Hamburg. Aufschrei wegen Brötchen: Wie die Bürgerschaft die „fleischfressenden alten weißen Männer“ der AfD aushungert – oder auch nicht.
Die AfD kann einem leid tun. Die Partei notorisch zerstritten, die Umfragewerte mies, und weit und breit kein Thema in Sicht, das zieht. Weit und breit? Nun ja, im Hamburger Rathaus haben die Rechtspopulisten jetzt doch noch einen alten Knochen gefunden, den man vielleicht etwas abnagen könnte.
„SPD-Bürgerschaftspräsidentin Veit nimmt den Abgeordneten das Fleisch an Sitzungstagen weg“, titelte die Fraktion in einer Pressemitteilung. Kurz gesagt geht die Geschichte nach Darstellung der AfD so: Während bislang jeden zweiten Mittwoch zu den Plenarsitzungen für die Abgeordneten nebenan im Kaisersaal des Rathauses ein Büfett aufgebaut wurde, an dem auch Obelix seine Freude gehabt hätte, hat nun eine böse Hexe in Gestalt der Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit das ganze schöne Fleisch in labberige Salatblätter verwandelt, die den Parlamentariern in Snacktüten an den Platz gelegt werden. Friss oder stirb langsam!
AfD-Fraktionschef wettert gegen Veit
Klarer Fall von „linksgrüner Bevormundung“, wettert AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. „Jetzt will Frau Veit auch noch die fleischfressenden alten weißen Männer aushungern.“ Dass es möglicherweise auch nicht-vegetarisch lebende junge Frauen gibt? Geschenkt. Man kann ja nicht jede fleischfressende Pflanze in so einer Mitteilung erwähnen, schon gar nicht wenn der Magen knurrt.
Vor lauter Hunger vergisst Nockemann sogar, dass „die Presse lügt“ und bezieht sich auf „Medienberichte“, wonach es in der Bürgerschaft „künftig keine Fleischprodukte“ mehr geben soll. Dumm nur, dass in eben jenem „Bericht“ im Zentralorgan des fleischfressenden weißen Mannes immerhin schon erwähnt wird, dass es keineswegs um „künftig“ geht, sondern sich schon „seit Ausbruch der Corona-Pandemie“ etwas geändert hat. Konkret wurde das Büfett, das zu Corona passt wie Fußpilz zum Schwimmbad, schon 2020 durch Snacktüten ersetzt, die alle Abgeordneten an ihre Plätze gestellt bekommen.
Änderungswünsche hatte die AfD bisher nicht geäußert
Noch dümmer: „Nach Absprache mit allen Fraktionen“, so beteuert es die Sprecherin der Bürgerschaft, enthalte diese Tüte „ein Brötchen (wechselnde Käsesorten), ein Obst und einen Müsliriegel“. Und warum keine Wurst? „Für die Brötchen ist wechselnder vegetarischer Belag vorgesehen, damit es von allen gegessen werden kann“, heißt es. Im übrigen seien die Snacktüten sehr begehrt und fast immer alle leer gegessen.
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Aber zumindest die AfD hat dagegen doch bestimmt vehement protestiert, oder? Äh, nein, beteuert die Sprecherin: „Keine Fraktion hat von der selbstverständlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, Änderungswünsche zu äußern.“ Wie jetzt: Anderthalb Jahre lang fällt das gar nicht auf und jetzt regen die sich plötzlich auf? Ist das etwa… Ist das etwa… – Wahlkampf? Oder ist die AfD in Wahrheit ein verkappter Veganer-Club? Das wäre mal eine Geschichte.