellten Fregatten F126 sollen der Planung nach in Hamburg endmontiert werden. Lürßen sagte, man werde die Arbeit "intensiver auf maschinenbauliche und ausrüstungsintensive Tätigkeiten, Inbetriebnahmen und Erprobungen ausrichten".

Die Hamburger Wirtschaftsbehörde appellierte an die Sozialpartner, keine Möglichkeit einer Einigung unversucht zu lassen. "Blohm+Voss ist ein wichtiges Hamburger Traditionsunternehmen, das eine große wirtschaftliche und emotionale Bedeutung für die Freie und Hansestadt Hamburg hat - dies gilt insbesondere natürlich auch für die Beschäftigten", sagte ein Sprecher.

Bei der Aufteilung in zwei Sparten lässt die familiengeführte Werft den florierenden Bau von Luxusjachten weiter unter dem Namen Lürssen laufen. "Um unsere Kompetenzen als Schiffbauer und unsere Infrastruktur an unseren Werftstandorten optimal auszuschöpfen, haben wir uns dazu entschieden, beide Sparten klar voneinander zu trennen", sagte Gesellschafter Friedrich Lürßen. In der Marinesparte NVL ist der Neubau von Schiffen bei Blohm+Voss und auf der Peene-Werft in Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) angesiedelt. Repariert wird auf der Neuen Jadewerft in Wilhelmshaven und der Norderwerft in Hamburg.

Die Aufspaltung könnte es Lürssen nach Einschätzungen in der Branche erleichtern, das Marinegeschäft in Zusammenschlüsse einzubringen. Die Politik fordert immer wieder, dass die im internationalen Vergleich kleinen deutschen Marinewerften zusammengehen. Im Mai 2020 hatten Lürssen und die Werft German Naval Yard (GNY) in Kiel mitgeteilt, ihren Bau von Marineschiffen zusammenlegen zu wollen. Allerdings war darüber seitdem nichts mehr zu hören. Bei dem milliardenschweren Fregatten-Geschäft ist Lürssen nur Subunternehmer und arbeitet im Auftrag der niederländischen Damen-Werftengruppe.

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