Hamburg. Der Abschnitt zwischen Rödingsmarkt und Mönckebergstraße ist der älteste im U-Bahn-Netz und steckt voller Herausforderungen.

An den freigelegten Hausmauern sind verwitterte und mit kleinen Muscheln bewachsene Eichenpfähle befestigt Sie haben schon lange keine Funktion mehr. Es sind die mächtigen Säulen, die sich daneben aus der Fleetsohle erheben, die den Häusern am Großen Burstah Halt geben. Auch sie sind mit Muscheln und trockenem Schlamm bedeckt. Sonst verläuft hier der Mönckedammfleet. Doch von dem ist jetzt nur noch ein Rinnsal am Boden übrig. Den Rest des Wassers hält ein mächtiger Damm aus mit Sand gefüllten Säcken zurück. Denn der Fleet ist jetzt Teil der U 3-Baustelle zwischen den Stationen Rödingsmarkt und Mönckebergstraße.

Die Hochbahn saniert dort seit Januar auf 1,3 Kilometern den ältesten Streckenabschnitt im Hamburger U-Bahn-Netz. Jetzt hat das städtische Unternehmen Zwischenbilanz gezogen: Man liege im Zeitplan, auch gebe es kaum Kundenbeschwerden. 14 Monate werden die Arbeiten dauern, denn es gibt viele Herausforderungen.

Wie die Kurve, in der es vom Rödingsmarkt zunächst über ein Viadukt, dann in einem Trog durch den Fleet und schließlich in den Tunnel unter dem Adolphsplatz geht, mit einem Radius von 70 Metern die engste im gesamten Netz und mit einem Höhenunterschied von zehn Metern auch ziemlich steil. Außerdem musste der Fleet trockengelegt und der Boden mit 2000 Kubikmetern Sand als Baustellenuntergrund tauglich gemacht werden, um den alten Trog abreißen und neu bauen zu können.

Wissenswertes zur Linie U3

  • Die Linie U3 ist Hamburgs einzige Ringlinie
  • Eine Abzweigung führt nach Wandsbek-Gartenstadt
  • Die gesamte Strecke hat eine Länge von 20,7 Kilometern (17,5 Kilometer entfallen auf die Ringlinie), davon verlaufen 5,1 Kilometer in Tunneln
  • Ein Fahrt auf der kompletten Ringlinie dauert 45 Minuten
  • Die U3 fährt 25 Stationen an – zwei davon, Habichtstraße und Wandsbek-Gartenstadt, auf der Abzweigung
  • Zwischen 1967 und 2009 verkehrte die U3 nicht als Ringlinie – erst mit der Reorganisation des U-Bahn-Netzes wurde die historische Streckenführung wieder aufgenommen
  • Die Kennfarbe der U3-Linie ist Gelb

U3-Sanierung: Stählerne Röhre als Ersatzfischtreppe

Für die Stabilisierung wurden Stahlpfähle in den Untergrund getrieben – „zum Glück, ohne auf Hindernisse zu stoßen“, sagt Projektleiter Stephan Schanzenbach. Und es musste eine Möglichkeit geschaffen werden, dass die Fische weiter Richtung Elbe gelangen können. Dafür wurde eine stählerne Röhre im Fleetgrund verbuddelt. „Sehen Sie das dicke Rohr, das sich dahinten aus dem Boden erhebt?“, fragt Schanzenbach. „Da ist die Ersatzfischtreppe, über die die Fische im Bereich der Mühlenschleuse in den Nikolaifleet springen.“

Der Weg über die Baustelle führt uns zunächst– vorbei an Bretterstapeln, gebündelten Armierungseisen und allerlei Baumaterialien – in das Gleisbett der Station Rödingsmarkt. Dort haben Arbeiter Bitumen auf die bereits ausgebesserte Stahlkonstruktion aufgetragen und Schallschutzplatten von dem Baugerüst abmontiert, weil das laute Sandstrahlen von Sandstein und Stahl mittlerweile beendet ist (das Baugerüst hängt übrigens am Viadukt, weil man die darunterliegenden Straßen nicht sperren konnte). Wir sind über schmale Bauleitern hoch zum Dach geklettert, das neu abgedichtet wurde, und dann wieder hin­unter, um durch einen eingehausten Bereich über das Viadukt zu gehen.

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Tunnel wird mit Hochwassertoren gesichert

Nach einer weiteren Kletterpartie stehen wir jetzt im Fleet. Normalerweise steht das Wasser hier im Schnitt 1,60 Meter hoch. Der Damm hinter uns, und auch der sogenannte Dammbalken, der den Bereich am anderen Ende vor Wassereintritt schützt, sind aber auf deutlich höhere Wasserstände ausgelegt. „Wir wollen ja nicht, dass hier bei Sturmflut oder Hochwasser alles absäuft“, sagt Schanzenbach.

Dabei gehe es nicht primär um die Baustelle, die könne man evakuieren, sondern um den gesamten U- und S-Bahn-Bereich unter Rathaus und Jungfernstieg. Damit auch künftig kein Wasser vom Fleet in den Tunnel laufen kann, erhält dieser im Zuge der Baumaßnahme Hochwassertore.

Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße werden barrierefrei ausgebaut

Wir kommen an dem Backsteinviadukt entlang, über das der Mönckedamm verläuft. An manchen Stellen fehlen Steine. „Sie müssen ersetzt werden, weil sie schadhaft waren“, so Schanzenbach. Im Schatten der Viadukt-Bögen sind Maurer bei der Arbeit zu sehen. Es riecht nach frischem Mörtel. Über ein Baugerüst klettern wir wieder nach oben. Weil im weiteren Streckenverlauf Abdichtungsarbeiten stattfinden, müssen wir über den Adolphsplatz gehen, um zur Haltestelle Rathaus zu kommen.

Vorher stoppen wir aber noch mal an der „Aussichtsplattform“ hinter dem modernen Gebäude gegenüber der Handelskammer, in dem deren Innovationscampus untergebracht ist. Wer sich für die Arbeiten an der U 3-Strecke interessiert, hat von hier aus einen guten Blick in den trockengelegten Fleet und die Baustelle.

Am U 3-Eingang an der Rathausstraße werden gerade letzte Arbeiten an dem Schacht vorgenommen, in den später der Lift eingebaut wird. Denn bei den Baumaßnahmen der Hochbahn, die sonst von bis zu 65.000 Fahrgäste pro Tag genutzt wird, geht es nicht nur um die Sanierung von Viadukt, Trog und Tunnel, sondern auch um den barrierefreien Ausbau der Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße. „Insgesamt verbauen wir hier rund 86 Millionen Euro: 60 Millionen Euro für Instandsetzungsarbeiten und 26 Millionen Euro für die Barrierefreiheit“, sagt Jens-Günter Lang, Vorstand des Hochbahn-Ressorts Technik.

Durchfeuchtungen im Deckenbereich müssen abgedichtet werden

Dass Barrierefreiheit in unterirdischen Haltestellen nicht immer wie gewünscht umgesetzt werden kann, zeigt sich in der Station Rathaus unten am Bahnsteig: Weil die Decken ziemlich niedrig sind, kann er nur in einem Bereich erhöht werden, um Fahrgästen ein barrierefreies Einsteigen in die Bahn zu ermöglichen. Auch die Standorte für die beiden Lifte zu finden, sei nicht leicht gewesen, so Lang. „Oberirdisch ist ja rund ums Rathaus fast alles denkmalgeschützt. Da sollte unser Aufzug natürlich so wenig wie möglich stören.“

Wir gehen durch die Haltestelle, deren Wände noch gefliest werden müssen. „Weiß, im Stil von vorher“, sagt Lang. Nur zwei Sitznischen, erfahren wir, werden mit originalgetreuen Fliesen verkleidet. Wir klettern ins Gleisbett hinab und gehen über Schotter und die 1960 verlegten Holzschwellen, die noch völlig intakt sind, zur Station Mönckebergstraße. Zwischen den bereits ausgebesserten Stahlträgern sind an den Wänden auch die Stellen zu erkennen, an denen das Mauerwerk durch Injektionen verstärkt wurde. Im Deckenbereich ist noch einiges zu tun. „Es hat sich herausgestellt, dass es da Durchfeuchtungen gibt, die wir abdichten müssen“, so Lang.

U3-Sanierung: Bahnsteige an der Mönckebergstraße werden ersetzt

Nach dem dunklen Tunnel wirkt die Station Mönckebergstraße besonders hell. Hier können die alten Bahnsteige komplett abgerissen und durch höhere ersetzt werden. Für den barrierefreien Ausbau wurden Aufzüge eingebaut, die neben den Treppen des neuen Zugangs Richtung Hauptbahnhof liegen. Am vorderen Zugang haben bereits die Fliesenarbeiten begonnen. Künftig werden hier blau hinterlegte Glasfliesen die Wände schmücken. Bewundern kann man sie aber erst in sieben Monaten.