Hamburg. „Meilenstein für nachhaltige Entwicklung“: Hamburger treibt Projekt mit seinem Verein voran. Der Grünen-Chef kam zum Probefahren.

Als er 1996 mit dem Fahrrad durch Ostafrika fuhr und dabei mehrere tausend Kilometer zurücklegte, kam Jürgen Perschon eine Erkenntnis. Im Rad, das in Europa längst vom leistungsfähigeren PKW abgelöst worden war und weithin als „Auto des armen Mannes“ galt, sah der Student der Geografie eine Chance. Ein Werkzeug zur nachhaltigen Entwicklung. Diese Entwicklung voranzutreiben, nimmt sich der von ihm gegründete gemeinnützige Verein Eurist (European Institute for Sustainable Transport) zur Aufgabe. Seit einigen Jahren arbeitet er an dem staatlich geförderten Projekt „African E-Bike“, welches mittlerweile großen Zuspruch von allen Seiten erhält.

Grünen-Parteichef Robert Habeck hatte erst kürzlich eine Probefahrt mit dem sogenannten „AfricroozE“ unternommen. Für ihn kann eine nachhaltige Verkehrswende nur auf globaler Ebene funktionieren, wie er sagte, der Süden müsse nachziehen. Dort ist die Bereitschaft zum Mitmachen längst da.

E-Bikes zum Erreichen von Trinkwasser in Afrika

Vor allem in Jinja City, Uganda, wo dieses Jahr 100 solcher Bikes zum Einsatz kommen, ist das Interesse groß. „Die Leute waren total begeistert. Schon zu Beginn des Projekts herrschte große Aufregung, und jeder wollte mitmachen“, sagt Katesi Najiba, Direktorin von Fabio (First African Bicycle Information Organisation), seit einem Jahrzehnt der Partner vor Ort. Sie sieht das African E-Bike als einen Meilenstein in der Umstellung auf nachhaltige Entwicklung, die Räder sollen vielseitig einsetzbar sein.

Die meisten werden als Taxis benutzt, umweltschonender als ein Motorrad und für die Fahrer auf lange Sicht günstiger, da sie nicht von teurem Benzin abhängig sind. Andere werden von Schulen oder zivilen Organisationen als Abfallsammler eingesetzt, um das Umweltbewusstsein zu stärken und die Verschmutzung von Trinkwasser zu verhindern. Um sauberes Trinkwasser zu erreichen und zu transportieren gibt es ebenfalls ein Modell des E-Bikes. Dieses entlastet vor allem Frauen, welche zu 80 Prozent für das Tragen von Lasten zuständig sind und oft weite Wege zurücklegen müssen.

E-Bike-Ambulanz bringen Patienten in Kliniken

Nicht zuletzt gibt es die E-Bike-Ambulanz, die Patienten mit bis zu 30 km/h in die nächste Klink bringt. So werden Leben gerettet, vor allem die von Schwangeren und Babys, denn auf dem Land finden Geburten oft ohne ärztliche Aufsicht statt.

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„Bezüglich der Einsatzmöglichkeiten der E-Bikes hat mich am stärksten der Krankentransport beeindruckt“, erzählt Schauspieler und Regisseur Bjarne Mädel („Tatortreiniger“), der als Botschafter für das Projekt fungiert. Er kennt Initiator Jürgen Perschon schon seit der Schulzeit und erinnert sich an langes gemeinsames Lernen für Matheklausuren. Heute arbeiten sie wieder zusammen, aber nun mit weit mehr Begeisterung und internationalen Partnern.

Zusammensetzung der E-Bikes schafft Arbeitsplätze

Produziert werden die Einzelteile des Bikes von der indischen Hero Motors Company in Übersee, nach deutschem Qualitätsstandard der Firma HNF Nicolai (Hecken, Nicolai and Friends). Die Zusammensetzung der Räder erfolgt vor Ort in Uganda, was Arbeitsplätze schafft und die Leute vor Ort mit den technischen Aspekten bekannt macht. Reparaturen und das Aufladen der Akkus übernehmen Mitarbeiter von Fabio in Solarstationen, den E-Hubs.

Auf Fabio geht auch das Design des Fahrrads zurück. Die Rückzahlungsrate soll je nach Einkommen der AfricroozE-Bewerber ausfallen, die das Rad mithilfe eines Mikrokredits erwerben. Hier hoffen Eurist und Fabio auch auf Spenden. Botschafter Bjarne Mädel versichert, dass das Geld genau dort ankommt, wo es hin soll.