Hamburg. Alexander Zverev trägt sich im Rathaus ins Goldene Buch ein. Er soll künftig öfter in seine Geburtsstadt kommen. Über den Kurzbesuch.

Olympiasieger werden ist nicht schwer, Olympiasieger sein dagegen sehr, mag Alexander Zverev ganz im Sinne des humoristischen Dichters Wilhelm Busch empfunden haben, als er sich nach drei Stunden unruhigen Schlafs am Dienstagmittag im Kaisersaal des Hamburger Rathauses ins Goldene Buch der Stadt eintrug. „Vielen Dank an die ganze Stadt und alle Menschen, die mitgefiebert haben. Diese Medaille ist eine Hamburger Goldmedaille“, schrieb er nach kurzem Nachdenken auf ein Blatt Büttenpapier, das dann später in die Kassette eingelegt wird.

Gerade 48 Stunden war da sein historischer Erfolg in Tokio her, den Titel im Herren-Einzel hatte der 24-Jährige als erster deutscher Tennisspieler gewonnen. „Die meiste Zeit danach habe ich im Flugzeug verbracht“, erzählte Zverev, grauer Anzug, offenes weißes Hemd, die Goldmedaille in der rechten Hand.

Alexander Zverev lächelte Olympia-Strapazen weg

Am Montagabend war er in Frankfurt/Main gelandet, hatte danach einen Abstecher nach München unternommen, wo kurz vor Mitternacht sein neun Jahre älterer Bruder und Manager Mischa Zverev, sein Vater und Trainer Alexander senior, Mutter Irina, die Hunde Loevik und Junior warteten. Sie waren alle zusammen aus ihrer Wahlheimat Monte Carlo angereist. Auch 75 Fans warteten. Seine Schlägertasche hatte Zverev bei all der Wiedersehensfreude auf dem Gepäckband vergessen. „Die brauche ich erst mal nicht“, meinte er.

Familie Zverev: Alexander, Mutter Irina mit Pudel Junior, Vater Alexander sen. mit Pudel Loevik, Bruder Mischa auf dem Dach der Handelskammer.
Familie Zverev: Alexander, Mutter Irina mit Pudel Junior, Vater Alexander sen. mit Pudel Loevik, Bruder Mischa auf dem Dach der Handelskammer. © WITTERS | ValeriaWitters

Seine müden Augen verrieten zwölf Stunden später die Anstrengungen nach dem Triumph. Die Strapazen aber lächelte er bei seinem Kurzbesuch in seiner Geburtsstadt, auf dem ihn seine Familie und die Hunde begleiteten, locker weg. Und er fand in dem ehrwürdigen Rahmen wie schon an den Vortagen wieder jene Sätze, mit denen er seinen bisher größten sportlichen Sieg als Ergebnis einer gemeinschaftlichen Leistung einordnete, dass er in Tokio nicht für sich, sondern für das ganze Olympiateam, für das ganze Land gespielt habe.

„Die Goldmedaille gehört ganzer Stadt Hamburg"

„Die Goldmedaille gehört nicht nur mir, sondern der ganzen Stadt Hamburg“, sagte Zverev mit etwas stockender Stimme beim Versuch, seine Emotionen zu beherrschen. „Diese Stadt hat mich zu dem Menschen gemacht, der hier steht.“ Seine Familie besitzt in Lemsahl-Mellingstedt weiterhin ein Haus. Bürgermeister Peter Tschentscher hatte zuvor Zverev als „großartiges Vorbild“ gewürdigt, ihm zu seinem herausragenden Erfolg gratuliert.

Bürgermeister Peter Tschentscher empfing Zverev im Hamburger Rathaus zum Eintrag ins Goldene Buch der Hansestadt.
Bürgermeister Peter Tschentscher empfing Zverev im Hamburger Rathaus zum Eintrag ins Goldene Buch der Hansestadt. © WITTERS | ValeriaWitters

Ganz Hamburg habe am Sonntag bei seinem Endspielsieg gegen den Russen Karen Chatschanow die Daumen gedrückt. „Von Hamburg aus haben Sie Ihren Weg ins Weltklassetennis gemacht“, sagte Tschentscher. Und Sportsenator Andy Grote hoffte, dass von Zverevs Olympiasieg eine Signalwirkung ausgehe, dass künftig noch mehr Jugendliche Lust am Tennis, am Sport verspürten und ihm nacheifern wollen.

Zverev besuchte Heimatclub Uhlenhorster HC

Zverev antwortete darauf mit nachdenklichen Worten. Eine Goldmedaille, sagte er, bestehe nicht nur aus Gold. Es steckten auch „Tränen, Schweiß, Blut, harte Arbeit, schlaflose Nächte, Entbehrungen und Enttäuschungen“ dahinter, es sei ein langer Weg, um seinen Traum zu verwirklichen. „Aber: Egal was ich noch alles als Tennisspieler gewinne, diese Goldmedaille wird immer den meisten Wert haben“, betonte er.

Auf der Anlage des UHC erfüllte Zverev geduldig Autogramm- und Fotowünsche.
Auf der Anlage des UHC erfüllte Zverev geduldig Autogramm- und Fotowünsche. © WITTERS | ValeriaWitters

Für seinen Hamburg-Besuch, den er nach zahlreichen Selfies mit Passanten in der Team-Hamburg-Lounge auf dem Dach der benachbarten Handelskammer fortsetzte, ehe er noch einen Abstecher zu seinem Heimatclub Uhlenhorster HC nach Hummelsbüttel unternahm, wo 450 Kinder und Jugendliche ihn feierten, verschob er spontan einige lange verabredete Sponsoren- und Charitytermine in München. Beim FC Bayern, der ihn vor Olympia zum Dinner eingeladen hatte, erschien er am Abend noch rechtzeitig.

Dietloff von Arnim flog für Zverev nach Hamburg

Zverevs Tagestrip von München nach Hamburg und zurück hatten Grote und Peter-Michael Reichel, der österreichische Veranstalter der Tennisturniere am Rothenbaum, nach dem Matchball in Tokio kurzfristig organisiert. Reichel mietete dafür einen Flieger der österreichischen Charterflug-Gesellschaft ­GlobeAir, die auch als Sponsor am Rothenbaum auftritt. Und er vergaß nicht, Dietloff von Arnim, den Präsidenten des Deutschen Tennis Bundes, einzuladen. Der flog für Zverev aus seinem Urlaub auf Mallorca nach Hamburg ein.

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Zverev, das war aus seinem Umfeld zu hören, könnte sich weitere Besuche in Hamburg gut vorstellen. Reichel und Grote versuchen für ihn eine Rolle zu finden, in der er seine Popularität in Schulen und Vereinen gewinnbringend für die Stadt einbringt. Und natürlich soll er auch wieder am Rothenbaum aufschlagen. Das sei doch ein Titel, der dem Sohn der Stadt noch fehlen würde, meinte Grote. Als letzter Deutscher gewann 1993 hier Michael Stich, ein Hamburger.