Hamburg. Der Musiker kreiert auch Weine, wie er im Podcast Vier Flaschen verrät. Und die seien ihm eine Herzensangelegenheit.

Es gibt Prominente, die einem Wein ihren Namen leihen, um damit möglichst viele Flaschen zu verkaufen und noch mehr Geld zu verdienen, als sie es sowieso schon tun. Musiker Gregor Meyle würde es völlig reichen, wenn er seine Weine irgendwann kostendeckend verkaufen könnte. Momentan sind die Produkte, die er unter seinem Namen und mit dem Goethe-Zitat „Das Leben ist zu kurz für schlechte Weine“ anbietet, vor allem eine Herzensangelegenheit.

Weine weit entfernt vom Mainstream

Das passt einerseits zu seinem großen Song „Hier spricht dein Herz“, andererseits zu Meyle selbst, der ein besonderes Verhältnis zu seinen Fans hat: „Mit 90 Prozent würde ich mich abends auch privat treffen, um einen Wein zu trinken.“ Weil das so ist und weil er schon als Jugendlicher Winzern bei der Lese geholfen hat, lag es nahe, eigene Weine zu kreieren.

Und zwar nicht irgendwelche: Meyle setzt einerseits auf eine Scheurebe, die Rebsorte, „die wie ich seit Langem ein Geheimtipp ist“. Und auf einen Rosé, der so dunkel ist, dass er fast als Rotwein durchgehen könnte, und den der Sänger komplett nach seinem eigenen Geschmack entwickelt hat: „Das ist wahrscheinlich kein Mainstream, aber das ist meine Musik ja auch nicht“, sagt der Mann, der unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis und einem Echo ausgezeichnet worden ist, Letzterer steht übrigens bei ihm auf der Toilette …

Können die Weine eines Musikers den direkten Vergleich mit den Weinen zweier Winzer bestehen? In unserer Reihe „Vier Flaschen“ haben wir den Test gemacht. Gastgeber und Weinexperte Michael Kutej hat eine Scheurebe und einen Rosé ausgewählt, die er zusammen mit Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard mit Meyles Weinen vergleicht. Und der singt dazu, weswegen man sich die Audio- beziehungsweise Video-Version dieser Ausgabe der „Vier Flaschen“ unbedingt ansehen sollte (siehe Textende).

Das erste Duell: Scheurebe gegen Scheurebe

 Los geht es mit dem Duell Scheurebe gegen Scheurebe. Die Vergleichsflasche stammt vom Weingut Geil aus Rheinhessen, Jahrgang 2020. Kutej schmeckt und riecht Kiwi und Blüten, Haider hat „etwas Zitroniges auf der Zunge, fast wie Brausepulver“ und den „Geschmack nach relativ kurzer Zeit vergessen“. Der Wein sei ganz frisch und spritzig, so Axel Leonhard, der allerdings kaum Frucht herausschmeckt.

Pressefoto Vier Flaschen Folge 49 Gregor Meyle
Die vier Flaschen wurden in Folge 49 verkostet. © Silkes Weinkeller | Unbekannt

Das ist bei der Scheurebe, die Meyles Namen trägt und vom Weingut Nett aus Rheinland-Pfalz kommt, anders. Sie schmeckt „ex­trem nach Aprikose“, sagt Kutej, der Geschmack halte länger an und sei trotzdem nicht aufdringlich. Würde er diesen Wein in der Hamburger Hanse Lounge am Rathaus anbieten, deren Chef er ist? Wahrscheinlich nicht, aber das liege vor allem an der Rebsorte: „Die Scheurebe ist tatsächlich nach wie vor ein Geheimtipp, dabei ist sie dem deutlich beliebteren Sauvignon Blanc sehr ähnlich“, so Kutej.

Unterschiede in Geschmack und Preis

Und was sagt der singende Weinliebhaber Meyle? Er findet die Scheurebe von Geil „wirklich gut, auch, wenn sie ganz anders ist als mein Wein“. Anders sind auch die Preise: Flasche Nummer eins kostet rund acht Euro, die Flasche Nummer zwei sechs Euro mehr.

„Für weniger können wir unsere Scheurebe nicht verkaufen, weil die Kosten dann nicht gedeckt wären“, sagt Gregor Meyle, dem wichtig ist zu betonen, dass er den ersten Wein, der seinen Namen trägt, zwar ausgesucht, aber nicht selbst entwickelt hat. Das Etikett stammt aber auf jeden Fall von ihm, es zeigt nicht den Künstler, sondern eine Vespa, die stellvertretend für Meyles enge Verbindung nach Italien stehen soll, wo er viele seiner Lieder aufgenommen hat.

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Zum zweiten Duell tritt ein Sizilianer an

Da passt es, dass Michael Kutej für das zweite Duell einen Rosé aus Sizilien ausgewählt hat, dem größten Weinanbaugebiet Italiens. Der Rosato von Winzer Antonio Morgante aus dem Jahr 2020 ist ein sortenreiner Nero d’Avola. Und er ist das Gegenteil von vielem, was gerade in den Sommermonaten in Deutschland an rosafarbenen Weinen getrunken wird: Sehr trocken, recht dezent, „man denkt, dass man einen Weißwein trinkt“, so Kutej, der „selten einen Wein erlebt hat, der so genau den Geschmack einer Wassermelone transportiert“.

Axel Leonhard ist der Rosé „für einen Rosé“ nicht süß genug, Meyle mag ihn und weist gleich darauf hin, dass man den Sizilianer mit seinem Rosé kaum vergleichen kann. Das beginnt schon bei der Farbe: Während der Morgante Rosato zartrosa bis durchsichtig ist, ist Meyles Wein nur dann hellrot, wenn man ihn gegen das Licht hält – was sich übrigens wegen des Farbspiels lohnt.

Ein Rosé der zu Meyles Musik passt

Der Musiker hat den Wein aus verschiedenen Rebsorten, vor allem Cabernet Franc, zusammengestellt: „Ich wollte etwas produzieren, was mir persönlich schmeckt und was zu meiner Musik passt“, sagt er. Seine Idee: Bei einem Strandkorbkonzert wie zuletzt Ende Juni in Hamburg sitzen die Fans, häufig Paare, zusammen, hören Meyles Lieder, trinken Meyles Wein – und schmecken, zumindest im Fall des Rosés, vor allem rote Johannisbeere.

Oder, wie Michael Kutej es auf Österreichisch sagt: Ribisel. Tatsächlich ist der Geschmack so dominant, dass Axel Leonhard findet: „Das ist wie eine Cranberry-Schorle mit Wumms.“ Für ihn wie für Lars Haider ist der ungewöhnliche Rosé der beste Wein der Verkostung, Kutej könnte „nicht mehr als ein oder zwei Gläser davon an einem Abend trinken“. Gegenfrage von Meyle: „Von welchem Wein kannst oder willst du denn an einem Abend überhaupt mehr als zwei Gläser trinken?“ Antwort Kutej: „Stimmt auch wieder …“

Neues Format: Das Speedtasting

Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Ganz neu: Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen gibt es jetzt alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird. Hören/Schauen Sie mal rein! Und: Wenn Sie bei einer digitalen Weinprobe dabei sein wollen, schreiben Sie einfach eine Mail an chefredaktion@abendblatt.de.