Hamburg. Frauen von Krise stark belastet – auch wegen Kinderbetreuung im Homeoffice. Rekordkrankenstand im März 2020.

Die Corona-Pandemie hat Frauen psychisch stärker erschöpft als Männer. 44 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer gaben in einer Erhebung der TU Chemnitz im Auftrag der Hamburger Techniker Krankenkasse an, dass sie sich stark oder sehr stark durch die Corona-Krise belastet fühlen. Am stärksten litten berufstätige Mütter unter emotionaler Erschöpfung, die sich im Homeoffice wegen Kita- und Schulschließungen zugleich um ihre Kinder kümmern mussten.  Die geringste Belastung gab es bei Männern, die ihrer Arbeit außer Haus nachgingen.

„Der Konflikt zwischen dem Arbeits- und dem Familienleben ist der stärkste Treiber für emotionale Erschöpfung in der Pandemie“, sagte Bertolt Meyer, Prof. für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der TU Chemnitz. Er gebe  eine „Re-Traditionalisierung der Geschlechterrollen“.

Sorge vor der Ansteckung von Angehörigen und Freunden

Meyer hatte in einer Langzeitstudie 2020 und 2021 immer wieder Arbeitnehmer befragt. Die Ergebnisse flossen in den Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse ein, der am Mittwoch vorgestellt wurde. „In der zweiten und dritten Corona-Welle war die psychische Erschöpfung deutlich größer als in der ersten Welle“, konnte Meyer feststellen. „Das zeigt, wie leer die Akkus der Menschen waren.“ Das Ausmaß sei „besorgniserregend“ gewesen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Als Gründe gaben 89 Prozent der Befragten das Fehlen persönlicher Kontakte an, 60 Prozent die Sorge vor der Ansteckung von Angehörigen und Freunden. 59 Prozent nannten die Kita- und Schulschließungen als Grund für Erschöpfung, 49 Prozent hatten mehr Stress im Arbeitsalltag, 38 Prozent litten unter Einsamkeit, 32 Prozent an Langeweile. Das Homeoffice führe an sich nicht zu höheren Belastungen, wohl aber im Zusammenspiel mit der Kinder­betreuung in der Corona-Zeit, so Meyer.

Psychische Erkrankungen nehmen zu

„In der Pandemie haben die Menschen bei der Arbeit psychische Ressourcen verbraucht, oftmals ohne im Privaten die Möglichkeit zu haben, sie wieder aufzuladen.“ Diagnostizierte psychische Erkrankungen nehmen generell von Jahr zu Jahr zu – der Anstieg fiel im Coronajahr 2020 aber nicht so stark aus wie von 2018 auf 2019, sagte TK-Chef Jens Baas.  

Der Krankenstand insgesamt fiel 2020 mit 4,14 Prozent sogar geringfügig niedriger aus als 2018 (4,25 %, starke Grippewelle) und 2019 (4,22 %). Jedoch gab es zu Beginn der ersten Corona-Welle im März 2020 einen Rekordkrankenstand. In der Woche vom 21. März 2020 meldeten sich 6,96 Prozent der Arbeitnehmer krank.

Menschen litten seltener an Erkältungskrankheiten

„Einen so hohen Krankenstand hatten wir in den vergangenen 20 Jahren nicht“, sagte Thomas Grobe, vom aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, der die Daten der bei der TK versicherten Arbeitnehmer ausgewertet hat. Zu Beginn der Pandemie hätten die Menschen große Vorsicht und auch Rücksichtnahme walten lassen und sich auch mit leichten Erkältungen krankschreiben lassen.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Im weiteren Jahresverlauf gab es fast durchgängig niedrige Fehlzeiten als üblicherweise – so litten die Menschen wegen Abstandsgebot, Maskenpflicht und Homeoffice seltener an Erkältungskrankheiten und anderen Infekten. Dafür spricht auch, dass ab April 2020 weniger Antibiotika verordnet wurden als in den Vorjahren.