Hamburg. Patienten haben oft Angst vor der Behandlung. Dabei sei sie mittlerweile schonend und hocheffektiv, erklärt eine Chefärztin.
Sie gilt als „Allzweckwaffe gegen den Krebs“: die Strahlentherapie. Denn bis zu 80 Prozent aller Krebspatienten werden irgendwann im Laufe ihrer Behandlung bestrahlt. „Entweder kommt die Bestrahlung in einer heilenden Phase ins Spiel oder eben in einer palliativen Situation, wenn es um die Linderung von Symptomen geht“, erklärt Privatdozentin Dr. Silke Tribius in einer neuen Podcast-Folge der „Digitalen Sprechstunde“.
Ausbildung in New York, wo Michael Douglas Patient war
Allerdings gebe es hierzulande immer noch eine „große Angst vor Strahlen“, sagt die Chefärztin vom Hermann-Holthusen-Institut für Strahlentherapie an der Asklepios Klinik St. Georg. „Das ist ein Phänomen, das ich aus den USA überhaupt nicht kannte“, sagt die habilitierte Medizinerin, die ihr Praktisches Jahr und anschließend ihre Ausbildung am Sloan Kettering Cancer Center in New York begonnen hat, einem der renommiertesten Krebszentren der Welt, an dem sich unter anderem Weltstar Michael Douglas behandeln ließ. „Wir nehmen uns für das Vorgespräch mit den Patienten immer eine gute Stunde Zeit, um wirklich alle Sorgen zu zerstreuen“, so die Chefärztin. „Ganz oft werde ich zum Beispiel gefragt, ob die Haare ausfallen. Nein, das tun sie in der Regel nicht, denn die hochenergetischen Röntgenstrahlen, mit denen wir arbeiten, wirken nur lokal und punktgenau zielgerichtet – das macht sie so effektiv.“
Doch was genau passiert bei einer Strahlentherapie? „Die Strahlen zerstören die DNA, also das Erbgut, der Tumorzellen. Im Gegensatz zu normalem Gewebe können die Tumorzellen den entstandenen Schaden aber nicht reparieren“, erklärt die Expertin, die mit „drei Männern“ (Ehemann, Sohn und Kater) im Alstertal wohnt. Strahlentherapie sei häufig eine „Serien-Behandlung“, die zwischen zwei und sieben Wochen dauere. „Das normale Gewebe muss sich zwischendurch erholen können. Man kann das ein bisschen mit einem Sonnenbad vergleichen: Legt man sich zwei Stunden lang in die pralle Sonne, ist die Haut womöglich anschließend rot. Teilt man sich die Sonnenzeit aber über einige Tage auf, ist man gesund gebräunt.“
Bestrahlung als Teil der brusterhaltenden Therapie
Es gebe „so gut wie keinen Tumor“, den sie in den vergangenen 25 Jahren nicht gesehen habe, sagt die erfahrene Medizinerin. Oft bestrahle sie Prostatakarzinome oder behandle Brustkrebspatientinnen. „Vor 30 Jahren noch wurde fast immer die Brust abgenommen. Heute behandelt man brusterhaltend, und das ist auch ein Verdienst der Strahlentherapie. Auf dem Gebiet hat sich wahnsinnig viel getan.“
Spannend sei, dass ihr Job nie „08/15“ sei, für jeden einzelnen Patienten werde mit einem Team aus Physikern ein maßgeschneiderter Therapieplan erstellt. „Mein Mantra lautet: Ich möchte meine Patienten nicht nur geheilt entlassen, sondern gesund!“ Das heißt: Der Tumor soll verschwunden sein und auch wegbleiben, aber die Lebensqualität muss wieder da sein. „Das schätzen die Patienten, und ich erlebe in meinem Alltag viel Dankbarkeit.“