Hamburg. 500-Pfund-Bombe mitten in Ottensen. 5500 Menschen mussten Häuser verlassen. Sprengmeister macht Blindgänger unschädlich.
Mitten im Hamburger Bezirk Altona ist am Mittwochmorgen eine 500-Pfund-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden – erst am Abend konnte Entwarnung gegeben werden. Zuvor hatten rund 5500 Menschen ihre Wohnungen verlassen müssen. Nachdem ein Sprengmeister den Blindgänger an der Friedensallee 94 untersucht hatte, startete die Polizei am Mittag mit der Evakuierung umliegender Gebäude. 340 Kräfte von Polizei und Feuerwehr waren stundenlang im Einsatz.
"Wir befinden uns bei der Evakuierung auf der Zielgeraden", sagte Feuerwehrsprecher Torsten Wesselly dem Abendblatt am Abend. Einige Krankentransporte mithilfe von medizinischem Personal hätten mehr Zeit in Anspruch genommen. Um 18.23 Uhr war die aufwendige Evakuierung abgeschlossen.
Entschärfung der Bombe in Ottensen erfolgreich
Kurz darauf begann die Entschärfung: Der Sprengmeister konnte den Zünder der Bombe entfernen und den Detonator unschädlich machen. Gegen 19.35 Uhr meldeten die Einsatzkräfte das erfolgreiche Ende der Entschärfung.
Anwohner waren zuvor bei Bedarf mit Shuttlebussen aus Ottensen zu den Messehallen gebracht worden, die als Notunterkunft diente. Viele Betroffene kamen aber auch bei Freunden oder Bekannten unter. Wer seine Wohnung nicht eigenständig verlassen konnte, bekam von Polizei und Feuerwehr Hilfe. Zudem hatte das Bezirksamt Altona eine Servicenummer eingerichtet: 428-11 4211.
Bombe bei Bauarbeiten an der Friedensallee entdeckt
Wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte, war die Bombe gegen 8.50 Uhr bei Sondierungsarbeiten auf dem Grundstück in Ottensen entdeckt worden. Bei dem Fundort handelt es sich um eine Baustelle, die sich in unmittelbarer Nähe eines Penny-Markts befindet. Der Sprengkörper lag dort in etwa vier Metern Tiefe. Wie die Feuerwehr mitteilte, handelt es sich um ein Modell englischer Bauart mit Aufschlagzünder. Zum Glück, heißt es von der Feuerwehr, denn ein Mechanismus mit Säure wäre deutlich schwerer und aufwändiger zu räumen.
Nach der ersten Untersuchung der Bombe am Morgen entschied der Kampfmittelräumdienst, dass diese vor Ort entschärft werden musste. Dazu wird der Zünder vom Sprengkörper abgetrennt und vor Ort kontrolliert gesprengt.
Um 12.10 Uhr begann eine Hundertschaft der Polizei damit, die Menschen aus den umliegenden Wohn- und Geschäftsgebäuden zu holen und sie in Sicherheit zu bringen. Der Sperrradius wurde auf 300 Meter rund um den Fundort festgelegt, der Warnradius lag bei 500 Metern. Insgesamt waren nach den Worten des Sprechers rund 5500 Menschen von der Evakuierung betroffen.
Bombe in Altona: Bezirk richtet Servicenummer ein
Die Feuerwehr stellte klar: "Im Warnradius gilt zum Zeitpunkt der Entschärfung luftschutzmäßiges Verhalten. Blieben Sie im Gebäude und halten sich auf der dem Fundort abgewandten Seite des Gebäudes auf." Evakuiert wurden also lediglich die Gebäude, die sich innerhalb des Sperrradius von 300 Metern befinden. Wer Fragen zur Evakuierung, zum betroffenen Radius oder zur Notunterkunft hat, oder anderweitig Unterstützung benötigt, kann sich beim Bezirksamt Altona unter der Rufnummer (040) 428-11 4211 melden.
Gegen 13.30 Uhr klingelten Polizisten in den Häusern an der Planckstraße und der Helmholtzstraße und baten die Bewohner, so schnell wie möglich das Sperrgebiet zu verlassen. Die Straße wurde abgesperrt – wer gerade noch beim Einkaufen oder anderweitig unterwegs war, kam nicht mehr in seine Wohnung zurück.
Beim Joggen in Ottensen von Evakuierung überrascht
Das traf etwa Julia Probst und ihre Tochter Emma, die gerade Joggen waren, als die Evakuierung begann. "Das ist jetzt unangenehm für uns, weil wir gern noch ein paar persönliche Dinge aus der Wohnung geholt hätten", sagte Anwohnerin aus der Helmholtzstraße. Wo sie jetzt unterkommen könnte, wusste sie noch nicht.
Die Redakteurin Sandra Schmid hatte hingegen schon ihren Rollkoffer gepackt und machte sich dann auf den Weg zu einer Freundin. "Ich habe vor allem wichtige Unterlagen mitgenommen", erzählte sie. "Das Ganze kam jetzt ja doch schon etwas überraschend." Ein junger Mann mit Skateboard sah die Angelegentheit eher locker. "Ich geh jetzt erstmal ins Mercado zum Einkaufen", sagte er.
Bombe in Altona: "Erst mal einen Latte trinken"
Anwohnerin Annegret Schönfelder hatte sich zusammen mit einer Freundin erst einmal ins Café Black Delight an der Friedensallee gerettet. "Wir trinken einen Latte und warten ab", sagte sie gut gelaunt. Andere Anwohner blieben bei dem warmen Wetter von vorherein an den Absperrgrenzen. „Ich war gerade einkaufen, als die Polizei kam. Ich durfte noch die Taschen in die Wohnung stellen, musste dann aber weg", sagt Gudrun C. „In die Messehallen wollte ich nicht. Das ist mir zu weit weg.“
Andere Betroffene fühlten sich schlecht informiert. Sie hätten in ihren Wohnungen bleiben können, bekamen das aber nicht so gesagt und sind jetzt außerhalb des äußeren Sperrkreises.
Bombe in Altona entdeckt – Notunterkunft in Messehallen
Für betroffene Anwohner, die nicht wussten, wo sie für die Zeit der Entschärfung unterkommen sollten, stand die Messehalle B7 als Notunterkunft zur Verfügung, teilte die Polizei via Twitter mit. Der Zugang zur Notunterkunft erfolgte über die Karolinenstraße am Eingang B1. "Betroffene werden von uns vor Ort informiert. Bei entsprechendem Bedarf (wie z.B. bei eingeschränkter Mobilität) werden auch andere Transportformen organisiert, z.B. durch Krankentransportwagen", teilte die Polizei weiter mit.
Shuttle-Busse zur Messehalle B7 fahren an den Ecken
- Hohernzollernring / Behringstr.
- Hohenzollernring / Friedensallee
- und Hohenzollernring / Daimlertwiete ab.
Das Gebiet rund um den Fundort ist dicht bebaut. Auch die S-Bahnstation Bahrenfeld liegt in unmittelbarer Nähe. Laut Deutscher Bahn fuhren die S1 und die S11 bereits von 17 Uhr an nicht mehr zwischen Altona und Othmarschen. Wie die VHH mitteilte, konnte der Bahnhof Altona von den Bussen nur „sehr unregelmäßig angefahren werden“.
Wann mit der Entschärfung begonnen werden konnte, war lange nicht abzusehen. "Die Evakuierungsmaßnahmen laufen auf Hochtouren", twitterte die Feuerwehr um 15.30 Uhr. Doch der Aufwand, Tausende Menschen binnen weniger Stunden in Sicherheit zu bringen, ist enorm.