Hamburg. Die neue Verordnung des Bundes sieht nur Stichproben vor. Deren Umfang kann die KV Hamburg aber selbst bestimmen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) will nun doch die Abrechnungen der Corona-Testzentren prüfen. Vor rund drei Wochen hatte KVH-Chef Walter Plassmann noch gesagt, es gebe „überhaupt keine rechtliche Grundlage“ für solche Prüfungen. Plassmann damals: „Wir haben weder die Zeit noch das Personal dafür.“ Der KVH-Chef drohte, man werde „vorläufig keine Gelder an die Testzentren überweisen können, wenn die neue Verordnung in Kraft ist“.
Von dieser Totalverweigerung ist nun nicht mehr die Rede – obwohl die Verordnung seit Donnerstag in Kraft ist. Plassmann erklärt die Kehrtwende damit, dass die Verordnung überarbeitet worden sei. „Es bleibt zwar bei meiner grundsätzlichen Einschätzung, dass die KV vom Bundesgesundheitsministerium zu einer Prüfung der Abrechnung nicht verpflichtet werden kann“, sagt er. „Auf der anderen Seite ist aber eine Basis gelegt worden, dass wir dies versuchen werden. Die Ausgestaltung der Prüfung steht noch nicht fest, sodass wir noch keine Einschätzung haben, wie aufwendig das Verfahren sein wird.“
Kontrolle nach Aktenlage
Praktisch für die KV: Laut Verordnung darf die Ärzte-Organisation selbst festlegen, wie intensiv die Kontrolle der Abrechnungen ist. Sie ist nur dazu verpflichtet, die „Plausibilität” der Abrechnungen zu prüfen – also eine Kontrolle nach Aktenlage vorzunehmen. Vertiefte Prüfungen sind laut Verordnung nur stichprobenartig vorgesehen – oder eben dann, wenn es einen Verdacht auf Schummeleien gibt.
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Wörtlich heißt es in der Verordnung: „Die Kassenärztliche Bundesvereinigung legt insbesondere den Umfang der Stichprobe und das Nähere zu Inhalt und Durchführung der Prüfungen fest.” Mit den Kontrollen kann ohnehin erst ab dem 1. August begonnen werden. Ab diesem Tag müssen die Testzentren die Zahl der Testungen und der positiven Testergebnisse melden. Erst auf Basis dieser Daten kann wiederum die KV eine erste Kontrolle nach Aktenlage vornehmen.
Ob mit dieser Regelung das Ziel der Verordnung erreicht werden kann, bleibt somit unklar. Betrügerischen Testzentren, die bei der Abrechnung geschummelt haben, soll eigentlich das Handwerk gelegt werden. Nun gibt es nicht viel mehr als eine Plausibilitätsprüfung.
Konkretisierung der Prüfungsregularien
Für die KV Hamburg ist die reine Bearbeitung der Abrechnungen (nicht die Prüfung), die sie schon seit Längerem vornimmt, eine Einnahmequelle. „Für die Zeit von März bis Mai wurden für die Erledigung dieser Aufgaben circa 751.000 Euro von der KV einbehalten”, sagt KV-Sprecher Jochen Kriens. Dieses Geld fließt nun weiter.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Von Personal- oder Zeitproblemen ist seitens der KV mittlerweile nicht mehr die Rede. Ausschlaggebend dafür, die Prüfungen doch vorzunehmen, sei die zwischenzeitlich erfolgte Konkretisierung der Prüfungsregularien, sagt KV-Sprecher Kriens. Eine Auszahlung der Gelder könne demnach jetzt vorgenommen werden, sobald die Abrechnung plausibel erscheine. Damit seien die zuvor „völlig unabsehbaren Haftungsfragen” für die KV und letztlich für den Vorstand „eingrenzbar”. Nur bei unplausiblen Abrechnungen werde sich die KV vorbehalten, das Geld nicht zu überweisen.